Geköpft und erhängt

Journalisten in Mexiko, die sich den Drogenkartellen entgegenstellen und über Gewalttaten berichten, schweben automatisch in Lebensgefahr. In den vergangenen Monaten wurden wieder Kollegen ermordet.

von Carl Wilhelm Macke, JHJ

Der Verein „Journalisten helfen Journalisten“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kolleginnen und Kollegen in Krisenregionen zu helfen. Tag für Tag erhält man da Mails, in denen fast ausschließlich über die dunklen Seiten des Journalismus berichtet wird. Mit den Jahren – JhJ existiert seit 1993 – hat man da schon viele schockierende Nachrichten erhalten, aus dem Iran, aus Afghanistan, aus Somalia, aus Russland, aus Peru.

Manchmal aber erfährt man von Verbrechen gegenüber Journalisten, die einem wirklich den Atem stocken lassen: „Am Samstag, den 24. September wurde die 39-jährige Mexikanerin, María Elisabeth Macías Castro, ermordet aufgefunden. Ihr Kopf habe neben der Leiche gelegen. Für die User des Portals “Nuevo Laredo en Vivo” war sie “La Nena de Laredo” – “das Mädchen aus Laredo”.

Die NutzerInnen sozialer Netzwerke kannten sie auch als “Laredo Girl”. Macías Castro war in ihrem Hauptberuf Chefredakteurin der Tageszeitung „Primera Hora“, in der, so weit es noch möglich ist, viele Recherchen über den „Drogenkrieg“ in den nördlichen Regionen Mexikos erscheinen. Aber jeder Journalist, der über diesen Krieg, über die Kartelle und über korrupte Polizeibeamte schreibt, lebt gefährlich, extrem gefährlich. Macías Castro wusste das alles natürlich, aber sie ließ nicht locker. Und was sie in ihrer Zeitung nicht veröffentlichen konnte oder wollte, vertraute sie dann der Twitter-Plattform “Nuevo Laredo en Vivo” an. Hier kann man sich über die neuesten Massaker im Drogenkrieg, über gefährliche Orte und unsichere Straßen informieren. Aber auch diese sozialen Netzwerke werden zunehmend von der Gewalt der Kartelle, aber auch ihrer Gegner, der staatlichen Polizei bedroht.

Zwei Wochen vor der Ermordung von María Elisabeth Macías Castro mussten in der Stadt ein Mann und eine Frau sterben, weil sie soziale Netzwerke genutzt hatten, um über die Organisierte Kriminalität zu informieren. Sie wurden erhängt an einer Brücke gefunden.

Bei uns erfährt man relativ wenig über diese Gewaltexzesse gegen Journalisten und Blogger. Bei Organisationen wie den ‚Reportern ohne Grenzen’ oder JhJ gehen fast täglich Nachrichten von der immer weiter zunehmenden Gewalt gegenüber Journalisten in fast allen Staaten Mittelamerikas ein. Auch wenn sie nicht immer so erschreckend sind, wie die von der enthaupteten Mexikanerin María Elisabeth Macías Castro.

Daß sich aber auch immer mehr Journalistinnen und Journalisten gemeinsam gegen diese Bedrohungen ihrer Arbeit zur Wehr setzen, ist auch ein kleines Hoffnungslicht in einer für die freie Berichterstattung trostlos dunklen Region. Für sie ist „das Schweigen ist das schlimmste Verbrechen“ , wie es jüngst auf einer Trauerkundgebung für ermordete Journalistinnen hieß.

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