Schluss mit den Pöbeleien?

Vier Wochen lang waren Kommentare willkommen. Jetzt wird intern weiterdiskutiert. Mitte April hatte der Deutsche Rat für Public Relations (DPRG) – die Wächterorganisation der Deutschen Public Relations Agenturen (GPRA), vergleichbar dem Presserat – den ersten Entwurf für eine neue Richtlinie zum Umgang mit Online PR ins Netz gestellt. Eine Premiere. Denn zum ersten Mal ließ der DRPR noch im Entstehungsprozess seine Mitglieder und Interessenten öffentlich über einen Entwurf diskutieren. Das Ziel: Es soll Klarheit für die Spruchpraxis des Rates geschaffen und gleichzeitig für die beiden Uransprüche des DRPR, Absenderklarheit und Transparenz, geworben werden.

Jetzt geht die Richtlinie wieder zurück in den Rat und wird an wichtigen Stellen nachgebessert, aber auch dieser Prozess soll später offengelegt werden.

GPRA-Präsident Alexander Güttler, Autor der Richtlinie und Mitglied des Rats, zeigt sich zufrieden mit dem Auftakt: 4400 Seitenaufrufe, 32 Kommentare. Immerhin, die Kollegen haben es zur Kenntnis genommen. Es wurde gelobt, aber auch mit kritischen Anmerkungen nicht gespart.

Zum Beispiel so: „Netter Versuch, aber weil die Richtlinien zentrale Fragen auslassen, (noch) nicht zielführend“, „(es) fehlen elementare Definitionen des Regelungsgegenstandes und des Adressaten. Die meines Erachtens zentrale Aussage steckt … etwas unauffällig im letzten Satz des zweiten Absatzes: „Es kommt darauf an, ob ein Mensch in seinem professionellen Kontext oder rein privat taetig ist.“, „Lediglich in Punkt IV.3 heißt es „Agenturen und Freelancer, die mit verdeckter Web-PR werben, werden öffentlich abgemahnt bzw. gerügt“. Bedeutet das im Umkehrschluss, dass bei allen anderen Verfehlungen keine Abmahnung oder Rüge erfolgt?“

An zwei Punkten vor allem entzündete sich die Debatte. Zum einem am Umgang mit dem Problem, „dass das Web vielfältige Ansatzpunkte für kommerzielle Einflussnahme bietet – und dieses umso mehr, da die im Web mögliche Anonymität leicht kommerziell missbraucht werden kann“, wie es in der Präambel des Entwurfs heißt. „Beispiele sind bestellte und bezahlte Kommentare, die vermeintlich als persönliche Meinung – ohne ihre wirkliche Herkunft und Motivation deutlich zu machen – bei etablierten Online-Medien oder auch in Blogs geschrieben werden.“

Nachbesserungsbedarf sehen die Kommentatoren beispielsweise in einer genaueren Definition der Begriffe (Journalist, Gatekeeper, User), aber auch in der Frage, wie die Einhaltung der Regeln überwacht werden soll: Müssen nur Unternehmen Grundsätze veröffentlichen und sich den Richtlinien beugen oder auch Organisationen und NGOs, Vereine und Behörden?

Absendertransparenz stand als zweites Thema im Fokus. Oder, wie ein Kommentator schreibt: „Die Pöpeleien im Internet rufen nach einem Ende der Anonymität und Verstellung – auf allen Seiten!“ Darüber freut sich Güttler besonders: „Das hätte ich mich ja kaum gewagt zu schreiben: Vor vier Jahren haben alle über unsere Forderung nach Klarnamen gelacht, heute scheint das immer mehr Commonsense zu sein.“

Und schließlich die Frage wie verdeckte Web-PR geahndet werden kann? Güttler sieht Konkretisierungbedarf dergestalt, dass man noch mal erklärt, wie der DRPR das macht: Der DRPR rügt oder mahnt Fehlverhalten – zumeist Verstöße gegen Transparenz oder Absenderklarheit – nach bestehenden Codizes wie dem Code d’Athène oder Code de Lisbonne.

Tun Abmahnungen der DPRG aber den Betroffenen überhaupt weh? Güttler meint schon: Die Zeiten des PR-Rats als „zahnloser Tiger“ seien vorbei. Nun ja, hier ist der Wunsch wohl Vater des Gedankens. Güttler macht seine Feststellung auch daran fest, dass es mittlerweile „schon Vorwürfe von zu viel Macht und Anmaßung“ gebe: „Das zeigt doch, das Kunden und Agenturen auf solche Mahnungen reagieren“. Schließlich habe es Folgen auch für die Karriere einzelner, wenn man da gemahnt wird.

Vorausgesetzt, die Medien, alte wie neue, greifen das auf. Dann sei Druck möglich, mehr aber auch nicht. Die Abmahnungen werden auf der Homepage veröffentlicht, in der Regel auch über Pressemitteilungen verbreitet.

Auf einen Zeithorizont für die Nacharbeiten an der neuen Online-Richtlinie will sich Güttler nicht festlegen, da die Mitglieder des DRPR ja alle ehrenamtlich tätig seien. Aber, soviel verspricht er: Es werde „auf jeden Fall zeitnah“ geschehen, um denjenigen, die sich in der Sache und den Kommentaren engagiert haben, zu signalisieren, dass etwas passiert. Güttler: „Auf jeden Fall soll das deutlich schneller gehen als bei der Ausformulierung der Richtlinie“. Wir sind gespannt.

Link:tipp

Der Entwurf der 7. DRPR-Richtlinie:

http://drpr-onlinerichtlinie.posterous.com/

Erschienen in Ausgabe 06/2010 in der Rubrik „Praxis“ auf Seite 75 bis 75 Autor/en: Katy Walther. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.