Hallo ‚wie geht’s?

Ein Satz wie aus dem Marketing-Lehrbuch: „Synergien schaffen freie Kapazitäten, mit denen originelle, kreative und qualitativ hochwertige Zugänge zu neuen Themen entwickelt werden können.“ Das sagte Verlags-Vorstand Christian Dumont-Schütte in der „Welt am Sonntag“; er verband ihn gleich mit der Drohung, dass keine Verlagszeitung „dauerhaft auf Finanzspritzen hoffen“ dürfe. Gemeint war vor allem die „Frankfurter Rundschau“, bei der ein erneuter Stellenabbau droht.

Dass an dem PR-Sprech des Chefs inhaltlich etwas dran ist, muss Brigitte Fehrle Tag für Tag beweisen. Wie es der FR geht, dazu sagt die Chefredakteurin der DuMont-Redaktionsgemeinschaft nichts, es ist nicht ihr Thema. Auf ihre Arbeit wird es wohl keine unmittelbaren Auswirkungen haben: Die Redaktionsgemeinschaft kümmert sich eh um fast die gesamte Politikberichterstattung. Und mit dem, was ihre Truppe leistet, ist Fehrle sehr zufrieden: Ob Bundespräsidentenwahl oder Sicherheitsverwahrung – die „Rege“, wie die Redaktionsgemeinschaft intern genannt wird, habe bei allen großen Themen gezeigt, dass sich das Modell bewährt habe. „Selbst die größten Kritiker haben erkannt, dass wir bessere Texte im Blatt haben.“ Beim Brunner-Prozess in München etwa, da war jeden Tag ein DuMont-Reporter vor Ort: „Das können sich sonst nur wenige Redaktionen leisten.“

Seit Ende April liefern 16 Autoren unter Fehrles Leitung aus Berlin („Rege Ost“) politische Analysen, Reportagen und Kommentare für FR und „Berliner“. Acht weitere bestücken aus Frankfurt („Rege Süd“, Leitung: Robert von Heusinger) die Wirtschaftsseiten der beiden Blätter – plus „Mitteldeutsche Zeitung“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“, macht zusammen fast 750.000 Auflage. Irgendwann soll auch Fehrles „Rege“ alle vier DuMont-Titel beliefern – „wahrscheinlich ein Projekt für nächstes Jahr“. Bis dahin bedürfe es aber noch einiger Vorarbeit, die Bedürfnisse der Blätter sind unterschiedlich. „Ein Seite-3-Stück der ‚Berliner Zeitung‘ können Köln und Halle nicht drucken, es ist zu lang“, sagt Fehrle. Zwar könne man fast jeden Text um zehn bis 15 Prozent kürzen, aber nicht um die Hälfte.

Die Abstimmung zwischen Berlin und Frankfurt ist oft aufwendig. Die Chefredakteurin verbringt viel Zeit in Video- und Telefonkonferenzen, meist vier am Tag. Im Herbst soll es endlich ein einheitliches Redaktionssystem geben. Aber das Team sei jetzt eingespielt, sagt Fehrle – keine großen Pannen bisher. Zwar sind bis heute nicht alle Kartons ausgepackt, doch es laufe rund, sagt Fehrle. „Die ersten zwei Monate war es ein tägliches Abenteuer, aber inzwischen hat es fast jede denkbare Situation im Arbeitsablauf schon gegeben“ – von der späten Eilmeldung, die für Berlin und Frankfurt unterschiedlich aufbereitet werden musste, bis hin zum Tagesthema, das sich kurz vor Druckschluss noch änderte.

Momentan diskutieren „Rege“ und Stammredaktionen über die Zuarbeit von Fehrles Leuten für die Internetseiten von FR und Berliner. „Wir werden nicht ständig exklusive Stücke für Online produzieren“, stellt sie klar. Aber künftig soll jeden Tag etwas für die Netz-Kollegen abfallen – eine Vorab-Meldung, ein Zwischenbericht, eine Bilderstrecke, ein Interview oder ein Zitat.

Wird ihre „Rege“ irgendwann auch die Redaktionen anderer Verlage beliefern? Wo doch Vorstand Dumont-Schütte gerade betonte, dass jeder „Unternehmensbereich mittelfristig profitabel sein“ müsse. Das schließt Fehrle kategorisch aus: „Wir liefern konzeptionell zugeschnittene Geschichten für die Titel des Hauses. Das bleibt auch so.“

Serie: An dieser Stelle werfen wir seit Juni regelmäßig einen Blick hinter die Kulissen der neuen DuMont-Redaktionsgemeinschaft, die am 26. April an den Start ging und an zwei Standorten (Berlin: Politik, Frankfurt: Wirtschaft) sitzt.

Erschienen in Ausgabe 09/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 7 bis 8 Autor/en: Oliver Trenkamp. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.