07 – Kategorien Sport & Unterhaltung

Philipp Köster ("11 Freunde"), Oliver Welke ("heute show"), Hans Zippert ("Die Welt"), Stefan Niggemeier und Lukas Heinser ("Oslog.tv") mit Laudator Bernd Gäbler, Foto: W. Borrs
Philip Köster ("11 Freunde"), Oliver Welke ("heute show"), Hans Zippert ("Die Welt"), Stefan Niggemeier und Lukas Heinser ("Oslog.tv") mit Laudator Bernd Gäbler, Foto: W. Borrs

Jurymitglied Bernd Gäbler ehrte  die Sportjournalisten und die Unterhaltungsjournalisten des Jahres 2010:

Kategorie Sport:

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Meine sehr geehrten Damen und Herren,liebe Anwesende,verehrte Preisträger;
„Sport“ und „Unterhaltung“ liegen nahe beieinander. Das ist keine neue Erfindung. Eswar schon immer so: Reinhold Beckmann; Wim Thoelke, Heinz Maegerlein – je sogarder Kommentator der ersten Live-Übertragung eines St.-Pauli-Spiels durch den NWDRwar dort auch für die Unterhaltung zuständig. Ohne jede Scham darf ich folglich auch diePreisträger in beiden Kategorien rühmen.

Platz 3 Ronald Reng
Nach der Abstimmung der Jury belegt in der Kategorie „Sport“ ein Torwart den drittenPlatz: Ronald Reng, der über den britischen Fußball schreibt und weltmeisterlich überden spanischen; der sich auskennt in Barcelona und der Psyche des letzten Mannesund wie dieser den Elfmeterschützen Angst macht. Er hat kitschfrei über Robert Enkegeschrieben und ist ein wunderbarer Portrait-Maler – keiner hat z.B. Lionel Messi jebesser beschrieben.Herzlichen Glückwunsch, Ronald Reng!

Platz 2: Thomas Kistner
Schier alles über Sportpolitik – über Doping und Olympia, Korruption und Geschäft –weiß Thomas Kistner, der in der „Süddeutschen“ gern die dunkle Seite der Medailleausleuchtet. Er tut dies realistisch, illusionsfrei, schreibt nicht verbittert, sondernanalytisch. Und doch wirkt es gelegentlich so, als verbinde sich gerade bei ihm mit demkühlen Verstand auch das heiße Herz eines großen Sport-Idealisten.Thomas Kistner wurde auf Platz 2 der Sport-Journalisten des Jahres gewählt. Wirgratulieren herzlich!

Platz 1: Philipp Köster
Den Platz 1 hat ein Team-Chef errungen. „Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft hat erMeisterhaftes geleistet“, heißt es in der Jury-Begründung. Philipp Köster – übrigens auchein begnadeter Unterhalter – ist Gründer und Macher von „11 Freunde“. Er ist ein Amateurim Wortsinn – also ein „Fußball“-Liebender – der das Wagnis der Professionalisierung(also den Einstieg von Gruner-Jahr) eingeht. Der Fußball ist ja immer beides: Abbild undGegenbild von Arbeit, Politik und Gesellschaft – oder wie es einer sagte, der heute gernein roten Schuhen antritt: „das Heraustreten aus dem versklavten Ernst des Alltags undseiner Lebensbesorgung in den freien Ernst dessen, was nicht sein muss und geradedarum schön ist.“ (Josef Ratzinger 1978) Weil er Spiel ist, nehmen wir den Fußballernst. Als leidender Fan von Arminia Bielefeld kann Philipp Köster solche Widersprüche aushalten und er hat ein Gespür für Veränderungen: alte Gegensätze lösen sich auf. Jungstar Mario Götze ist der Sohn eines Professors; wer starke Waden hat, kanntrotzdem denken; Fußball und Kultur kommen zusammen – ja plötzlich sogar Siegeswilleund Schönheit. Beide Attribute kann nicht nur Jogi Löw für das Spiel seines Teamreklamieren, sondern auch Philipp Köster für den Journalismus seiner „11 Freunde“. Erhat etwas Neues, Schönes und hoffentlich sehr Erfolgreiches geschaffen – darum ist erder „Sportjournalist des Jahres“. Herzlichen Glückwunsch Philipp Köster und den weiteren Preisträgern!

