Die Online-Autodidaktin

Mit großen Themen hat sich Margaret Heckel (43) jahrelang beschäftigt, den Steuerdebatten, G8-Gipfeln, dem Nahost-Konflikt. Jetzt kümmert sie sich um Fragen wie: Ist es okay, wenn meine Putzfrau schwarz für mich arbeitet? Darf ich mir ein teures Auto kaufen? Heckel, bis zum Sommer Politik-Ressortleiterin der „Welt“-Gruppe, hat nun eine Art digitalen Kummerkasten für moralisch Zweifelnde gegründet, die Plattform www.das-tut-man-nicht.de (seit Oktober).

Das Konzept: Nutzer fragen, Experten wie Henning Scherf und Michel Friedmann antworten, andere Medien dürfen die Beiträge übernehmen, kostenfrei – wenn sie die Quelle nennen und nicht kürzen. „Es soll die Seite für moralische Fragen im Internet werden“, sagt Heckel. Ihr Gewinn dabei: Sie wolle herausfinden, wie die „gefühlte moralische Lage in Deutschland“ ist, Geld verdienen stehe nicht im Vordergrund. Denkbar sei ein Buch oder eine Studie, doch erst mal gibt sie sich zwei Jahre Zeit für das Projekt.

Was ließ die Journalistin, die früher auch für „Wirtschaftswoche“ und „FTD“ gearbeitet und eine erfolgreiche Merkel-Biografie geschrieben hat, zur Online-Ratgeberin werden? Sie wollte etwas Neues versuchen, sagt sie, und bisher laufe es gut. Geld verdiene sie weiterhin mit Texten für Print, etwa für „Capital“, und mit Moderationen – und sie müsse nicht mehr in die unzähligen Konferenzen. Im Moment mache es ihr Spaß, sich im Internet auszuprobieren.

Ähnlich klingt das bei Ursula Weidenfeld (47), mit der Heckel die Seite und ein Journalistenbüro betreibt. Die ehemalige „Impulse“-Chefredakteurin sagt zwar: „Wenn es bei G+J so gelaufen wäre, wie ich mir das vorgestellt habe, wäre ich heute nicht selbstständig.“ Der Verlag hatte kurz nach Weidenfelds Antritt ihre Redaktion mit anderen zusammengelegt – was sie nicht mittragen wollte. Mittlerweile aber sei sie „angetan“ von dem freien Arbeiten. Bei ihrer persönlichen Online-Offensive hat die beiden auch der Ehrgeiz getrieben: „Wir wollten beweisen, dass Qualitätsjournalismus mit Nutzwert im Netz funktionieren kann.“, sagt Weidenfeld. Wie sich damit irgendwann Geld verdienen lässt, wissen beide nicht. Es habe zwar Anfragen von Firmen gegeben, ob sich die Seite nicht für PR nutzen lasse, aber das wollten weder Heckel noch Weidenfeld. Schließlich seien sie Journalistinnen.

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 60 bis 62. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.