„Hallo, wie geht’s Herr Klusmann“ – Teil 3

Als Sprecher des neuen Chefredakteursgremiums der Gruner und Jahr-Wirtschaftspresse hat Steffen Klusmann in den vergangenen drei Monaten nicht nur Freunde gewinnen können. Dutzende Kollegen aus den alten Redaktionen von „Capital“, „Impulse“ und „Börse Online“ sehen in dem 43–Jährigen den personifizierten Spar–Stil von Gruner + Jahr. Gegenwind blies Klusmann aber auch aus Düsseldorf ins Gesicht. „Handelsblatt“–Chefredakteur Bernd Ziesemer fand für die G+J–Einheitsredaktion Ende März das Bild einer Fischsuppe, aus der man versuche, wieder ein Aquarium zu machen (s.a. „10 zornige Thesen“).

Darauf angesprochen, zeigt Klusmann moderates Verständnis: „Unser Modell hat viele genervt, weil zu befürchten ist, dass es für andere Verlage zum, role model‘ werden könnte“. Wenn die Hamburger es mit weniger Leuten hinbekommen, warum dann nicht auch wir – so wird wohl auf den Verlagsfluren in Düsseldorf, München und anderswo diskutiert worden sein. Aber: „Wir taugen nicht als Vorbild für ‚Handelsblatt‘ und ‚Wiwo‘“, sagt Klusmann selbst, dem der Streit offensichtlich unangenehm war. „Die beiden Titel liegen vom Erscheinungsrhythmus viel näher beieinander als „FTD“ und etwa „Capital“. Und sie haben fast identische Rubriken.“

Dennoch wird Synergie–Apologeten in den Medienhäusern beeindruckt haben, dass die Hefte aus Klusmanns Team gut ankommen, sich jedenfalls nicht schlechter als vorher verkaufen. „Damit ist für mich der Beweis erbracht: Unser Modell funktioniert“, sagt Klusmann. „Und wenn es im Wirtschaftsjournalismus funktioniert, einer eher komplizierten Disziplin, dann könnte es natürlich auch anderswo funktionieren.“

So wie bei „Impulse“ zum Beispiel? Nur noch sieben Redakteure arbeiten fest für das Monatsmagazin. „Die planen und bauen das Blatt, mindestens die Hälfte der Texte kommt von freien Autoren“, sagt Klusmann und beschreibt damit im Kern das Modell von „Brand eins“. Damit liegt er auf der Argumentationslinie seines Vorstandsvorsitzenden Bernd Buchholz, der beim diesjährigen Jahrestreffen von Netzwerk Recherche solch schlanke Angebote mit kleiner Redaktion und festem Stamm von Freien anpries.

Was sind also Fähigkeiten, die einen Journalisten zukunftsfähig machen? „Er muss heute vor allem flexibel und breit einsetzbar sein“, sagt Steffen Klusmann. „Bei knappen Budgets kommt man mit sehr spezialisierten Fachleuten, die dann auch noch am liebsten ihren Vorgarten hüten, nicht mehr weit.“ Gute Chancen in der Großredaktion bei Gruner und Jahr räumt Klusmann Kollegen ein, die mehrseitige und rechercheintensive Magazinartikel schreiben, aber auch Nachrichten formulieren können. „Print definiert sich mehr denn je über gutes journalistisches Handwerk. Die nackte Info holt man sich heute elektronisch.“ Doch gerade dort, bei den Internetauftritten von „Capital“, „Börse Online“ und „Impulse“ aber muss Klusmann einen Rückstand einräumen. „Wir haben uns jetzt erst mal auf Print konzentriert, setzen dann in den nächsten drei Monaten den großen Relaunch von ftd.de um und werden dann nach und nach die Online–Auftritte der Magazine in Angriff nehmen“, sagt er. „Wenn man wenig Ressourcen hat, muss man sich erst mal auf eine Aufgabe konzentrieren.“

Info: in der Rubrik PROJEKT beobachtet und hinterfragt mediummagazin regelmäßig die Entwicklung in der neuen Groß–Wirtschaftredaktion von G+J seit ihrem Start im März.

Erschienen in Ausgabe 07+08/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 10 bis 10. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.