Newcomer-Journalisten 2014: die Laudatio

„Welt“-Medienredakteur Christian Meier laudatiert den Newcomern 2014 – dem Recherchebüro Correctiv mit seinen Gründern David Schraven und Daniel Drepper, der „Buzzfeed Germany“-Chefin Juliane Leopold sowie Georg Dahm und Denis Dilba, die das digitale Wissenschaftsmagazin „Substanz“ gründeten:

Christian Meier

Für Platz 3 setzte die Jury auf ein altes Motto des „Handelsblatt“: „Substanz entscheidet!“ Georg Dahm und Denis Dilba waren Journalisten bei der „FTD“ und bei dem kurzlebigen „New Scientist“. Und dann, nachdem beide Titel eingestellt waren, taten sie etwas, was überraschend wenige Journalisten tun, wenn sie ihren Job verlieren. Sie gründeten etwas – nämlich ein neues digitales Wissenschaftsmagazin. Titel: „Substanz“. Ob es ein Erfolg wird – noch unklar. Ihre Firma hat jedenfalls den schönen Titel „Fail Better Media“ – also: Schöner Scheitern! Die Jury verneigt sich vor dem Gründergeist.

Auf Platz 2: Juliane Leopold. Die Social Media-Expertin hält es auf ihrem Twitterprofil mit der Queen: „Never complain, never explain!“ Ihr aktueller Arbeitgeber Buzzfeed wird immer dann genannt, wenn es a) um Katzen-Content und b) um erfolgreiche neue  journalistische Plattformen geht, die global funktionieren sollen. Buzzfeed ist den etablierten Medien Warnung und Verheißung zugleich. Natürlich müssen „Spiegel“ oder „Süddeutsche“ nicht so werden wie Buzzfeed – doch von redaktioneller Seite können und müssen sie schauen, wie sich Inhalte im Netz besser verbreiten lassen. Stichwort: Audience Engagement. Leopold baut seit einigen Monaten mit einigen Mitstreitern ein deutsches Buzzfeed auf. Noch stehen sie am Anfang. Und auch in diesem Fall ist die Auszeichnung vor allem als Motivationshilfe zu verstehen. Glückwunsch!

Leopold, Schraven, Dilba, Dahm (von links)

Was nun den Sieger angeht, würde ich mir eigentlich wünschen, sein Projekt wäre nicht notwendig. Seit Juli vergangenen Jahres recherchiert und veröffentlicht das Team von Correctiv um David Schraven investigative Geschichten. Ermöglicht durch eine initiale Spende der Brost-Stiftung von drei Millionen Euro. Jedermann kann Förderer von Correctiv werden und die Arbeit finanziell unterstützen. Mitglieder wiederum können auch darüber abstimmen, welche Themen mit Priorität angegangen werden sollen. Wichtigste Vorgabe: „Wir wollen den Schwachen eine Stimme geben und den Mächtigen auf die Finger schauen.“

Klingt pathetisch und ist doch dringend nötig. Wie schon gesagt – besser wäre es eigentlich, denke ich, es wäre gar kein stiftungsfinanzierter Journalismus nötig. Besser wäre es, Medien, ob groß und klein, könnten sich mit aller Kraft und auf Basis ihrer eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten gesellschaftlich relevanten Recherchen widmen. Viele tun das auch – immer noch. Die Gründung von Correctiv hat nun aber auch eine Debatte mit angestoßen. Wie viel investigativen Journalismus wollen und können sich viele Medien heute noch leisten? Für aufwändige und teilweise wochenlange Recherchen sind bei einer größer werdenden Zahl von Titeln keine Ressourcen mehr da.

Hier geht es zur Laudatio auf die Gewinner in der Kategorie Redaktion des Jahres.

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