Chefredakteure regional 2014: die Laudatio

Joachim Widmann, Geschäftsführer der Berliner Journalistenschule (BJS), laudatiert den regionalen Chefredakteuren des Jahres 2014 – Stephan-Andreas Casdorff und Lorenz Maroldt vom „Tagesspiegel“ sowie Michael Bröcker von der „Rheinischen Post“ und Uwe Vetterick von der „Sächsischen Zeitung“:

Joachim Widmann

Eingestellte Titel, Zombie-Zeitungen: 2014 war im Lokal- und Regionaljournalismus kein gutes Jahr. Vielleicht sollten wir künftig auch Verleger auszeichnen: Solche, die Redaktionen genug Raum und Mittel für Experimente und guten Journalismus geben. Dann ist, wie sich zeigt, unser Geschäft oft auch ein gutes Geschäft. Dafür mag niemand das Rezept kennen. Aber es gibt andere Rezepte, als immer nur Kosten zu senken.
Ein Rezept kann sein, das Naheliegende zu tun. Uwe Vetterick, dritter Sieger bei der Wahl zum Regional-Chefredakteur des Jahres, hat sich mit der „Sächsischen Zeitung“ mitten in deren Kernpublikum begeben und den „Familienkompass“ erhoben. Rund 10 000 Familien haben die Fragen der „SZ“ zur Lebensqualität in Ostsachsen beantwortet, und viele Missstände wurden inzwischen behoben. Das brachte der „SZ“ den Lokaljournalismuspreis 2014 ein und hat ihrem Chefredakteur bestimmt geholfen, als er den „Lügenpresse“-Rufern in seiner Stadt die Stirn bot.
Die „Rheinische Post“ hat sich mit beharrlich gutem Journalismus in eine Spitzenposition gebracht. Online wirkt sie weit über ihr Verbreitungsgebiet hinaus, und im Verdrängungswettbewerb der Lokalblätter ist sie die Gewinnerin. Vor einigen Monaten hat die „RP“ die Trennung zwischen Print und Online aufgegeben. Als Manager dieses Wandels auf Platz 2 der Chefredakteure des Jahres im Regionalen: Michael Bröcker, seit Frühjahr 2014 an der Spitze der „Rheinischen Post“.

Widmann, Maroldt, Casdorff, Bröcker, Vetterick (von links)

Der „Tagesspiegel“, einst als „alte Tante“ bespöttelt, behauptet sich auf dem schwierigen Berliner Markt mit dem Rezept: Gewinne ein Publikum da, wo du es findest. Berlin hat keine echte Print-Lokalzeitung – der „Tagesspiegel“ geht mit Blogs hinunter auf Bezirksebene, ja widmet sich einzelnen Straßenzügen wie dem Kurfürstendamm. Er bremst den Schwund der ohnehin stabilsten Printauflage unter den Berliner Abo-Regionalzeitungen mit neuen Produkten wie der Premium-Lokalbeilage „Mehr Berlin“ und der Hauptstadt-Beilage „Agenda“. Er betreut online den Jungautoren-Pool „Schreiberlinge“ und führt auf Facebook muntere Debatten. Nicht zuletzt steigt Co-Chefredakteur Lorenz Maroldt täglich früh am Morgen selbst in die Bütt für seinen „Checkpoint“-Newsletter.
Es wäre kurz gegriffen, den „Tagesspiegel“ Berlins reichweitenstärkste Abo-Zeitung zu nennen – er ist zur plattformübergreifenden Medienmarke geworden, wie sich das Optimisten in der Frühzeit des Internets als Zukunft der klassischen Medien erträumt hatten.
Nach elf Jahren an der Spitze des „Tagesspiegels“ sind sie die Chefredakteure des Jahres in der Kategorie Regionales: Stephan-Andreas Casdorff und Lorenz Maroldt.

Hier geht es zur Laudatio auf die Gewinner der Kategorie Politik.

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