Zum Tod von Paul Sahner – sein letztes großes Interview: „Die besten Journalisten sind Straßenköter“

Paul Sahner, der legendäre Reporter der „Bunten“,  ist am Sonntag, 7. Juni, im Alter von 70 Jahren völlig unerwartet gestorben – an einem Herzinfarkt wie „Bunte“ schreibt“ (Update: 10.45 Uhr).

Sahner_mm201505_Seite_1Wir sind tief berührt, denn erst vor wenigen Tagen, Ende April, haben wir mit ihm an seinem – nun letzten – großen Interview in eigener Sache gearbeitet. Es ist in „medium magazin“ Ausgabe Nr. 5/15 Anfang Mai erschienen.

Es war ein in jeder Hinsicht außergewöhnliches Gespräch (über acht Stunden!) von unserem Autor Stephan Seiler mit Paul Sahner!

Zur Erinnerung an einen großen Reporter mit Ecken und Kanten hier das pdf mit dem kompletten Interview . Annette Milz

 

Ausgewählte Zitate aus dem „medium magazin“ Interview:

Paul Sahners Rat an den journalistischen Nachwuchs: „Nie aufgeben. Wenn du glaubst, eine Story ist zu groß, solltest du den Beruf wechseln.“

Paul Sahner vor seinem Bauernhaus im Chiemgau. Es war eines seiner Lieblingsmotive aus der Fotoserie von Robert Haas.
Paul Sahner vor seinem Bauernhaus im Chiemgau. Es war eines seiner Lieblingsmotive aus der Fotoserie von Robert Haas.

Muss die erste Frage immer provokant sein? „Sie muss verblüffen. Die Leute müssen denken: „So eine Frage hat mir noch keiner gestellt.“

„Es ist mir egal, ob sie mich mögen oder hassen. Schlimm finde ich nur, wenn ihnen meine Gespräche gleichgültig sind.“

„Ein gutes Gespräch bedeutet für mich, sich auch die Meinung sagen zu können.“ 

„Jeder macht Deals. Aber mir ist eine saubere, ausrecherchierte Geschichte, in der vielleicht nicht alles steht, lieber, als nicht mit den Betroffenen gesprochen zu haben und nur mit Gerüchten zu arbeiten. Die Leute fragen mich immer, ob ich alles schreiben würde. Natürlich nicht.“

„Wer entgegen der eigenen Moral Geschichten veröffentlicht, sollte seinen Beruf hinterfragen. Auf Teufel komm raus Skandalgeschichten rauszuhauen, geht gar nicht.“

„Die besten Journalisten sind Straßenköter (…) Weil die unterwegs sind, recherchieren, teilnehmen, bellen, nicht im Elfenbeinturm abhängen. Ich will draußen sein.“

„Jeder Journalist ist angehalten, objektiv zu sein. Wenn man subjektiv ist, verfängt man sich. Zwischentöne sind natürlich möglich, aber eine grundsätzliche Objektivität ist eine Frage der Fairness

„Ich versuche, Leute so zu zeichnen, wie sie wirklich sind. Ich bin kein abstrakter Maler, aber weichzeichnen will ich auch niemanden.“

„Leiden würde ich, wenn ich vor dem Schreiben nicht mehr recherchieren dürfte. Ich bedauere Kollegen, die nur noch schreiben.“

Wie würden Sie Ihren Ton beschreiben? Ich versuche, Filme zu komponieren. Der Leser soll das Gefühl haben, im Kino zu sitzen.“

„Meine Eitelkeit ist meine Triebfeder. Sie ist die Triebfeder jedes guten Journalisten. Am eitelsten sind jene, die behaupten, nicht eitel zu sein.“

Zum Schluss fragte „medium magazin“-Autor Stephan Seiler Paul Sahner nach seiner geplanten Biographie:

Paul Sahner (*) 21.6.1944 - (✝) 8.6.2015. Foto: Robert Haas
Paul Sahner * 21.6.1944 – ✝ 7.6.2015. Foto: Robert Haas

Um das Gespräch mit einer typischen „Bunte“-Frage abzuschließen: Im Herbst 2015 erscheint Ihre Biografie. Was daraus können Sie schon heute, exklusiv und vorab, enthüllen?

„Dass Gerhard Schröder ein lupenreiner Demokrat ist, der sich noch nie die Haare gefärbt hat. Auch wenn seine Mutter das anders sah.“