Skandal-Urteil Der Kampf der freien Sachsen

Durch das Verfahren gegen Sie sind Sie selbst Teil des „Sachsensumpf“-Komplexes. Wie steht es um Ihre Objektivität?

Thomas Datt: Bisher haben wir uns als befangen betrachtet und darauf verzichtet, weiter über das Thema zu berichten, obwohl wir weitere Ansatzpunkte hatten. Inzwischen ist es mehr als zwei Jahre her, dass die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen uns aufgenommen hat. Und da das Verfahren in die nächste Runde geht, kann sich das noch etliche weitere Monate hinziehen. Wir überlegen deshalb, unsere Berichterstattung wieder aufzunehmen. Dabei müssten wir aber immer klarmachen, in welchem „Befangenheitsverhältnis“ wir stehen, damit wir die Zuschauer und Leser nicht täuschen.

Warum dieser Sinneswandel?

Thomas Datt: Wir denken, dass wir weitermachen müssen. Ansonsten hätte doch die Staatsanwaltschaft erreicht, was sie offensichtlich wollte: Stimmen, die von ihrer eigenen abweichen, zum Schweigen zu bringen. Außerdem werden demnächst die beiden Frauen vor Gericht aussagen müssen, die damals in dem Minderjährigenbordell „Jasmin“ anschaffen mussten und ranghohe Richter als Freier wiedererkannt haben. Die werden ebenfalls wegen Verleumdung vor Gericht stehen. Dieses Verfahren ist noch viel skandalöser als das, was bei uns abgelaufen ist.

Wie haben denn Ihre Auftraggeber reagiert?

Arndt Ginzel: Sowohl „Zeit“ als auch „Spiegel“ haben erklärt, dass sie die Kosten der Verfahren tragen wollen. „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hat sich sogar persönlich bei uns erkundigt, wie seine Redaktion helfen könnte. Ansonsten hat sich vor allem der DJV sehr verdient gemacht. Er hat nach Sichtung der Unterlagen erklärt, notfalls mit uns bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen.

Wie viel Ihrer Arbeitszeit ging unterm Strich drauf?

Thomas Datt: Ursprünglich waren fünf Verhandlungstage im April angesetzt. In dem Monat konnten wir keinen einzigen Beitrag produzieren. Wir mussten uns vorbereiten und uns mit unseren Anwälten besprechen. Dann verlängerte sich das Verfahren bis Mitte August hin, zehn weitere Prozesstage kamen hinzu. Normalerweise muss man bei einem Strafbefehlsverfahren nicht hingehen. Anwälte können einen vertreten. Bei uns hat der Richter aber angeordnet, dass wir zwingend erscheinen müssen. Wir mussten also immer von Leipzig nach Dresden fahren. Der lange Prozessverlauf hat uns zudem auch in der restlichen Zeit behindert: Man denkt ständig dran. Das ist wie ein Computerprogramm, das die ganze Zeit im Hintergrund läuft und Leistung frisst. Unterm Strich haben wir mindestens zwei Monatseinkommen eingebüßt.

Woran und für wen arbeiten Sie aktuell?

Thomas Datt: Derzeit für das Fernsehen, für „Exakt“ und „Fakt“ im MDR und „Frontal21“ (ZDF). Arndt Ginzel und Kollege Martin Kraushaar haben beispielsweise gerade über die Verstrickungen der bayerischen Politik mit der Hypo Alpe Adria berichtet.

Arndt Ginzel: Wir haben früher häufiger auch für Print und Online gearbeitet. TV-Beiträge haben ihren Reiz, bieten aber vergleichsweise wenig Fläche. In einer Zeitung lassen sich viele Dinge viel ausführlicher darstellen. Das wollen wir bald wieder nutzen, um Recherchen quasi mehrmedial zu veröffentlichen.

Erschienen in Ausgabe 09/2010 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 64 bis 64. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.