Das Interview zum „Twitterview“ mit SpOn-Autoredakteurin Margret Hucko mm 7/2014

Es dominierte Opel-Marketingsprech“

Frau Hucko, hat sich das Twitterview für die Redaktion gelohnt oder war es eher ein Marketinggag für Opel?
Margret Hucko:Wir haben im Vorfeld Chancen und Risiken eines Twitterviews diskutiert. Es war uns bewusst, mit dieser Form womöglich ein Einfallstor für PR-Parolen zu bieten, gleichzeitig sahen wir aber auch die Möglichkeit, näher an die sonst eher unnahbaren Automanager heranzukommen. Wir haben uns für das Experiment entschieden, auch in der Hoffnung, dass man bei Opel das Wesen von Twitter verstanden hat und den Dienst nicht einfach als weiteres Vertriebsinstrument für Markenbotschaften sieht. Eine Hoffnung, die leider enttäuscht wurde: Statt eines schnellen, witzigen, aber auch kritischen Schlagabtauschs dominierte Opel-Marketingsprech. Es verging verdächtig viel Zeit, bis Karl-Thomas Neumann auf unsere Fragen antwortete. Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass er sich vor jedem Tweet ausgiebig mit seinen PR-Leuten abgestimmt hat.

Was ist der Charme des Twitterviews?
Das Twitterview bietet im besten Fall die Möglichkeit für spontane Fragen und knackige Antworten ohne langwierige Autorisierung und eine Optimierung der Antworten zu PR-Zwecken. Außerdem findet das Interview mit Leserbeteiligung statt und nicht – wie sonst üblich – in einem abgeschotteten Raum. All das aber funktioniert nur dann, wenn sich alle Beteiligten auch wirklich auf diese Form einlassen.

Personalbedarf, Stolperfallen: Worauf müssen sich Redaktionen einstellen, die mit ähnlichen Formaten spielen wollen?
Mindestens zwei Beteiligte sind empfehlenswert. Wir waren beim Twitterview drei Redakteure – zwei, die Fragen gestellt haben und eine Kollegin, die sich um Leserfragen gekümmert und kontrolliert hat, wer unter dem von uns gewählten Hashtag #twopel etwas twitterte. Das Risiko ist – wie oben beschrieben – dass das Twitterview als Marketingplattform genutzt wird. Aufgrund der Kürze der Fragen und des Tempos wird es dann schwierig, kritisch nachzufragen.Ganz deutlich wurde das für uns an einem Beispiel: Wir fragten Neumann, wie viele Werkschließungen in den nächsten Jahren nötig sind, um Opel wieder profitabel zu machen. Als Antwort twitterte er uns einen Werbespot mit Jürgen Klopp. Angesichts der bevorstehenden Schließung des Werks in Bochum war das fast zynisch. Aber auch wir haben darauf nicht souverän genug reagiert und angesichts der davonlaufenden Zeit und der anders gelagerten Leserinteressen nicht nachgefasst. In einer traditionellen Interviewsituation wäre das sicher nicht passiert.

Wie konnten Sie nachvollziehen, dass Karl-Thomas Neumann selbst getwittert hat und nicht seine Mitarbeiter?
Genau diese Frage haben wir uns auch gestellt, bevor wir uns für die Form des Twitterviews entschieden haben. Deshalb haben wir von Neumann auch ein Foto verlangt, dass ihn beim Twittern zeigt. Natürlich kann er den Raum anschließend jederzeit verlassen haben. Ein echter Nachteil gegenüber einem Face-to-Face-Interview oder einem Gespräch am Telefon – zumal wir natürlich nicht überprüfen konnten, wie viele PR-Mitarbeiter er während des Twitterviews um sich geschart hat.

Gab es thematische Absprachen mit der Kommunikationsabteilung vor dem Twitterview?
Wir haben nur einen groben Themenkatalog vorab an die Pressestelle geschickt. So wie es auch bei anderen Interviewformen durchaus üblich ist, nicht aber einzelne oder konkrete Fragen.

Wie groß war die Resonanz der Leser auf das Thema und die neue Form des Twitterviews?Einige Leser haben sich aktiv an dem Twitterview beteiligt. Wir wurden nicht mit Fragen überschwemmt, aber es waren zu viele Leserfragen, um sie im Interview unterzubringen.

Interview: Katy Walther

Margret Hucko ist Redakteurin im SpOn-Auto-Ressort.