Bildgestaltung.

In der journalistischen Fotografie ist ein Foto zunächst ein Dokument, aber gleichzeitig auch ein dekoratives Element mit „Unterhaltungswert". Ein gutes Foto sieht man sich gerne an, im Idealfall verleitet es zum Lesen eines Artikels (z.B. das Aufmacherfoto in einer Zeitschrift). Was aber unterscheidet ein gutes Foto von einem durchschnittlichen?

Grundsätzlich gilt: Die Bildaussage bedingt die Bildkomposition. Das bedeutet: Überlegen Sie sich vorher, was ein Bild aussagen oder erzählen soll und gestalten Sie es dann entsprechend. Die folgenden Eckpfeiler der Bildkomposition dienen als Wegweiser:

1. Der Goldene Schnitt

Ein Foto, welches nach den Prinzipien des Goldenen Schnittes gestaltet wurde, empfindet der Betrachter als ästhetisch oder dynamisch. Stark vereinfacht bedeutet „Goldener Schnitt", dass man das Bildfeld in drei gleich grosse Teile aufteilt (in der Horizontalen und in der Vertikalen) und sein Subjekt in etwa ein Drittel „ins Bild schiebt". Befindet sich nämlich das bildwichtige Element (der Bildschwerpunkt) in der Mitte des Fotos, empfinden wir das Foto eher als statisch und unter Umständen als langweilig.

2. Vorder-, Mittel- und Hintergrund

Mit dem blossen Auge nehmen wir unsere Umwelt dreidimensional wahr: Anders als auf einem Foto haben wir den Eindruck von Tiefe. Diesen Eindruck kann man bei der Bildgestaltung nachempfinden, um Wirkung und/oder Aussage eines Fotos günstig zu beinflussen. Wenn Sie Vorder-, Mittel- und Hintergrund gezielt platzieren, gelingt es Ihnen, Ihre Fotos interessanter zu gestalten, den Betrachter noch mehr zu engagieren oder seinen Blick zu führen.

Eine grosse Rolle spielt dabei die Schärfentiefe, bzw. Tiefenschärfe (beide Wörter beschreiben dasselbe Phänomen). Beispielsweise kann man durch die Wahl einer möglichst langen Brennweite und einer möglichst grossen Blendenöffnung einen extrem unscharfen Vorder- und/oder Hintergrund erhalten, der eine Dreidimensionalität suggeriert: in gewisser Weise ähnlich unserem Auge.

3. Bildökonomie oder die Konzentration auf das Wesentliche

Der Kamerasucher bietet immer nur einen beschränkten Ausschnitt einer Situation. Dieser Platz muss bewusst genutzt werden, um nur die Bildelemente einzuschliessen, die die Bildaussage unterstützen. Deshalb sollte man sich beim Gestalten eines Fotos immer fragen, ob wirklich auch all das im Bild sein muss, was man durch den Sucher sieht. Unwichtige Bildelemente, also diejenigen, die nichts Wesentliches erzählen, müssen zugunsten eines klareren, aussagekräftigeren Fotos ausgespart werden. Die klare Bildaussage sollte immer im Vordergrund stehen.

Lichtführung

A. Vorhandenes Licht

Die Qualität des Lichts in einem Foto entscheidet immer auch über seine Atmosphäre und seine Aussage. Im Wesentlichen unterscheiden wir in der Reportagefotografie zwischen „vorhandenem Licht" und Blitzlicht. Mit „vorhandenem Licht" ist die vorherrschende Lichtsituation vor Ort gemeint. Sei es die Hängeleuchte über dem Esstisch oder das Sonnenlicht im Park.

Je nachdem, welche Bildwirkung erzielt werden soll, kann der Fotograf mit „vorhandenem Licht" arbeiten oder die Situation mit Blitzlicht optimieren. Bei der Entscheidung, welches Licht zum Einsatz kommen soll, spielt die Authentizität eine wesentliche Rolle: egal, wie die Ausleuchtung aussieht, sie sollte natürlich wirken.

Im Sinne einer authentischen, glaubhaften Fotografie sollte man grundsätzlich kein Blitzlicht einsetzen, denn es verändert die Stimmung/die Atmosphäre in einem Foto. Allerdings führt kein Weg am Blitz vorbei, wenn es zu dunkel ist oder das Licht ungünstig einfällt, lange Nasenschatten und dunkle Augen verursacht.

Mit geschultem Blick auf das Motiv kann man erkennen, ob es sinnvoll ist, das Foto nur mit vorhandenem Licht zu machen oder zu blitzen. Als Anhaltspunkt gilt: Bei Belichtungszeiten von länger als einer 60stel Sekunde sollte man den Blitz einsetzen, um Bewegungsunschärfen zu vermeiden. Bewegungsunschärfen können zwar auch ihren Reiz haben, aber auch hier gilt: es kommt auf die Bildaussage an, die Sie damit erreichen wollen.

