Vita: Gefoltert und gefeiert

Günter Wallraff, geboren 1942 in Burscheid bei Köln, arbeitete nach einer Buchhändlerlehre in deutschen Industriebetrieben, um in Reportagen für Gewerkschaftszeitungen die „alltägliche Hölle der Produktion" zu beschreiben. 1974 kettet er sich in Athen an einen Lichtmast, um gegen die Militärdiktatur und für die Freilassung aller politischen Gefangenen zu demonstrieren. Die griechische Polizei nimmt Wallraff fest.

Er wird gefoltert und von einem Militärgericht zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Getarnt als „Bild"-Reporter Hans Esser deckt er 1977 die brutalen Recherchemethoden des Springer-Blattes auf. Sein Buch darüber, „Der Aufmacher", wird ein internationaler Erfolg. Der Springer-Konzern beginnt einen erbitterten Rechtsstreit gegen Wallraffs Undercovertätigkeit. 1984 spricht der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil und rechtfertigt dessen Recherchemethode: Er habe Missstände aufgedeckt, die für die Öffentlichkeit von erheblichem Interesse seien.

Im Fall von „Bild" habe Wallraffs Undercovertätigkeit dazu beigetragen, „Fehlentwicklungen im Journalismus" aufzuzeigen. 1983 lebt Günter Wallraff zwei Jahre lang als türkischer Gastarbeiter Ali in Deutschland, arbeitet u. a. für Thyssen und McDonald’s.

Das in mehr als 30 Sprachen übersetzte Buch „Ganz unten" berichtet von diesen Erfahrungen. Im Mai 2007 kehrt Wallraff nach jahrelanger Pause als „Reporter mit der Tarnkappe" zurück – mit Recherchen in Callcentern und in einer Backfabrik.

Günter Wallraff lebt heute in Köln. Er ist verheiratet und hat fünf Töchter.

Erschienen in Ausgabe 03/2009 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 54 bis 55. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.