Crash-Kurs in Sachen Audio-Slideshow

Zwei Onlinestudentinnen kooperierten mit dem Hessischen Rundfunk. Das Ergebnis: Das bemerkenswerte Webdossier „Kreative von nebenan“. Das Interview mit den beiden Macherinnen Corinna Klingler und Sandra Breuning (aus unserer Serie „Junge Werkstatt“ (VIII), siehe auch mediummagazin 9-2012, Seite 7)

Ihr habt in Darmstadt studiert – weshalb Frankfurter Kreative?
Corinna Klingler: Da wir am Dieburger Standort der Hochschule Darmstadt studieren, war ein Bezug zu Darmstadt für uns ohnehin nicht gegeben, gerade auch, weil wir beide dort nicht wohnen. Zu Frankfurt sind wir durch unsere thematische Eingrenzung auf „Kreative” bzw. Künstler im weitesten Sinne gekommen: Frankfurt ist eine bedeutende Großstadt, trotzdem stehen Themen wie Kreativität und das kulturelle Leben in anderen Großstädten, wie etwa Berlin und München, viel mehr im Vordergrund. Hinzu kommt,

Sandra Breunig (links) und Corinna Klingler
Sandra Breunig (links) und Corinna Klingler

dass allein das Frankfurter Stadtbild stark von Banken und Wolkenkratzern dominiert wird. Wir fanden es spannend, das in den Vordergrund zu rücken, was diesem eher kalten, rationalen Bild entgegensteht: Das kreative Potenzial der Stadt.

Wie kam es zu der Kooperation?
Sandra Breunig: Uns war im Vorfeld des Projektes bereits klar, dass wir die Produktion nicht allein stemmen können, weil dafür nicht genug Zeit blieb, denn wir standen vor der großen Aufgabe, innerhalb von drei Monaten das gesamte Konzept zu erstellen, die Protagonisten zu finden, die Clips zur drehen und zu scheiden und die Webseite zu gestalten. Außerdem wollten wir das Projekt bei einem größeren Publikum bekannt machen. Wir haben verschiedene Medienhäuser angeschrieben, das Projekt vorgestellt und waren überrascht, dass von mehreren Seiten Interesse bekundet wurde. Letztlich haben wir uns dann für den HR als Kooperationspartner entschieden, weil uns dort nicht nur ein Betreuer, sondern auch eine Grafikerin und ein Programmierer zur Seite gestellt wurden. Außerdem fanden wir es spannend das Dossier bei einem Medienhaus unterzubringen, das mit diesem Format bisher wenig experimentiert hat.

Das webdossier "Kreative von nebenan" auf hr-online
Das webdossier „Kreative von nebenan“ auf hr-online

Wie würdet Ihr das Genre bezeichnen?
Corinna Klingler: Für die Kombination von Audio-Slideshow und Video hat sich unseres Wissens noch kein offizieller Begriff in Deutschland etabliert. Audio-Video-Slideshow und Fotofilm (Berlinfolgen nutzt letzteren Ausdruck) sind Begriffe, die verwendet werden. Letztlich ist es aber eine Abwandlung der Audio-Slideshow und kann sicherlich auch als solche bezeichnet werden.

Wie seid Ihr in Planung und Umsetzung der Geschichten vorgegangen?
Sandra Breunig: Zunächst haben wir viel recherchiert. Schließlich mussten wir Protagonisten finden, deren Arbeit und Leben interessant ist und die eine besondere Geschichte zu erzählen haben, was gar nicht so einfach war, weil es über viele der Porträtierten keine oder nur wenige Informationen gab. Dabei war es uns wichtig, mehr über die Person zu erfahren, als das, was die reine Biografie hergab. So haben wir etwa bei Frank Demant vor den Treffen zwei seiner Bücher gelesen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie er das Leben sieht und welche Persönlichkeit dahinter steht. Nachdem wir die Interviews geführt haben, versuchten wir zum Gesagten geeignete Bilder zu finden, die die Erzählung abrunden und ergänzen. Wir haben immer versucht, so viel Zeit wie möglich mit den Kreativen zu verbringen, sie in Interaktion mit Kollegen oder Fans zu sehen, um ein möglichst authentisches Bild der Person erstellen zu können. Die größte Herausforderung lag zuletzt darin, aus einer großen Menge an Audio-, Film- und Fotomaterial das herauszusuchen und sinnvoll zusammenzustellen, was die Person und ihre Arbeit am besten beschreibt.

