Wie geht’s, Herr Klusmann? (Teil 5*)

So richtig verstehen kann Steffen Klusmann die Aufregung nicht, „gerade zerbröselt eine ganze Branche und statt über neue Geschäftsmodelle, diskutiert man über so einen Quatsch,“ sagt der Chefredakteur der Gruner und Jahr-Wirtschafsmedien („FTD“, „Capital“, „Impulse“, Börse online). Mit Quatsch meint er die Debatte um seinen Sitz im Kuratorium der neu gegründeten Quadriga Hochschule für Public Relations (s. a. Seite 60 f). Rudolf Hetzel, Initiator der Schule und Chef von Helios Media, hatte einige namhafte Journalisten als Aushängeschilder für seine PR-Schmiede angeworben. Neben Klusmann sitzen auch Wilm Herlyn (dpa), Peter Limbourg (N24), Stefanie Burgmaier (Börse online) und andere im Kuratorium, als Gründungspräsident stellte sich der ehemalige SWR Intendant Peter Voß zur Verfügung. Sie alle sehen sich jetzt vor die Frage gestellt: Schickt sich das für einen Journalisten? Für Klusmann kein Problem – „Was ist so schlimm daran, wenn PR-Leute wissen, was Journalisten von ihnen wollen“, sagt er. Den Vorwurf durch die Nähe zur PR-Hochschule setzte er den Ruf seiner Titel aufs Spiel, „finde ich grotesk“, so Klusmann, „wir stehen für kritischen, investigativen Wirtschaftsjournalismus und dass ich in diesem Kuratorium sitze, ändert daran nichts.“

Eine ganz andere Frage ist, woher Klusmann die Zeit für seine Termine nebenbei nimmt. Der omnipräsente Chefredakteur sitzt ebenfalls in der Jury des PR-Journalistenpreis djp, der für Berichterstattung über Private Equity vergeben wird sowie in einer Jury für Nachwuchsjournalisten. Ganz schön viele Nebenjobs für den Kopf von vier Titeln. Pflichttermin für ihn war auf jeden Fall der Rapport beim Vorstand, mit dabei: weitere Ideen für Kürzungen in seinem Verantwortungsbereich. Der Vorstand von G+J hatte seinen Chefredakteuren aufgetragen, bis Ende des Monats neue Sparvorschläge vorzulegen. Etwa 200 Millionen Euro will der Verlag in diesem Jahr einsparen, davon ein Drittel im Deutschlandgeschäft. An welchen Schrauben bei den Wirtschaftsmedien noch gedreht werden kann, „verrate ich nicht“, sagt Klusmann. Klar sei aber, am Personal könne nicht viel mehr gespart werden, „dann müssten wir das Angebot einschränken“ – also Titel einstellen. Damit will Klusmann aber keine neuen Hiobsbotschaften ankündigen – „das wird derzeit nicht diskutiert“. In der Branche hingegen wird spekuliert, inwiefern das Klusmann-Prinzip der Zentralredaktion auch für andere Redaktionen des Großverlages Modell stehen könnte. G+J-Vorstand Bernd Buchholz hatte diese Möglichkeit in einem Interview mit dem „Spiegel“ angedeutet und gesagt, „jedes Magazin hat Dinge, die es zwingend selbst machen muss, und andere, die es sich aus den vielen Manufakturen unseres Hauses besorgen kann“. Ganz wohl scheint Klusmann bei dem Gedanken nicht zu sein, als Rechtfertigung für die nächste Entlassungswelle bei Gruner herangezogen zu werden. „Mein Job ist nicht, für andere Redaktionen da zu sein, sondern unsere Blätter weiter zu entwickeln. Alles andere müssen die Verlagsstrategen entscheiden“. Es komme aber durchaus vor, dass Leute aus dem Haupthaus sich das Konzept genau erklären lassen, „ich möchte aber keine Namen nennen“, sagt Klusmann. Die Aufregung um die Entwicklung bei Gruner+Jahr nimmt wohl erst mal kein Ende. mf

* In der Rubrik PROJEKT beobachtet und hinterfragt mediummagazin regelmäßig die Entwicklung in der neuen Groß-Wirtschaftredaktion von G+J seit ihrem Start im März.

Erschienen in Ausgabe 10+11/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 13 bis 13. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.