Medienwirbel wegen deutscher Studie

Selbstkritik gehört nicht gerade zu den Stärken der indonesischen Kultur, das gilt auch für die Medien des Landes. In den wenigsten Redaktionen findet eine offene Blattkritik statt, auch gibt es keine etablierten Medienseiten, in denen Journalisten über andere Medien berichten würden. Die Studie „Pressefreiheit in Indonesien – Fragen redaktioneller Autonomie in einem sich transformierenden Mediensystem“ der deutschen Journalistin Anett Keller erregte daher große Aufmerksamkeit in der hiesigen Presse, nachdem sie Ende August von der Friedrich Ebert Stiftung auf Indonesisch veröffentlicht worden war. Während des indonesischen Präsidentschaftswahlkampfes 2004 hatte die Medienwissenschaftlerin vier nationale Tageszeitungen auf ihre innere Pressefreiheit untersucht. Das Ergebnis ihrer qualitativen Befragungen bewies, dass die Freiheit redaktioneller Entscheidungen von den Geschäftsinteressen der jeweiligen Besitzer abhängt. Demnach erwies sich die Zeitung „Tempo“ am unabhängigsten, hinter der gleich mehrere Besitzer stehen – darunter eine Stiftung der Mitarbeiter. Die Zeitung „Media Indonesia“ zeigte sich am stärksten abhängig von den Entscheidungen ihres einzigen Besitzers, dem Großunternehmer und Politiker Surya Paloh. „Redet man mit einzelnen Journalisten hier, erzählen sie teils unglaubliche Geschichten, wie sehr Verleger in redaktionelle Entscheidungen eingreifen. Öffentlich jedoch wagt keiner, diese Kritik auszusprechen“, so Anett Keller, die zurzeit als Korrespondentin der „Asia Pacific Times“ in Indonesien arbeitet. „Ich hoffe, dass meine Studie einige zum Umdenken anregt und sich langfristig auch hier ein kritischer Medienjournalismus etabliert.“

http://thejakartaglobe.com/news/author-pitches-pact-on-editors-rights/326519

Erschienen in Ausgabe 10+11/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 18 bis 18 Autor/en: Christina Schott, Jakarta. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.