Kommentar: Laptop-Verbot im Gericht

Juristen sind in aller Regel sehr erfinderisch, wenn sie für irgendetwas eine Begründung suchen. Richter machen da keine Ausnahme. Der Vorsitzende, der das Strafverfahren im sogenannten Holzklotz-Fall vor dem Landgericht Oldenburg leitet, wollte nicht, dass Journalisten während der Verhandlung auf ihrem Laptop mitschreiben. Als Grund nannte er Sicherheitsbedenken und die zu erwartenden Betriebsgeräusche. Na gut.

Die mit Stift und Papier arbeitenden Journalistenkollegen waren für das Verbot sicher dankbar: Wussten sie nun doch, dass sie während des Prozesses kein Tastatur-Geklapper und Gebläse-Rauschen neben sich ertragen mussten, und auch nicht plötzlich in die Luft fliegen würden. Weniger gut fand das ein Bremer Laptop-Gerichtsreporter, der sich beim Verfassungsgericht unter Berufung auf die Pressefreiheit beschwerte. Doch die ist offenbar auch nicht mehr das, was sie mal war.

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts fanden zwar die Argumente des Oldenburger Kollegen nicht sehr überzeugend – hoben aber das Verbot deshalb nicht auf. Sie dachten sich einfach eine noch tollere Begründung aus:

Laptops haben inzwischen oft eine Kamera. Und ein Mikro sowieso. Ton- und Filmaufnahmen sind aber während der Verhandlung schon gesetzlich verboten. Und weil der Saaldiener die Einhaltung dieses Verbots kaum kontrollieren könne, müssen die Laptops ganz raus, wenn der Richter es will.

Das leuchtet natürlich ein. Fällt ja auch gar nicht auf, wenn die Lümmel in der ersten Reihe ihre Laptops in Richtung Anklagebank drehen. Dass Journalisten bereit sein könnten, Kameras, soweit vorhanden, abzukleben? Gibt ja noch die Mikros. Dass sie bei der Akkreditierung eine Versicherung abgeben? Vertrauen ist gut, Kontrollen sind besser, Verbote am besten.

Deshalb: Was ist mit Handys, mit denen die Journalisten ja auch Ton übertragen oder sogar filmen könnten? Wer will kontrollieren, ob die ausgeschaltet sind? Also verbieten. Was ist mit den übrigen Zuschauern? Hat nicht die Sie-wissen-schon-Zeitung sogar Leser-Kameras unters Volk gebracht? Auch verbieten. Am besten auch das Mitschreiben überhaupt, man kann ja nie wissen, noch nie was von der Agenten-Kamera im Kugelschreiber gehört? Und was ist mit der Linse im Knopfloch? Dem verkabelten Medien-Spitzel im Publikum? Kann keiner kontrollieren, also Presse, Zuschauer, alle raus, raus, raus.

Am besten, keiner sieht und hört mehr zu, bei dem, was Richter machen. Uns Journalisten kann man als Richter zwar nicht trauen. Wir trauen Richtern aber bald alles zu.

Erschienen in Ausgabe 01+02/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 12 bis 12. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.