Tagging, Storytelling und Ironie: Unser Stil ist frisch, frech und Web 2.0

8-StilTenor in der Gruppe war: Weg von der Nachricht hin zur Magazin-Story – längere Erzählstücke, die gleichermaßen informieren, Sachverhalte analysieren, spannend aufbereitet und unterhaltsam zu lesen sind. Für alle Darstellungsformen in unserer Zeitung gelten die Regeln: Eine einfache Sprache, keine Fachausdrücke (wenn doch, dann erklärt), kurze Sätze, Aktiv statt Passiv, keine Substantivierungen und ein klarer Textaufbau. Zudem ist Ironie durchaus erwünscht, die Autoren sollen ausdrucksstarke Adjektive nutzen und den Konjunktiv möglichst vermeiden. Eine Sprachengruppe hat jeden Beitrag nach diesen Regeln überprüft.

„Texte, die das Kino im Kopf in Gang setzen, werden besser gelesen als andere“, sagt Journalistencoach Peter Linden. Er sieht die Zukunft der Reportage in den Printmedien optimistisch. Weil die Zeitungen bei den Nachrichten kaum eine Chance hätten, mit Radio, Fernsehen und Internet mitzuhalten, müssten die Verlage mehr auf ihre Stärke setzen: dem erzählenden Journalismus. „Wir müssen endlich mit alten Fehlern aufräumen. Die Leser wollen Geschichten hören“, glaubt Journalistikprofessor Michael Haller. Der Autor müsse sich beim Story Telling der Dramatik bedienen, Spannung aufbauen; ähnlich wie auf einer Theaterbühne.

Story Telling ist heute ein inflationär genutzter Begriff. Er kann alles bedeuten: Texte, die von Anfang bis Ende als Geschichte auftreten, oder Berichte, die mit Erzähltechniken und Szenen belebt werden. Für Mark Kramer, Direktor des „Nieman Program on Narrative Journalism“, erfüllt ein gelungener Erzähltext sechs Kriterien: Wirklich erlebte Szenen, tatsächlich existierende Individuen, korrekter Ablauf einer Handlung, erkennbare Sicht des Erzählers, direkte Bezugnahme auf die Erwartung der Leser und den Lesern zu einer Erkenntnis helfen. Faktentreue und Authentizität bleiben dabei oberstes Gebot. Auch wir wollen Story Telling in keine Definition pressen, außer in eine: Erlaubt ist, was Spaß macht, persönlich gefärbt ist, ein Spiel mit der Sprache, aber nicht mit den Fakten.

Blogs sind für uns nicht nur in der Recherche wichtig, sondern als Inspiration: Was können wir von ihnen lernen, auch für unsere Schreibe? Vieles: In Weblogs wird der Autor zum Mittelpunkt, ersetzt das „Es“ mit dem „Ich“. Und auch hier findet sich das Story Telling wieder. Josh Benton, Kolumnist der „Dallas Morning News“ ist überzeugt: Mit den Mitteln des Nachrichtenjournalismus und seiner künstlichen Nachrichtensprache sei die ‚wirkliche Realität‘ nicht zu beschreiben. Der Blogger aber könne das – auf seine spontane, ungeformte, anarchische, sekundenschnelle Art.

Die freiberufliche (Online-) Journalistin Christiane Schulzki-Haddouti glaubt, dass sich erfolgreiche Blogs dadurch auszeichnen, dass die Autoren klare Standpunkte einnehmen und Diskussionen anstoßen und auch das Hinterfragen der eigenen Beiträge zulassen. In vielen unserer Texte haben wir uns an Blogs orientiert: In der Sprache, der Ich-Perspektive und dem klaren Standpunkten. Die Auffassung, dass Meinung verstärkt Fakten verdrängt (wie kürzlich in seinem Blog von Stefan Niggemeier vertreten), teilen wir nicht. In unseren Beiträgen liefern wir beides: Meinung und Fakten Fakten Fakten. Anhand von Infokästen oder im Text eingewobenen Hintergrundinformationen. Wir schreiben über das, was wir selbst gesehen haben. Wir waren da!

Auch vom Netz gelernt: Die Nutzungsgewohnheiten, die sich viele Leser im Web angeeignet haben, übertragen wir auf das Printprodukt. Ob Tagging in der Titelzeile oder der kompakte, aus Minimum reduzierte Nachrichtenüberblick, wie ihn z.B. auch das Handelsblatt seit seinem Relaunch auf der letzten Seite bietet – wichtig ist, dass der Qube-Leser sich schnell einen Überblick verschaffen kann, worum es in der Zeitung bzw. dem jeweiligen Artikel überhaupt geht.

Übersicht

01. Leserschwund: Schwere Zeiten für Zeitungsmacher
02. Schulterblick: Wir schauen anderen über die Schulter
03. Erscheinungsweise: Dreimal Tageszeitung pro Woche reicht
04. Themenzeitung: Weg mit den Rubriken
_04_I Meta-Ressort „1“: Ausland
_04_II Meta-Ressort „2“: Ressort „2“ : Inland
_04_III Meta-Ressort „3“: Gesellschaft
_04_+ Meta-Ressort „+“: verschiedenen Themenschwerpunkte
05. Der Name: kompakt, eckig, unbequem
06. Layout: Format und Layout machen Platz
07. Visualisierung: Wir setzen auf starke und provokante Bildsprache
08. Stil: Unser Stil ist frisch, frech und Web 2.0
09. Online und Print ergänzen sich
10. Fremdcontent: Blogger, Leser, Literaten
11. Lesermeinung: Der Leser hat sein eigenes Hirn
12. Transparenz: Wir stehen zu unseren Quellen und Fehlern
13. Redaktionsorganisation: mit einem Hauch Innovation

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