Seien Sie wählerisch!

Die Weiterbildungseinrichtungen bieten mittlerweile viele Seminare zu Crossmedia- und Onlinejournalismus an. Aber welches lohnt sich, woran sollte man sich bei der Auswahl orientieren?

Punkt 1: Voraussetzung ist, dass Sie die Notwendigkeit für eine Weiterbildung für sich klären. Vom Chef geschickt zu werden oder ziellos ein Angebot zu buchen – das bringt in der Regel gar nichts. Wer hier planlos agiert, bleibt es auch nach einem Seminar. Fragen Sie sich also, welche der aktuellen Entwicklungen in Ihrer Branche eine direkte Auswirkung auf die tägliche Arbeit haben und von welchem Zusatzwissen Sie profitieren können. Welche konkreten Fragen haben Sie etwa zur multimedialen Themenplanung oder zur Recherche im Web? Wenn Sie genau wissen, was Sie im Job brauchen, finden Sie in den Kursangeboten der Akademien schneller das passende Seminar.

Punkt 2: Wichtig ist, nicht allein auf Basis der Seminarbeschreibung zu buchen, denn es handelt sich hierbei auch um werbende Texte. Nehmen sie deshalb zusätzlich vorher Kontakt mit dem Trainer auf und recherchieren Sie, ob er oder sie die Fachexpertise vorzuweisen hat, die das Thema erfordern und die der Ankündigungstext verspricht.

Punkt 3: Wer als Trainer über Twitter, Blogs und Web 2.0 spricht, sollte hier auch selbst aktiv sein – und zwar nicht erst seit ein paar Monaten. Die technischen Grundlagen sind nämlich schnell erklärt, die kommunikativen Gepflogenheiten in Blogs, das richtige Verhalten in sozialen Netzwerken oder die ungeschriebenen Gesetze des „richtigen Twitterns“ erfordern Erfahrung. Damit nicht genug: Ein Trainer muss zeigen können, worin die Vorteile beim Einsatz der Dienste für das journalistische Arbeiten liegen.

Punkt 4: Trainer, die selbst nicht aus der Medienbranche kommen, bringen zwar meist eine neue Perspektive ins Spiel, besser ist aber jemand, der die aktuelle Situation in den Medienhäusern kennt und somit auch mit den Besonderheiten und Problemen in den Redaktionen vertraut ist. Nicht jeder Trainer bringt das mit. Manche Akademien bieten deshalb Seminare auch mit zwei Trainern an. Das kann zwar teurer, aber auch ergiebiger sein.

Punkt 5: Achten Sie darauf, dass der Kurs ausreichend Praxisanteile vorsieht, in denen Sie selbst zum Beispiel zur Videokamera greifen und das Gelernte ausgiebig üben können. Nur über Blogs, Twitter und Co. zu reden, das bringt nicht viel. „Learning by Doing“ unter kompetenter Anleitung sollte hier die Devise sein. Verlangen Sie im Vorfeld einen aussagekräftigen Zeit- und Ablaufplan und erfragen Sie, wie viele Teilnehmer maximal zugelassen werden. Denn Massenabfertigung füllt zwar die Kassen der Anbieter, aber nicht in gleichem Maße die Köpfe der Teilnehmer mit frischem Know-how.

Eigene Initiativen. Weiterbildung kann und muss manchmal auch ohne Akademien funktionieren. Dann etwa, wenn die Kosten für die Weiterbildung nicht übernommen werden oder wenn bestimmte Themen noch nicht in den Kursplänen auftauchen. Da ist Selbststudium angesagt, was sogar die bessere – weil günstigere und vom Lerneffekt gleichwertige – Alternative sein kann:

* Probieren geht über lamentieren! Es gibt sie in jeder Redaktion: die Ewiggestrigen, die gegen alles Neue sind. Das ist für die motivierten Kollegen frustrierend und für die Redaktion insgesamt schädlich. Denn es bedeutet Stillstand. Da ist Eigeninitiative gefragt. Wer mit journalistischer Neugier selbst auf Entdeckungsreise geht, probiert neue Dienste einfach mal aus und besorgt sich zum Beispiel bei einem sozialen Netzwerk oder Twitter einen eigenen Account. Wird diese praktizierte Neugier zur Gewohnheit, lernt man ohne großen Zeitaufwand schnell viel Neues dazu und kann mit profundem Praxiswissen gegenhalten, wenn die Bremser sich zu Wort melden.

* Proaktiv Weiterbildungsthemen im Kollegenkreis ansprechen! Kritisch nachfragen, nach Fakten bohren – das zeichnet einen guten Journalisten aus. Manche trauen sich das allerdings nicht mehr, wenn es um die eigenen Wissenslücken in Sachen Crossmedia, Web und die aktuellen Medientrends geht. Dabei ist es in der Regel bei den Kollegen nicht anders. Hier lohnt es sich, über den eigenen Schatten zu springen und in die Offensive zu gehen. Das heißt: In der eigenen Redaktion die Themen, die die Medienbranche bewegen, offen anzusprechen, Fragen zu stellen, Antworten von Führungskräften einzufordern und dann gegebenenfalls gemeinsam für Aufklärung zu sorgen. Seien Sie sicher, Aha-Effekte werden Sie da nicht nur selbst erleben.

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Special“ auf Seite 56 bis 57 Autor/en: Steffen Büffel. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.