Medienköpfe & Karrieren

>>>Aufsteiger

„Sie suchen die Sicherheit, auf der richtigen Seite zu stehen und nicht zuletzt aufs richtige Pferd gesetzt zu haben“, sagt Cornelius Tittel (33), bislang Chefredakteur des Kulturmagazins „Monopol“ aus dem Hause „Rignier“, und meint damit Kunstsammler. Die „Welt am Sonntag“ zitiert ihn mit diesen Worten in einem Lobgesang auf die bürgerliche Kultur. Jetzt steht Tittel selbst kurz davor, das Pferd zu wechseln: Er wird zum 1. April Kultur-Chef eben jenes Blattes und der zugehörigen Schwesterzeitungen. Als oberster Springer-Feuilletonist und Mitglied der Chefredaktion der „Welt“-Gruppe („Welt“, „WamS“, „Berliner Morgenpost“) kehrt Tittel zurück in eine Redaktion, die er gut kennt. Bevor er 2007 zu „Monopol“ ging, war er Kulturredakteur bei der „WamS“; davor schrieb er für die „taz“. Als Magazin-Chef hat er gezeigt, dass er Blattmachen kann – und eine „andere Handschrift“ durchzusetzen versteht, wie er es nennt: neue Leute an Bord holen, einen Relaunch stemmen, neue Formate einführen, darunter eine imposante Bilderstrecke. Ob er bei Springer Ähnliches vorhat, verrät er nicht; vor Amtsantritt will er nicht über den neuen Job sprechen. In jedem Fall wird er zu einer reichlich durchgerüttelten Mannschaft stoßen: Neo-Chefredakteur Jan Eric Peters (44) hat längst damit begonnen, personelle Fakten zu schaffen. Marcus Heithecker (44), bislang für Wirtschaft verantwortlich, kümmert sich jetzt um Politik; gemeinsam mit Ressort-Chef Torsten Krauel (54). All die Neuzugänge, vor allem Tittels Einstieg, dürften allerdings dafür sorgen, dass jemand anderes empfindlich an Einfluss verliert: Ulf Poschardt (42), der nach seinem Abgang bei „Vanity Fair“ als stellvertretender Chefredakteur zur „Welt“-Blattfamilie stieß, sich als Kultur-Experte versteht und mittlerweile auch als Herausgeber von Springers Musikmagazinen fungiert. Poschardt schrieb damals für die „WamS“ den Text über bürgerliche Werte, in dem er Tittel zitiert. Darin geht es auch darum, „wie problemlos sich Modernität durchgesetzt hat: ohne Kämpfe“. Fraglich, ob auch die Verjüngung der „Welt“ so kampflos abgehen wird. Bei „Monopol“ ist indes die Nachfolgefrage längst geklärt: Zum 1. Mai übernimmt Holger Liebs (43), bislang Kunst-Redakteur der „Süddeutschen“, die Chefredaktion.

Als Nachlassverwalterin fühle sie sich überhaupt nicht. „Ich hatte in allen Gesprächen den Eindruck, dass alle Beteiligten an das Heft glauben“, sagt Julia Möhn (37), seit Februar stellvertretende Chefredakteurin von “Healthy Living“. Dabei wurde der Glaube an das Magazin im letzten Jahr herausgefordert: Der Mutterverlag Gruner+Jahr setzte alles daran sein Problemkind loszuwerden – erfolglos. Nach gescheiterten Verkaufsverhandlungen entschied sich der Verlag, das Heft ab Oktober 2009 im Joint Venture mit der Mediengruppe Klambt („Ok!“, „Welt der Frau“ und neuerdings „Grazia“, s. Seite 12) herauszugeben – und trennte sich so von knapp 50 Prozent der Anteile. Die Auflage sackte von rund 160.000 verkauften Exemplaren im letzten Quartal 2008 auf etwas über 143.000 Exemplare in 2009 ab. Für Julia Möhn aber noch kein Grund zur Panik: „In 2009 musste man als Blattmacherin Gelassenheit mitbringen, der Markttrend war negativ – kaum ein Heft konnte dagegenhalten“, sagt sie, die vorher das Ressort „Report“ der Frauenzeitschrift „Für Sie“ leitete. Gelassenheit sollen wohl auch die neuen Stellenbesetzungen vermitteln: Neben Möhn wechselt Stefanie Luxat (30) vom „stern“ im März als Ressortleiterin zum Ressort Genuss/Bewegung bei „Healthy Living“. „Mit solchen Personalentscheidungen macht der Verlag auch deutlich, dass er das Heft weiter stärken will“, sagt Möhn. Um den zuletzt negativen Trend umzukehren, planen sie und Chefredakteurin Kerstin Bode eine kleine Frühlingsoffensive: So wollen sie die Bereiche Genuss und Ernährung ausbauen. Für die Redaktion selbst steht im März ebenfalls ein Wechsel an: Von den Büros mit Elbblick am Baumwall zieht die Mannschaft an den Gänsemarkt, ins Haus von Klambt.

