Wenn der Staat zurückschlägt

Jakarta. Dass in Singapurs Justizsystem – bekannt für seine drakonischen Strafen – nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, beschreibt der britische Journalist Alan Shadrake in seinem neuen Buch „Once A Jolly Hangman: Singapore Justice In The Dock“. In ausführlichen Interviews mit dem ehemaligen Chef-Henker des berüchtigten Changi-Gefängnisses sowie mit Anwälten und ehemaligen Polizisten deckt er am Beispiel aufsehenerregender Fälle drastische Fehler in der Verfahrensweise der Justiz auf. So seien zum Beispiel im Fall des Malaysiers Vignes Mourthi, der 2001 für den angeblichen Schmuggel von 27,65 Gramm Heroin gehängt wurde, wichtige Hinweise auf die Unglaubhaftigkeit des einzigen Zeugens, eines Polizeibeamten, unterschlagen worden. Das Wissen um solche Ungerechtigkeiten hielt den 75-jährigen Autor dennoch nicht davon ab, sein kritisches Buch in dem autoritär regierten Stadtstaat persönlich vorzustellen. „Wenn sie mir dort irgendetwas antun, wird es nur noch mehr Aufmerksamkeit auf das Buch ziehen“, erklärte er gegenüber einem lokalen AFP-Reporter. Dieses Ziel hat Shadrake nun erreicht: Am 18. Juli wurde er aufgrund einer Verleumdungsklage der staatlichen Medienentwicklungsbehörde verhaftet. Zwei Tage später kam er auf Kaution wieder frei, durfte Singapur jedoch bis zu seiner Verhandlung nicht verlassen, die im August entschieden werden sollte. Die Regierung hat Shadrakes Buch bislang nicht verboten, Buchläden haben jedoch die Empfehlung erhalten, es nicht zu verkaufen.

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Erschienen in Ausgabe 09/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 15 bis 15. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.