„Wenn wir aufhören zu stören, machen wir was falsch.“

Peter Frey, geboren am 4. August 1957 in Bingen, studierte Politik, Pädagogik und Romanistik in Mainz und Madrid (Promotion über die spanischen Intellektuellen und Europa). Daneben arbeitet er frei für SWR und die „FR“. Seit 1985 arbeitet er für das ZDF als Redakteur „heute journal“, Persönlicher Referent von Chefredakteur Klaus Bresser (1988-1990), stv. Leiter Studio Washington (1991-1992), Entwickler und Moderator des „Morgenmagazin“, Leiter Hauptredaktion Außenpolitik (´98-01). Seither Leiter Hauptstadtstudio Berlin. Am 10. Dezember 2009 wählt ihn der Verwaltungsrat zum designierten ZDF-Chefredakteur.

Warum sind Sie Journalist geworden?

Lust auf Schreiben, Lust auf das Fremde, Lust auf Menschen.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?

Angeregt von einem väterlichen Freund habe ich als 22-Jähriger eine Recherche über den Roman „Das siebte Kreuz“ von Anna Seghers durchgeführt. Die Geschichte hieß: „Auf der Suche nach einem Nazi-KZ in Rheinhessen“, ein Stück Heimatkunde über nichtbewältigte Vergangenheit. Daraus wurde eine Stundensendung für den legendären Pop-Shop von SWF 3 (Hörfunk) und ein langer Artikel für „Die Zeit“. Ich habe ihn noch Anna Seghers schicken können. Ihre Antwort hängt immer noch in meinem Büro.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Ich hatte das Glück, im „heute journal“ Dieter Kronzucker, Ruprecht Eser und Peter Voß über die Schulter zu schauen. Orientierungspunkt bleibt der Stilist Klaus Bresser. Was eine freie Presse für die Demokratie leistet, habe ich während meines Studiums im Spanien nach Franco gelernt. „El País“ war die wichtigste Stütze für die Öffnung einer verschlossenen Gesellschaft – nach innen und außen.

Wann ist ein Journalist ein guter Journalist?

Wenn er neugierig und unabhängig bleibt.

Wie wird sich der Journalistenberuf verändern?

Es wird mehr Generalisten und mehr Spezialisten geben. Die einen werden News für viele Plattformen ver- und bearbeiten, die anderen liefern hoch spezialisiert Content, als Experten. Die einen sorgen für Teilhabe, die anderen für Navigation. Beides hat seine eigene Würde.

Stört Sie das schlechte Image von Journalisten?

Wenn wir aufhören zu stören, machen wir was falsch.

Können Sie einen Beitrag über „Ethik im Journalismus“ empfehlen?

Ich bin keiner, der Werte vor sich herträgt. Glaube mehr an die Praxis.

Wie wichtig ist Klatsch?

Gerüchte schaffen Fakten. Deshalb muss man sie wichtig nehmen.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Im Fernsehen haben es im Moment junge Männer schwer, weil es nach Jahrzehnten männerdominierter Redaktionen und Hierarchien immer noch zu wenig Ossis, Frauen und Migranten gibt und Ausgleich geschaffen wird. Das führt manchmal zu Ungerechtigkeiten. Frauen haben heute die besseren Chancen, als Moderatorinnen schnell nach oben zu kommen. Weibliche Führungskräfte gibt es zu wenig – auch weil nur wenige Frauen nach oben drängeln.

Ihre persönlichen Stärken und Schwächen?

Stärke: Begeisterungsfähigkeit, Schwäche: deshalb das Ende nicht immer abzusehen.

Ihre Lieblings-Internetadressen?

www.heute.de; www.spiegel.de; www.elpais.com; www.anna.aero (Airline-News, Hobbies braucht der Mensch).

Ihr bisher größter Erfolg?

Die Sendungen im „zwei-Päpste-Jahr“ 2005 und die US-Wahlnacht von 2008 mit dem historischen Sieg Barack Obamas. Wie stark das Medium Fernsehen immer noch ist, hat unsere Live-Übertragung des Obama-Besuchs in Buchenwald gezeigt: Fast zwei Millionen Zuschauer – wie viele Jahre braucht es, bis so viele Menschen zu den Nazi-Gedenkstätten gehen?

Ihr größter Flop?

Die Moderation der ZDF-„Menschen“-Sendung im Jahr 1994.

Ein besonders zukunftsträchtiges Medienprojekt?

„Erst fragen, dann wählen“ von ZDF-Infokanal und ZDF-Online zur Bundestagswahl 2009.

Ihre Lieblingszeitung?

Die „Süddeutsche“. Bei Flügen greife ich immer zur „Financial Times Deutschland“.

Ihre Lieblingssendung?

Das „heute journal“ – an guten und an schlechten Tagen.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Es geht nicht ohne die Bereitschaft, im Privatleben Opfer zu bringen.

Was sollte Ihnen mal nachgesagt werden?

Das heben wir für später auf.

Erschienen in Ausgabe 03/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 90 bis 90. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.