„Hallo, wie geht’s, Herr Klusmann?“ – Teil 6

Nein, er liest das alles nicht mehr, weder die „Business Punk“-Verrisse noch die schlecht gelaunten Medien-Seiten, auf denen über Zusammenlegungen und Einsparungen bei Gruner+Jahr genörgelt wird. „Für so was habe ich echt keine Zeit mehr“, sagt Steffen Klusmann, Chefredakteur der G+J-Wirtschaftsmedien („FTD“, „Capital“, „Impulse“, „Börse online“). Sein Jahr 2009 sei so schon stressig genug gewesen: Redaktionen zusammenlegen, Arbeitsabläufe neu planen, Ressortleiter aneinander gewöhnen, Leitungsrunden moderieren, mit Tageszeitungsleuten Magazine bestücken, neue Titel ausprobieren, den Betrieb am Laufen halten – das kostet Zeit und Kraft.

Vor allem bei der Personalstärke sieht Klusmann Handlungsbedarf: „250 Leute für vier Titel, da darf niemand ausfallen.“ Einmal sei es fast schiefgegangen in den vergangenen Monaten: Eine Ausgabe von „Capital“ sei beinahe nicht rechtzeitig fertig geworden, einfach weil die Textchefin in der Hauptproduktionsphase ein paar Tage krank war. Die „Bugs“, die Fehler im System, will er im kommenden Jahr beseitigen. Kritisch sieht er auch seine eigene Doppelbelastung als Chef der Zentralredaktion und als Macher von „Capital“. Während andere große Magazine wie „Stern“ und „Spiegel“ von einer Doppelspitze geführt werden, leite er „Capital“ quasi mit einer halben Stelle. „Das kann kein Dauerzustand sein, die Belastung ist zu hoch.“ Zu oft sei er nicht ansprechbar bei Fragen, „das nervt natürlich einige Kollegen“.

Auch innerhalb der Redaktion müsse an der einen oder anderen Stelle noch einmal „durchrotiert“ werden, denn: „Nicht jeder gute Journalist ist auch immer gleich ein guter Magaziner.“ Ein paar neue Leute mit Magazin-Erfahrung sollen im kommenden Jahr wohl noch an Bord kommen.

Dass die Auflage einiger Titel gesunken ist („Capital“ verlor 15 Prozent im dritten Quartal), führt er nicht auf die Qualität zurück. In Krisen-Zeiten schmelzen die Verlage gezielt Auflage ab, die zwar Reichweite bringt, betriebswirtschaftlich aber wenig sinnvoll ist – was Klusmann sogar begrüßt. „Wenn alle ihre Auflagen bereinigen, ist das durchaus gesund.“

Insgesamt aber findet er, dass es ganz gut geklappt hat mit dem Umbau. Nach einem Jahr organisatorischer Arbeit will er sich jetzt wieder aufs Inhaltliche konzentrieren – und gibt ein klares Ziel aus: mehr Scoops, mehr Exklusivität. Ohne ihn funktioniert das nicht? „Große Organisationen muss man antreiben“, sagt er, „die ruhen sonst schnell in sich selbst.“

Wie es mit dem „Herrenmagazin“ („taz“) „Business Punk“ weitergeht, ist noch nicht entschieden. Mit den Verkäufen sei er zufrieden, sagt Klusmann, und vor allem mit der Rückmeldung durch die Leser. Er spricht von „unzähligen begeisterten Mails“. Dass ein Heft mit Geschichten wie „Sexy Sekretärin – Die Versuchung im Vorzimmer“ polarisiert, sei klar. „Sonst hätten wir was falsch gemacht.“ Vielleicht seien manche Seiten noch zu kleinteilig, aber das Konzept von „Business Punk“ funktioniere. Sollte sich der Verlag dafür entscheiden, das Heft 2010 vier bis sechs Mal an den Kiosk zu bringen, was bis Redaktionsschluss noch offen war, soll es ein eigenes Redaktionsteam geben, allerdings ein schlankes. Die Verrisse wird Klusmann auch dann nicht lesen. otr

* In der Rubrik PROJEKT beobachtet und hinterfragt „medium magazin“ regelmäßig die Entwicklung in der neuen Groß-Wirtschaftredaktion von G+J seit ihrem Start im März.

Erschienen in Ausgabe 12/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 12 bis 12. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.