Lesetipps: Wissenschaftsjournalismus und Infotainment

von Bernd Stößel

1. Schreiblabor: „Wissenschaftsjournalismus“

Cover: Wissenschaftsjournalismus von Jutta von Campenhausen

Fukushima im vergangenen Jahr war eine Offenbarung, findet die Biologin und freie Wissenschaftsjournalistin Jutta von Campenhausen – und zwar aus journalistischen Gründen: Was die große Stunde der Wissenschaftsjournalisten hätte werden müssen, sei vielerorts zum „Auftritt der Alarmisten“ verkommen. Die meisten Redaktionen hätten zwar die Fülle der Neuigkeiten weitergegeben – eine Einordnung der Ereignisse und eine kluge Bewertung habe aber nur in den seltensten Fällen stattgefunden. Die Autorin trifft zu Beginn ihres Buches eine wichtige Unterscheidung: Die beliebteren Formate betrieben nicht Wissenschaftsjournalismus, sondern Wissensjournalismus. Letzterer mache es sich zur Aufgabe, Themen unterhaltsam zu vermitteln. Den Wissenschaftsjournalisten dagegen beschäftige die Frage: „Was ist passiert?“ Erst danach gehe es darum herauszufinden, wie das Ganze dem Leser, Hörer oder Zuschauer am besten nahegebracht werden könne. Auf eine einfache Formel gebracht gelte: „Wissenschaft erklärt die Welt und der Wissenschaftsjournalist erklärt die Wissenschaft“. Eines der elf Kapitel widmet sich der Kunst, mit Wissenschaftlern zu reden. Zum Abschluss des Buchs erfahren umgekehrt Wissenschaftler, wie sie mit Journalisten umgehen sollten.

Jutta von Campenhausen: „Wissenschaftsjournalismus“,
UVK Verlagsgesellschaft 2011, 197 Seiten, 24,99 Euro.

2. Leichte Kost: „Infotainment in der Zeitung“

Cover: Infotainment in der Zeitung von Uli Bernhard

Seit Jahren ist viel die Rede von Infotainment in den Medien, das in der Regel mit einem journalistischen Qualitätsverlust gleichgesetzt wird. Doch wie wirkt Infotainment auf die Rezipienten? Uli Bernhard hat dies für Zeitungen untersucht und möchte zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Infotainment pauschal als wirkungs- und nutzlos zu bezeichnen, werde der Sache nicht gerecht. Es handele sich zumindest um einen angemessenen redaktionellen Versuch, die Stammleserschaft an die Zeitung zu binden. Ein Allheilmittel zur Bekämpfung des Leserschwunds bei den Tageszeitungen sei Infotainment zweifellos nicht. Anders als das Vorurteil gegenüber Unterhaltungsjournalismus, leide die Qualität der Informationen bezüglich Korrektheit und Vollständigkeit jedoch nicht zwangsläufig, wenn ein Beitrag verstärkt auf Unterhaltung setze. Leser sprächen einem Thema bei höherem Infotainmentgrad auch nicht automatisch weniger Bedeutung für die Gesellschaft zu. Im Endeffekt kommt es auf das „Wie“ an: Stilmittel wie Personalisierung oder die Zuspitzung auf Konflikte können, sinnvoll angewandt, wichtige journalistische Werkzeuge sein. Keine Bestätigung fand der Autor übrigens in seiner Befragung für die landläufige Annahme, Infotainment ziehe in besonderem Maße Leser mit niedrigen formalen Bildungsabschlüssen an.

Uli Bernhard: „Infotainment in der Zeitung“, Nomos 2012,
367 Seiten, 34 Euro.