07 – Kategorie Sport

1  Ronny Blaschke, freier Journalist

Die Begründung der Jury: „… für seinen „ZEIT“-Beitrag über die Nazi-Unterwanderung des Fußballvereins Lokomotive Leipzig: „Angriff von rechts außen“ (3.9.2009) – mit dem er eindrucksvoll den Blick auf Tabuthemen im Profisport lenkte – mit außerordentlichem Mut und beharrlicher Recherche.“

Die Laudatio (O-Ton) auf die ersten drei Preisträger am 14.0.2010 von Jury-Mitglied Jens Weinreich, freier Journalist und „Journalist des Jahres 2008″ in der Kategorie Sport:[audio:“http://www.mediummagazin.de/wp-content/uploads/18-Jens-Weinreich-Laudatio-Sport.mp3“]

„Platz drei in der Kategorie Sport geht an Thomas Kistner, der heute Abend nicht hier sein kann. Ein Unparteiischer bin ich sicher nicht, weil ich mit ihm mehrere Bücher veröffentlicht habe. Was Kistner schreibt und woran er arbeitet, ist kein Mainstream – es ist auch kein Sport. Kistner ist politischer Journalist, er würde seinen Job in jedem anderen Ressort genau so machen. Er befasst sich, wie es in der Begründung der Jury heißt, „mit den unschönen Abgründen“ des Sportbusiness.
Kistner, Sportjournalist des Jahres 2006, beschreibt diese Abgründe seit fast zwei Jahrzehnten in der Süddeutschen Zeitung auf hohem Niveau. Damit macht er sich nicht nur Freunde, damit prägt er allerdings schon mehrere Generationen von Nachwuchsjournalisten. Diese Ausdauer in der Recherche darf man durchaus als sportliche Leistung bezeichnen.

Hochleistungssport betreibt auf seine Weise auch Andreas Burkert, ebenfalls in der SZ. Er kommt auf Rang zwei. Die Jury bezeichnet sein Interview mit dem Fußball-Nationalspieler Phillip Lahm als „Sternstunde des Sportjournalismus“. Lahm hat das eine Geldstrafe eingebracht, die sich in der Höhe des durchschnittlichen Jahresgehalts eines Tageszeitungsredakteurs bewegt.
Fairerweise muss man sagen, dass Andreas Burkert das Interview gemeinsam mit Christof Kneer geführt hat. Fairerweise muss man auch sagen, dass Burkert mehr macht, als gelegentlich fulminante Interviews zu führen. Seine Qualitäten beweist er immer wieder in der Berichterstattung über den Profiradsport, Doping und die Tour de France.

Ähnlich wie Kistner und Burkert hat sich auch Ronny Blaschke spezialisiert. Zu seinen Kernthemen gehören Gewalt, Rassismus und Homophobie im Fußball – auf dem Spielfeld und auf den Rängen. Dazu hat er zwei Bücher vorgelegt. Als freier Journalist schreibt Ronny Blaschke u. a. für die Berliner Zeitung, die Süddeutsche und nun auch für Die Zeit, wo er im September ein Dossier über die Unterwanderung des Leipziger Fußballs durch Nazis veröffentlichte.
Das war, wie er selbst sagt, eine schwere Geburt (Schmerzen müssen sein im Journalismus). Zumal: Als Freier muss man in Vorleistung gehen. Man investiert einige Wochen Arbeit – und einiges Geld. Fast immer ohne zu wissen, was dabei rauskommt und ob der Aufwand einigermaßen adäquat belohnt wird. Für Freie an Tageszeitungen ist das meist nicht der Fall, das erlaube ich mir aus aktuellem Anlass, den neuen Vergütungsregeln, zu sagen.
Ronny Blaschke nimmt diese Herausforderung an. Im Zweifel entscheidet er sich meist für den schwereren Weg – gegen den Mainstream und das etwas leichter verdiente Geld. Im Übrigen macht er sich für die Zukunft fit, indem er im vergangenen Jahr zwei lange Praktika absolviert hat. Eines im Deutschlandradio, zuletzt noch zwei Monate beim WDR. Ich hoffe, er nimmt es mir nicht übel, dass ich das erzähle: Der Sportjournalist des Jahres erarbeitet sich als Praktikant professionelle Medienkompetenz.
Das finde ich wirklich bemerkenswert. Es sagt eine Menge über Ronny Blaschke, den ich nun gemeinsam mit Andreas Burkert nach vorn bitten darf.“

Replik von Ronny Blaschke, Sportjournalist des Jahres 2009:
[audio:http://www.mediummagazin.de/wp-content/uploads/19-Replik-Ronny-Blaschke.mp3]

2  Andreas Burkert, Sportredakteur „Süddeutsche Zeitung“:

„… weil er in der Bundesliga nicht nur beim FC Bayern so gut verdrahtet ist wie kaum ein Zweiter – was ihn in die Lage versetzt, dem Menschen hinter dem Profisportler besonders nahe zu kommen. Sein Interview mit Philipp Lahm war eine Sternstunde des Sportjournalismus und schlug bekanntlich hohe Wellen im Bayern-Kosmos. Burkert macht Sport zur Story.“

3  Thomas Kistner, Sportredakteur „Süddeutsche Zeitung“:

„… für seine kontinuierlich kritische und gute Sportberichterstattung, die längst nicht bei Spielberichten und Bundesliga-Tratsch haltmacht, sondern sich auch mit den unschönen Abgründen des Sports befasst – was im abgelaufenen Jahr der Wettskandale und Manipulationen wieder einmal bitter nötig war.“

4  Christoph Biermann, freier Journalist („Spiegel Online, „11 Freunde“):

„… weil er über die Professionalisierung des Fußballs schreibt, ohne seine Begeisterung zu verlieren – was man nicht zuletzt in seiner pointierten, feinen, genialen Kolumne in „11 Freunde „immer wieder bewundern kann.“

5  Mehmet Scholl, Kommentator ARD:

„…weil er mit Witz, Ironie und einem angenehm unjournalistischen Zugang so manchen altgedienten Sportreporter alt und bräsig aussehen lässt.“

6  Herbert Fischer-Solms, Deutschlandfunk:

„… weil seine Sendungen selbst für Sportmuffel spannend und hörenswert sind. Er gehörte 2009 nicht zu denen, die Themen wie Doping oder Spielmanipulationen verschämt unter den Tisch fallen ließen.“

7  Roland Zorn, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“:

„… für seine allzeit faire und fundierte Berichterstattung über die Bundesliga und sportpolitische Themen.“

8  Arnd Zeigler, „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“, WDR:

„… für das von ihm ersonnene außergewöhnliche Multimedia-Format und seine ironischen Herangehensweise, die seiner Fußballbegeisterung zugleich keinen Abbruch tut und ihm Möglichkeiten wie den ständigen kalauernden Schlagabtausch mit Edeltrainer Jürgen Klopp überhaupt erst ermöglicht.“

9  Lothar Gorris, Jörg Kramer, „Der Spiegel“

„… weil die „Spiegel“-Sportredaktion schon so manchen Skandal aufgedeckt und manche Gewissheit ins Wanken gebracht hat: 2009 setzte sie eine weitere investigative Duftmarke – mit ihrer Berichterstattung über die Korruption im internationalen Handball vom März 2009.“

10  Dirk Gieselmann, „11 Freunde“:

„… stellvertretend für das gesamte Blogger-Team des 11freunde-Livetickers – hintergründig, augenzwinkernd und gern mal gaga. Und für seinen bemerkenswerten Kommentar zum Tod Robert Enkes: Warum manchmal auch ein Reporter schweigen sollte.“

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