Auch im Freien sollten Sie – nach Möglichkeit – das vorherrschende vorhandene Licht nutzen.

Tipp: Eine für Porträts ansprechende und praktische Lösung kann ein sogenannter „offener Schatten" bieten: an Sonnentagen werfen hohe Gebäude lange Schatten, die sich gut eignen, um darin ansprechende Porträts zu fotografieren, denn dieses Licht ist so diffus, dass es keine Schlagschatten verursacht. In Kombination mit einem ruhigen Hintergrund (und einer grossen Blende) kann so schnell ein wirkungsvolles Porträt mit professionell anmutender Lichtführung gelingen.

Versuchen Sie, mit einem fotografischen Blick durch die Welt zu gehen und sich zu fragen: Ist das Licht hart oder weich? Wirft es irgendwo Schlagschatten? Von wo kommt das Licht und in welche Richtung fällt es? Wird es von irgendwelchen Flächen reflektiert (indirektes Licht)? Ist die Farbtemperatur des Lichts eher warm oder kalt?

All diese Tipps gelten gleichermassen für Gegenstände, Landschaften und Menschen – wenn Sie mit einem geschärften Blick für Lichtführung durch die Welt gehen, haben Sie schon einen wichtigen Baustein für bessere Fotos gesetzt.

B. Blitzlicht

Das Blitzen hat zwei wesentliche Nachteile: erstens ist es sehr aufdringlich und zweitens entstehen oft harte, unschöne Schlagschatten. Dabei ist die Qualität des Blitzlichtes abhänging von seiner Entfernung zum Objekt (je näher, desto weicher wirkt die Ausleuchtung) und der Grösse des Blitzreflektors (je kleiner, desto härter ist das Licht). Deshalb ist die Qualität eingebauter Blitze schlechter: sie sind relativ klein.

Abhilfe schafft hier ein aufsteckbarer Kompaktblitz mit drehbarem Blitzkopf: im richtigen Winkel gegen die Zimmerdecke gerichtet oder gegen eine rückwärtige Wand, wird das Blitzlicht reflektiert und leuchtet das Objekt gleichmässig weich und bestenfalls ohne störende Schatten aus.

Drei Faktoren sind bei dieser Beleuchtungstechnik wichtig:

> Der Einfalls- bzw. Ausfallswinkel: Ähnlich wie beim Billardspielen die Kugel von der Bande abprallt, muss man darauf achten, dass der Einfallswinkel des Blitzlichtes immer seinem Ausfallswinkel entspricht. Wählt man einen falschen Winkel (zu steil oder zu flach), trifft das reflektierte Licht vor oder hinter dem Objekt auf, was zu einer Fehlbelichtung führt. Übung macht hier den Meister!

> Die Farbe der Reflektionsfläche: Das reflektierte Blitzlicht nimmt die Farbe der Reflektionsfläche an. So kann es zu Fotos mit einem entsprechenden Farbstich kommen, den man in der Nachbearbeitung korrigiert. Problematisch sind auch sehr dunkle Flächen: sie reflektieren unter Umständen nur sehr wenig oder gar kein Licht.

> Die Batterieleistung des Blitzgerätes: Wird das Blitzlicht reflektiert, muss es ein Vielfaches der Entfernung zum Objekt zurücklegen. Entsprechend muss seine Intensität höher sein (keine Sorge, der eingebaute Blitzbelichtungsmesser Ihrer Kamera kümmert sich automatisch darum – TTL-Blitzmessung), was aber auch die Stromversorgung des Blitzgerätes höher belastet: Ladezeiten werden länger und die Batterie hält nicht so lange. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie länger auf das Aufleuchten der Blitzbereitschaftslampe warten müssen als sonst. Übrigens wird dieses Phänomen stärker, je kleiner Ihre Arbeitsblende ist, denn durch eine kleinere Blendenöffnung muss umso mehr Blitzlicht „durchgepumpt" werden. Am besten, Sie haben immer einen Satz frischer Akkus oder Batterien dabei!

Probieren Sie alle möglichen Varianten aus und nehmen Sie sich Zeit für eine sorgfältige Analyse Ihrer Fotos: Sie werden schnell die besten Strategien des indirekten Blitzens für sich entdecken.

Tipp: Übrigens gibt bei Porträtfotos der Reflex in den Augen des Modells Aufschluss über die Lichtführung: oft kann man entdecken, mit wie vielen Lichtquellen der Fotog
raf gearbeitet hat (= Anzahl der Reflexpunkte) und ob diese eher gross oder klein waren. Ist der Bildausschnitt gross genug, kann man sogar oft die Art des eingesetzten Lichtes erkennen: grosse Flächen deuten auf aufwendige Studiobeleuchtung hin und kleine weisse Punkte sind meistens das Indiz für ein kleines Kompaktblitzgerät!

Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Werkstatt“ auf Seite 6 bis 9. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.