Was war euer größtes Problem bei dem Projekt?
Corinna Klingler: Für uns war die Kombination aus Audio-Slideshow und Video vollkommen neu, im Studium haben wir lediglich einige Grundlagen für die normale Audio-Slideshow, bestehend aus Foto und Ton, gelernt. Es war also ein Format, in das wir uns vollkommen neu einfinden und das wir erst erschließen mussten, gerade, weil es in Deutschland bislang wenige Erfahrungswerte zu dieser besonderen Form der Audio-Slideshow gibt. Ich glaube, das größte Problem für uns war, dass wir nicht alle Aussagen der Protagonisten nutzen konnte, auch wenn sie noch so spannend waren, wenn sie sich nicht bebildern ließen. Das ist eine harte Beschränkung des Formats, aber wenn der Ton nicht zum Bild passt, wirken die Bilder nicht.

Auf der Seite stehen 9 Geschichten alle professionell umgesetzt. Kein Rauschen in den aufnahmen, alles top. Gab es auch Interviews, die diesen Qualitätsansprüchen geopfert wurden?
Sandra Breunig: Natürlich gibt es Clips, die uns schlechter oder besser gelungen sind. Am Anfang haben wir etwa ein für Interviews eher ungeeignetes Audio-Aufnahmegerät verwendet, so dass die Qualität der Tonspur bei einigen Porträts nicht optimal ist. Aber wegen dieser kleinen Mängel ist kein Beitrag aus der Reihe rausgeflogen. Bei dieser Art der Audio-Slideshow ist die Persönlichkeit, Stimme und Sprache des Protagonisten enorm wichtig, und das beeinflusst letztlich auch die Wirkung der Videos. Wir fanden, dass jeder Kreative etwas ganz Besonders an sich hatte, so dass letztlich auch alle Beiträge, die wir produziert haben, veröffentlicht wurden.

Welche Rolle haben die HR-Leute gespielt?
Sandra Breunig: Unser Betreuer beim HR hat uns immer beratend zur Seite gestanden, hat uns Tipps gegeben, wie wir die Clips verbessern können und hat sich darum gekümmert, dass die Programmierung der Seite vorankam. Bei ihm liefen letztlich alle Fäden zusammen. Für das Layout des Web-Dossiers haben wir Vorschläge erarbeitet, die dann die Grafikerin umsetzte und mit ihren eigenen Ideen ergänzte. Das Feedback unseres Betreuers und unsere Erfahrungen bei den Drehs haben uns für die Herausforderungen des Formats sensibilisiert, so dass wir im Laufe des Projektes ein immer besseres Gefühl dafür bekamen, wie wir gutes Audio- und Bildmaterial bekommen. Das Web-Dossier war für uns ein Crash-Kurs in Sachen Audio-Slideshow und ich denke, dass man den Clips auch ansehen kann, welcher eher zu Beginn und welcher am Ende des Projektes entstanden ist.

Jetzt sind euch die Volostellen sicher, oder (-; – Wie geht’s jetzt weiter bei euch und mit dem Projekt?
Corinna Klingler: Die multimediale Arbeit hat uns wirklich begeistert und durch das Projekt konnten wir sehr viel dazu lernen und beeindruckende Menschen kennenlernen. Kein Wunder, wenn wir „Kreative von nebenan” jetzt mit Wehmut abschließen. Auch wenn die Audio-Video-Slideshow eher ein Nischenprodukt ist, würden wir uns gern in dem Bereich weiter ausprobieren. Wir haben schon eine Idee für eine etwas längere Reportage, aber an der werden wir noch ein wenig tüfteln.

Das Projekt bei hr-online.de ist mit den neun Clips abgeschlossen. Es war von Anfang an nicht geplant, die Reihe fortzuführen. Auch wenn wir uns sicher sind, dass es noch viele spannende Kreative in Frankfurt gibt.

Interview: Thomas Strothjohann