Helden der Pressefreiheit

Dupniza ist ein kleines Städtchen im Südwesten Bulgariens. Dass es mittlerweile im ganzen Land bekannt ist, ist unter anderem ein Verdienst der Journalistin Lidia Pavlova. In der Lokalzeitung „Struma“ schreibt sie seit über zehn Jahren als einzige über die Machenschaften der zwei Stadtgangster Plamen Galev und Angel Hristov, auch „Galevi-Brüder“ genannt. Die zwei ehemaligen Polizisten hatten in Dupniza durch ein System von Bestechung und Einschüchterung feudalherrschaftliche Strukturen errichtet, um auf diese Weise ihre krummen Geschäfte zu drehen.

Die 40-jährige allein erziehende Mutter zweier Söhne hat unzählige dieser Gaunereien aufgedeckt, zum Beispiel Bestechungspraktiken im Gemeinderat oder bei Gemeindeimmobilien, die günstig an befreundete Investoren abgegeben werden. „Und das ohne Ausschreibungen“, zischt Pavlova. „Der gesamte Gemeindebesitz wird einfach verscherbelt. Ein abgekartetes Spiel.“

Die Feinde, die sie sich durch ihre Arbeit gemacht hat, haben oft versucht, ihre Entlassung zu erwirken. „Im Rathaus haben sie sogar die Pressekonferenzen abgeschafft, damit ich nicht auftauche“, sagt die zarte Frau und lacht über ihre eigene Renitenz. Doch hat sie auch die Einschüchterungsmethoden der „Galevi-Brüder“ am eigenen Leib erfahren müssen. Ihr Sohn wurde von den Bodyguards der Galevs verprügelt, weder Polizei noch Ärzte waren bereit, zu helfen.

Lidia Pavlova kennt unzählige weitere Fälle von Einschüchterung. Menschen, die bei ihr in der Redaktion anrufen und ihr von Prügel und Bedrohungen erzählen. Von Leuten, die Anzeigen wieder zurückziehen aus Angst oder weil sie ein bisschen Geld bekommen haben. Doch Lidia Pavlova scheint gegen Angst immun zu sein. „Ich kann mich ganz auf die Unterstützung meiner Redaktion verlassen. Das gibt mir Kraft.“

Lidia Pavlovas Hartnäckigkeit hat sich geloht: Die Journalistin wurde im letzten Jahr mit dem Courage-Preis der WAZ-Mediengruppe und des Internationalen Journalisten-Verbandes ausgezeichnet. Die Galevi-Brüder sind mittlerweile aufgrund von Pavlovas Recherchen wegen betrügerischer Erpressung angeklagt. Doch ist noch unklar, ob sie verurteilt werden: Zeugen haben Angst vor Aussagen. Einige von Galevis Schlägern laufen noch immer frei herum.

Simone Böcker (36),

berichtet als freie Journalistin aus Bulgarien und ist Mitglied beim Netzwerk für Osteuropaberichterstattung n-ost.

Erschienen in Ausgabe 04+05/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 7 bis 7. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.