1. Philipp Köster „11 Freunde“

Begründung der Jury: „Er hat im Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft selbst Meisterhaftes geleistet. Pünktlich zum 10. Jubiläum von ,11 Freunde‘ zeigten er und sein Team mit seinen WM-Specials, was der Begriff ,Fußballkultur‘ im besten Sinne bedeuten kann. Kein Wunder, dass Gruner + Jahr von diesem Meisterspiel profitieren will und mit eingestiegen ist.“

Philipp Köster gesteht, dass er kürzlich mit offenem Hosenstall im Fernsehen aufgetreten ist:
[audio:http://www.mediummagazin.de/wp-content/uploads/17_Sport_Replik_Philip-Köster.mp3]

2. Thomas Kistner „Süddeutsche Zeitung“

„Er blieb auch im fußballverrückten Jahr 2010 hartnäckig an den Abgründen und Intrigen des Fußballgeschäfts dran, etwa dem ,Skandal‘ um die DFB-Schiedsrichter Amerell und Kempter und die unrühmliche Rolle, die DFB-Präsident Zwanziger dabei spielte; oder dem Hickhack um die Vertrags¬verlängerung von Bundestrainer Jogi Löw.“

3. Ronald Reng, freier Autor

„Mit seiner Biografie über Robert Enke ist ihm das einfühlsame Porträt eines guten Freundes gelungen. Jenseits der persönlichen Dimension hat Reng mit diesem Buch einmal mehr bewiesen, dass er ein ernst zu nehmender Schriftsteller ist; eine seltene Gabe unter Journalisten.“

4. Roland Zorn, FAZ

„Seine Berichterstattung über die Fußball-WM 2010 war ein Höhepunkt und die Krönung seiner über 30-jährigen Karriere: In Zorn fand das Turnier einen Fan ohne Fanatismus und beobachtenden Fachmann, der Fußball-Kenner ebenso wie Laien in seinen Bann zog.“

5. Jens Weinreich, freier Autor

„Er steht für eine neue Generation von Sportjournalisten, bei denen Sachkenntnis und Nähe zu den Athleten nicht in Kumpanei abdriften. Und er piesackt unerbittlich den Fifa-Blatter-Komplex, wo andere längst resigniert haben – zuletzt bei der WM-Vergabe für 2018 und 2022.“

6. Astrid Rawohl, Deutschlandfunk

„Sie verantwortet eine Sportredaktion, die wie keine andere auf die politischen und wirtschaftlichen Dimensionen des Sports schaut – vom Schiedsrichter-„Skandal“ bis zum Gerangel um die Münchner Olympia-Bewerbung.“

7. Arnd Zeigler, WDR

„Von der allzu verbreiteten Anbiederei im Sportjournalismus ist bei Zeigler keine Spur – derart kritisch, renitent, unterhaltsam, kurzum „heutig“ ist sonst keine Sportberichterstattung im TV. Und niemand frotzelt schöner mit Jürgen Klopp.“

8. Robert Ide, „Tagesspiegel“

„Dass er einer der besten Analytiker und Schreiber des deutschen Sportjournalismus ist, bewies Ide 2010 einmal mehr mit seinen Texten über die Fifa und Theo Zwanziger.“

9. Christian Zaschke, „Süddeutsche Zeitung“

„Er gehört zu der seltenen Spezies Sportreporter, die sogar dem Feuilleton auffallen – und ist deshalb auch einer der Autoren der SZ-Magazinkolumne „Das verstehe ich nicht“. Seine Fähigkeit über den Tellerrand zu sehen ist vorbildlich.“

10. Béla Réthy, ZDF

„Zur Fußball-WM war es wieder faszinierend zuzuhören, wie er das laufende Spielgeschehen immer wieder um Archivdaten erweiterte. Und wenn auf dem Rasen nichts passierte, leistete er sich sogar einen seltenen Luxus: Er schwieg.“

Kategorie Unterhaltung

[audio:http://www.mediummagazin.de/wp-content/uploads/16_Unterhaltung_BGäbler_auf_Oslog_Zippert_Welke.mp3]

Auch in der „Unterhaltung“ gibt es natürlich Journalismus.
Platz 3 geht hier an Stefan Niggemeier/Lukas Heinser, die uns nicht nur mit dem bildblogaufklären, sondern auch im „oslog“ herrlich ironisch und amüsant den Medienhype um Lena mit Text und Videos begleitet haben.
Den zweiten Platz hat ein Schwerstarbeiter an der Humorfront errungen, der tatsächlich schafft, was den meisten von uns nicht vergönnt ist – täglich witzig zu sein. Zippert zappt– immer auf der Titelseite; immer zugleich etwas spröde und sprachkünstlerisch und vorallem: mit großem Erstaunen über die aberwitzige Welt da draußen. Herzlichen Glückwunsch Hans Zippert!
Und zum „Unterhaltungsjournalisten des Jahres“ hat die Jury einen gekürt, den wir vom Fußball her selbstverständlich längst kennen. Der sich gelegentlich sogar an einem Champions-League-Spieltag ein wenig Ironie erlaubt. Hier aber geht es um Satire – um knallharte Politik-Satire, „ohne im Seichten stecken zu bleiben“, wie die Jury inder Begründung schreibt – und das ausgerechnet im ZDF! Oliver Welke erhält dieAuszeichnung als „Kopf der ‚heute show‘.“ Souverän führt er durch dieses Late-Night-Polit-Satire-Magazin; gibt die Tonlage vor, paart überlegenes Wissen mit herrlichem Klamauk,nutzt die Steilvorlagen, die Merkel, Westerwelle, aber auch z.B. die Demonstrantengegen „Stuttgart 21“ freiwillig oder unfreiwillig liefern. Dabei geht es nicht um die Gütejedes einzelnen Gags, was uns aber so sehr Freude macht, ist, dass es endlich so etwasgibt wie diese „heute show“, so respektlos und so präzise. Da hat sich etwas angestaut.Diese Sendung – und darum lachen wir auch so gerne darüber – wirkt wie eine Befreiung.Dafür herzlichen Dank und herzlichen Glückwunsch, Oliver Welke!

