„Ein Journalist sollte nie über den Dingen stehen“

Rüdiger Ditz, geboren am 2. Juni 1964 in Lübeck, studierte Geschichte, Germanistik und Volkswirtschaft in Heidelberg, absolvierte daneben mehrere Redaktionspraktika und arbeitete als freier Sportreporter bis zum Examen drei Jahre beim „Süddeutschen Rundfunk“. 1991 wurde er Volontär bei der „Hamburger Morgenpost“. Seine weiteren Stationen: 1993 Lokalreporter „Radio Hamburg“, 1994 Studioleiter von „RSH“ in Hamburg, im selben Jahr Rückkehr zur „Hamburger Morgenpost“ als Redakteur (Ressorts Lokales, Politik und Wirtschaft). 1998 stieg er in das digitale Tageszeitungsprojekt „ICE-press“ und „Der Tag“ der „Spiegel“-Tochter a+i art and information GmbH als Politik- und Wirtschaftsredakteur ein. 1998 wechselte er als Wirtschaftsredakteur zu „Spiegel online“, im April 1999 wurde er dort geschäftsführender Redakteur, im Januar 2003 stellvertretender Chefredakteur. Zusammen mit Wolfgang Büchner (der nun zu dpa gewechselt ist) übernahm er im Mai 2008 die Chefredaktion, die er seit dem 1. Juli allein leitet.

Warum sind Sie Journalist geworden?

Kein Witz! Der Vater meiner damaligen Freundin schwärmte mir vor, das Größte sei es, als Journalist beim „Spiegel“ zu arbeiten.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?

Nach der Studentenzeitung vermutlich ein Zehnzeiler während meines ersten Zeitungspraktikums bei den „Kieler Nachrichten“. Da das Thema nur zehn Zeilen wert war, lohnt sich die Erinnerung nicht.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Ich hatte und habe das Glück, dass ich mit vielen vorbildlichen Vorgesetzten und Kollegen zusammenarbeite(te). Das hat mich geprägt. Ein Einzelner? Nein!

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Wenn er nach bestem Wissen und Gewissen wahrhaftig die Welt beschreibt. Und er sollte nie über den Dingen stehen, sondern bestenfalls daneben.

Wie wird sich der Journalistenberuf künftig verändern?

Im Kern ändert sich die Aufgabe nicht: Was ist die Geschichte? Was muss ich dazu wissen? Wie erzähle ich sie? Ändern werden sich die medialen Plattformen und die damit verbundenen Anforderungen.

Können Sie ein Buch oder einen Beitrag über „Ethik im Journalismus“ empfehlen?

Vor allem anderen: den Pressekodex des Deutschen Presserats.

Wie wichtig ist Klatsch?

Klatsch gehört zum Leben wie Arbeit und Freizeit – und deshalb auch in ein Medium.

Wie und wo lernt man Journalismus am besten?

Da bin ich old fashioned: in einer guten Lokalredaktion.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Ich fürchte, über die gesamte Branche gesehen schon. Aber wir geben uns Mühe.

Ihre persönlichen (handwerklichen) Stärken und Schwächen?

Das können meine Kollegen sehr viel besser beurteilen als ich.

Ihre Lieblings-Internetadressen?

Was soll ich sagen? www.spiegel.de und www.einestages.de natürlich.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Ein Buch unseres Wissenschaftsredakteurs Christoph Seidler: „Arktisches Monopoly“.

Ihr liebstes Hobby?

Musizieren, Instrumente sammeln.

Ihr bisher größter Erfolg?

„Spiegel online“ maßgeblich mit zu dem gemacht zu haben, was es heute ist.

Ihr größter Flop?

Ein Rundfunk-Interview mit dem damaligen Kanzler Helmut Kohl, bei dem ich durch falsche Bedienung des Bandgeräts alle O-Töne versaut hatte. Er hat zum Glück das Interview wiederholt.

Welches Medienprojekt aus jüngerer Zeit ist für Sie besonders zukunftsträchtig?

Außer unseren eigenen journalistischen Operationen die mobilen Endgeräte der nächsten Generation, also Smartphones und Webreader.

Ihre Lieblingszeitung ?

„Financial Times“.

Ihre Lieblingssendung?

Alle, bei denen ich etwas lernen kann.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Urteilsvermögen.

Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?

Er hat seine Sache gut gemacht.

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 82 bis 82. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.