Gute Aussichten für Shigeru Takato

Mit 27 Jahren entdeckte der japanische Bauingenieur Shigeru Takato seine Leidenschaft für Fotografie und bewarb sich um einen Studienplatz. Seine Diplomarbeit an der Kunsthochschule für Medien Köln über extraterrestrische Landschaften auf der Erde, wurde von der Jury des unabhängigen Fotografie-Wettbewerbs „Gute Aussichten“ausgezeichnet.

Shigeru Takato

Nach seinem Bachelor in Bauingenieurwesen an der  University of Canterbury in Neuseeland, arbeitete der gebürtige Japaner Shigeru Takato erst einmal auf Baustellen. Er verbrachte den ganzen Tag am Bau und auch nach Feierabend drehte sich alles um den Job, weil er mit Kollegen die Bude teilte. Als junger Bauingenieur musste Takato auch die Fortschritte dokumentieren und was als Handlangerarbeit begann, brachte ihn vom Bau ins Atelier: Nach zwei Jahren als Bauingenieur bewarb sich Takato erfolgreich um einen Studienplatz für Fotografie an der University of Auckland.

Nach einem Bachelor of Fine Arts ging er mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) an die Kunstakademie Düsseldorf. Es gefiel ihm so gut, dass er blieb. Zunächst als Gaststudent in Düsseldorf und später als Student an der Kunsthochschule für Medien Köln (KHMK). 2009 beendete Takato sein Studium mit der Serie „Our Elusive Cosmos“. Die mit dem Förderpreis für Junge Fotografie „Gute Aussichten“ ausgezeichnet wurde. Die Raumfahrt und vor allem Michael Lights Buch mit NASA-Fotos von den Apollo-Missionen hatten seine Arbeit inspiriert:„Ich wollte auch solche Fotos machen, aber das konnte ich natürlich nicht.“ Und so suchte Takato Mondlandschaften auf der Erde.

las minas de San Jose, test site 2 ©Shigeru Takato

Er hatte vom Übungscenter der European Space Agency (ESA) in las Minas de San Jose gehört, ließ sich von der ESA die Koordinaten geben und reiste hin, um die Szenerie zu fotografieren. Das Bild zeigt weder Menschen noch Häuser und auch keinen Gerätetest, aber der Titel „test site 2” setzt beim Betrachter das Gedankenkino in Gang. Die Landschaft wirkt so unwirtlich und fremd, dass man sich durchaus vorstellen kann, dass sie auf einem anderen Planeten fotografiert wurde.

Umgekehrt stellt sich Takato die Frage, ob Menschen überhaupt etwas Außerirdisches sehen können. Seiner Meinung nach suchen wir in einem Bild das Mondkrater zeigt so lange nach bekannten Formen, bis es so aussieht als ob es auf der Erde gemacht worden wäre.

Aktuell widmet sich der 38jährige einem irdischeren Thema: In allen Städten, die er besucht, versucht er Fernsehstudios zu fotografieren. Man könnte meinen, dass diese Studios oft genug im Fernsehen zu sehen sind, als dass man ihnen eine Ausstellung widmen müsste. Andererseits sagen sowohl Einrichtung, als auch Sicherung der Studios viel über Kultur und Situation der Journalisten aus, die dort arbeiten. Wieder hat Takato darauf verzichtet die eigentliche Show zu fotografieren. Die Studios sind menschenleer und doch bieten Sie jede Menge Stoff: An diesen Orten werden politische Entscheidungen Wirklichkeit und Katastrophen bekannt. In Paris  fotografierte Takato das Studio eines Piratensenders namens Zalea TV, in dem der Moderator offenbar auf einem  Bett aus Fichtenfurnier Platz nahm. In Amman scheint der Fernsehsender sein Studio im Klassenzimmer einer Koranschule eingerichtet zu haben. Die meisten Studios sind allerdings im pseudofuturistischen breaking-news-Stil gehalten: Leuchtwände, Monitore, abstrahierte Globen und digitale Uhrzeiten sollen hier den Anschein höchster Aktualität erwecken.

Die Fernsehstudios von (vlnr. Paris (Frankreich), Amman (Jordanien) und Beirut (Libanon). ©Shigeru Takato

Text: Thomas Strothjohann