Die neue Mannschaft für den Post-Markwort-“Focus“ formiert sich: Wolfgang Weimer, seit 1. März nun offiziell als Entwicklungs-Chefredakteur an Burdas Bord, hat sich seinen ehemaligen Stellvertreter bei „Cicero“, Markus C. Hurek (37), als „Chef vom Dienst“ geholt – um ihn „bei der Weiterentwicklung von ‚FOCUS‘ zu unterstützen“. Hurek, ehemaliger Axel-Springer-Schüler und Nachrichtenchef der „Welt“, hat mit Weimer schon in der Gründungsphase von „Cicero“ zusammengearbeitet. Ebenfalls im Entwicklungs-Team ist der Frankfurter Blattentwickler Helmut Ortner (http://ortner-concept.de/), der schon seit mehreren Jahren bei „Cicero“ beraten hat.

Philipp Jessen (32) ist in den Charts einen Platz nach oben gerückt: Seit Februar leitet er das meistgelesene Jugendmagazin Deutschlands, die „Bravo“. Mit Stars und Sternchen hatte Jessen schon früher zu tun: Bis 2009 arbeitete er bei der deutschen „Vanity Fair“, wechselte zur „Bild“ und im Herbst als stellvertretender Chef zur „Bravo“. Noch immer behauptet die Jugendzeitschrift ihren Platz als Marktführer, auch wenn die verkaufte Auflage von über 600.000 im Jahr 2004 auf zuletzt rund 484.000 sank.

Aufwärts geht es auch für Miriam Krekel (32). Sie rückt auf den Posten der Redaktionsleiterin der Berliner „Bild“-Ausgabe vor. Redaktionsleiterin war sie schon einmal, bei der „Bild“ Hamburg, später arbeitete sie als Ressortleiterin der Nachrichten.

>>>Umsteiger

Nein, auf seinen künftigen Arbeitgeber, die WAZ-Gruppe, lässt er nichts kommen, auch wenn dort Hunderte Stellen gestrichen werden und der Umgang mit einzelnen langjährigen Chefredakteuren von vielen als rabiat empfunden wird. Armin Maus (45), der ab 1. Juli die zum Konzern gehörende „Braunschweiger Zeitung“ (verkaufte Auflage rund 160.000) leiten soll, sagt, man müsse auch mal zur Kenntnis nehmen, dass die WAZ-Gruppe allein 30 Millionen Euro an Sozialleistungen ausgegeben habe. „Ich werfe keinem Unternehmen vor, wirtschaftlich zu arbeiten.“ Zudem halte er einen Teil der Berichterstattung über den Konzern für ziemlich einseitig. Der Umzug nach Niedersachsen ist für Maus, bislang Chefredakteur beim „Fränkischen Tag“ (110.000), wie eine Heimreise – auch wenn er in Regensburg geboren wurde. Denn er folgt dem Mann nach, als dessen Stellvertreter er bereits von 2003 bis 2005 in Braunschweig gearbeitet hatte, nämlich Paul Josef Raue (56), der wiederum an die Spitze der „Thüringer Allgemeine“ wechselte und dort den langjährigen Chef Sergej Lochthofen (53) ablöste. Von Raue habe er eine Menge gelernt, sagt Maus, zum Beispiel wie man eine Newsdesk-Struktur einführt – was er selbst später beim „Fränkischen Tag“ nach eigenen Worten „sehr radikal“ umsetzte. Überhaupt schob er in fünf Jahren Bamberg einiges an, Verlag und Redaktion verpassten dem Blatt einen umfassenden Relaunch – „das war ein kleiner Schock für die Leser“ – und hielten die Auflage stabil, „obwohl die Demographie überwiegend gegen uns spricht“, wie er sagt.

Nach seinem Ausstieg als Chefredakteur von manager-magazin.de will Andreas Nölting (54) sich selbstständig machen und künftig Unternehmen beraten. „Größere Unternehmen haben derzeit gewaltige Probleme, mit den neuen Herausforderungen des Internets umzugehen. Ich möchte dabei meine redaktionellen Erfahrungen einsetzen“, sagt er. Es soll ein Startup-Unternehmen werden, das in Fragen von Online-Reputation, Nutzergruppen und sozialen Netzwerken beraten soll. Journalistisch wird Nölting nicht mehr arbe
iten. „Ich werde meine Ideen jetzt auf der anderen Straßenseite diskutieren. Derzeit gilt noch eine Konkurrenzausschlussklausel“, sagt er. Diese untersage ihm für andere Medien tätig zu werden. Im Januar war er darüber informiert worden, dass seine Zeit als Manager des Onlineauftritts nach neun Jahren beendet ist. Gerüchte über Streit mit dem „Spiegel“-Verlag dementiert er aber: „Natürlich hat der Verlag auf unsere Zahlen geschaut, die sich leider nicht grandios verbessert haben. Schließlich haben wir uns auf einen Aufhebungsvertrag geeinigt.“ Der Verlag habe sich dabei anständig verhalten. Nölting ist nicht der einzige, den Sparmaßnahmen bei Spiegelnet treffen: Künftig sollen auch die Printredakteure stärker in die aktuelle Berichterstattung auf manager-magazin.de eingebunden werden. Um seine persönliche Zukunft habe Nölting „keine Angst“.