1. Oliver Welke „Heute Show“ /ZDF

Die Begründung der Jury: „Als Kopf der ,Heute Show‘ gelingt es ihm, im deutschen TV die hohen Maßstäbe für Late-Night-Unterhaltung mit hartem politischen Kern zu füllen. Auf dem nicht ganz leichten wöchentlichen Sendeplatz schaffte er es, mit diesem Satire-Format zu beweisen, dass Journalismus und Unterhaltung im Fernsehen durchaus funktionieren.“

Oliver Welke dankt und stellt fest, dass seine Kinder erst durch seine Auszeichnung zum Unterhaltungsjournalisten des Jahres erfahren haben, dass es sich bei ihrem Vater um einen Journalisten handelt:[audio:http://www.mediummagazin.de/wp-content/uploads/18_Unterhaltung_Replik_Oliver-Welke.mp3]

2. Hans Zippert, „Die Welt“

„So wie Zippert in ,Zippert zappt‘ Politisches auf Alltägliches herunterbricht, gelingt das Prinzip von ,entertain and edutain‘ aufs Vorzüglichste. Vor dem journalistischen Hochleistungssport einer täglichen Kolumne muss man sowieso den Hut ziehen. Und wie er gar seinen eigenen Schlaganfall, diesen Systemkollaps, mit Worten abbildete, war ein herausragendes Stück journalistischer Kunst 2010.“

3. Stefan Niggemeier & Lukas Heinser, „Oslog.tv“

„Ein Grand Prix, zwei vor allem medienkritische Journalisten und ein Videoblog, das mit dem Medienhype um Lena selbstironisch spielte: Wie sich die alten und den neuen ,Bild‘-Blog-Chef  ungefiltert als Fans zeigten und zugleich vorführten, welches Potenzial in einem solchen Blog stecken kann, gehörte definitiv zu den unterhaltendsten Formaten des Jahres.“

4. Martin Sonneborn, „heute-show“/ZDF

„Mit seinen großartigen Satirebeiträgen für die ZDF- „heute show“ führte er überhitzte Debatten gekonnt ad absurdum (etwa mit dem „Google Home View“-Beitrag).“

5. Jörg Thadeusz, RBB

„Aufschlussreich und direkt, aber nie unangenehm aufdringlich – Interviews à la Thadeusz sind eine Kunst, bei „Dickes B“ genauso wie bei „Thadeusz“. Und diese Kunst ist wirklich rar geworden.“

6. Kurt Kister, „Süddeutsche Zeitung“

„Mit seinen bitterbösen, kulturpessimistischen und zugleich brüllkomischen „Deutscher Alltag“-Kolumnen ist Kurt Kister ein Solitär in der Autorenszene – und hat sich damit nachhaltig als Chefredakteur der Süddeutschen empfohlen.“

7. Dagmar von Taube, „Die Welt“

„Ihre kontinuierlich guten Interviews auf Augenhöhe mit dem Jetset – von Lagerfeld bis Nathalie von Bismarck – erlauben dem Leser einen ungewohnt tiefgehenden Blick hinter die Kulisse aus Glamour und Glitzer.“

8. Matthias Matussek, „Der Spiegel“

„Nicht nur seine wunderbaren „Kultur-Tipps“ bei „Spiegel Online“ verdienen eine Würdigung, sondern auch seine Offline-Aktivitäten wie etwa die grandiose „Spiegel“-Reportage zum 80. Geburtstag von Clint Eastwood.“

9. Jan Böhmermann, EinsLive/WDR

„Das Multitalent fiel schon als Chefreporter der Harald-Schmidt-Show in der ARD auf, bei MTV ist er längst Kult („MTV Home“): Seit 2010 gibt er EinsLive zusammen mit Simon Beeck einen kräftigen Push mit seiner vierstündigen Radioshow und wirkt bei jetzt.de als Kolumnist („Gott fragt, Böhmermann antwortet“). Vielversprechend. “

10. Wolfgang Lechner, „Die Zeit“

„Er hat mit dem neuen Ressort „Zeit der Leser“ eine Marke gesetzt. Und zeigt Woche für Woche, wie eine intelligente und kreative Einbeziehung der Leser in Print funktionieren kann: mit gelungenen Rubriken und köstlichem, anregenden Lesestoff.“