Sebastian Holzapfel (35) ist seit Februar Online-Verantwortlicher bei der „Frankfurter Neuen Presse“. Er kommt vom Konkurrenten „Frankfurter Rundschau“, wo er bislang den Internetauftritt betreute.

>>>Absteiger

Erstmal abwarten, das fördert die Karriere nicht unbedingt. Das musste Peter Hahne (57) erfahren. Der ZDF-Mann und konservative Besinnungs-Autor („Schluss mit lustig“) war schon für einige Posten im Gespräch, wurde 2005 sogar als möglicher Regierungssprecher gehandelt. Als Nikolaus Brender geschasst wurde, hielt sich Hahne mit Solidaritätsbekundungen betont zurück, wohl um einen möglichen Karriereschritt nicht zu gefährden. Vielleicht hätte er ja Leiter des Hauptstadtstudios werden können, wo er bislang lediglich Stellvertreter war. Doch als die Wahl auf die ebenfalls als konservativ geltende Bettina Schausten (44) fiel, musste – der politischen Farbenlehre wegen – eine Parkposition für Hahne gefunden werden. Das ist nun geschehen, und zwar in zeitlicher Nachbarschaft zum „Fernsehgarten“, Sonntag Mittag, nicht unbedingt die beste Sendezeit. Hahnes Nachfolger im Hauptstadtstudio wird zum 1. April der bisherige London-Korrespondent Thomas Walde (46). Ab Juni bekommt Hahne dann eine eigene Talkshow, von der er sagt: „Aus diesem Sendeplatz lässt sich mit Engagement, Erfahrung und Ideen etwas machen.“ Mal abwarten.

>>>Lob & Preis

CNN-Journalist des Jahres in der Kategorie Online wurde Hasnain Kazim (35), „Spiegel Online“-Korrespondent in Islamabad – wenig überraschend, denn er war als einziger nominiert. Zwar hatten sich zahlreiche Kollegen beworben, doch Jury-Mitglied Uli Baur („Focus“) sagte, fast alle Beiträge seien „enttäuschend“ gewesen. Sein Protokoll des „Angriffs auf Mumbai“ jedoch begeisterte die Preisrichter. Die Texte musste er teilweise, ganz altmodisch, durchtelefonieren, denn oft funktionierte das Internet nicht, als Kazim aus Mumbai berichtete. Als „Journalist of the Year“ wurde Rebecca Gudisch (30) ausgezeichnet, für ihren WDR-Film über Kinderarbeit. In der Kategorie Print bekam Mathias Irle (33) den Preis für eine „Brand Eins“-Reportage über eine Firma, deren Mitarbeiter im Schnitt 74 Jahre alt sind.

www.cnnjournalistaward.com

„Was tun in einem von Bürgerkrieg, Armut und Korruption geschlagenen Land wie dem Kongo? Ein Orchester gründen!“ Mit diesen Sätzen beginnt die mit dem Hansel-Mieth-Preis ausgezeichnete Reportage von Andrea Böhm und Marcus Bleasdale (Fotos). Die Reportage erschien im „Zeit-Magazin“ und beschreibt wie sich zwischen Moskitos und Motorradhupen mitten in der kongolesischen Hauptstadt ein klassisches Orchester gegründet hat – schlecht ausgestattet, aber hoch motiviert. Der Hansel-Mieth-Preis ist mit 6.000 Euro dotiert und wird zeitgleich mit dem Gabriel-Grüner-Stipendium vergeben. Der Autor Ulf Schubert und der Fotograf Jesco Denzel wollen mit Hilfe des Stipendiums eine Reportage über soziale Konflikte am Victoriasee recherchieren. Insgesamt wurden zehn Beiträge ausgezeichnet, darunter Reportagen aus „stern“, „Spiegel“, „Brand Eins“, „Geo“ und dem „Focus“.

www.zeitenspiegel.de/de/preis/

Der absurdeste Journalistenpreis im März: Frisch ausgeschrieben wurde der Hermine-Heusler-Edenhuizen-Preis für journalistische Arbeiten, die sich mit der „Bedeutung der Gynäkologie und Geburtshilfe, der Vorbeugung und Behandlung gynäkologischer Erkrankungen“ befassen. Der mit insgesamt 6.000 Euro dotierte Preis richtet sich an Print-, TV-, Online- und Hörfunkjournalisten, die ihre Arbeiten über Uterus und Ultraschall noch bis zum 15. Juli einreichen können.

Erschienen in Ausgabe 03/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 84 bis 84. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.