Hallo, wie geht’s?

DuMont wer? Die Recherche-Anrufe von Brigitte Fehrles Leuten dauern im Moment etwas länger als üblich, denn ihre Redakteure müssen den Gesprächspartnern erstmal erklären, für wen sie eigentlich schreiben. Seit Ende April beliefert ein Pool aus 25 Autoren in Frankfurt und Berlin die Politik- und Wirtschaftsredaktionen der DuMont-Titel „Berliner Zeitung“, „Frankfurter Rundschau“, „Kölner Stadt Anzeiger“ und „Mitteldeutsche Zeitung“ (Gesamtauflage: 750.000).

Eine Broschüre verschickte der Verlag, um Fehrles Truppe und das Konzept vorzustellen: „Die Redaktionsgemeinschaft tritt an, die journalistische Qualität der Abotitel zu verbessern“, heißt es darin, „durch investigative Recherche, tiefere Analysen, die große Reportage und den außergewöhnlichen Leitartikel.“ Vor dem Start hatte Chefredakteurin Fehrle angekündigt: „In einem halben Jahr kennt uns jeder.“ Nach den ersten Wochen klingt sie etwas zurückhaltender: „Bekannt zu werden ist nicht unsere Hauptaufgabe. Gute Zeitungen zu machen, darum geht es.“ Aber sie sieht sich auf einem guten Weg. Zeit für einen Blick in die Redaktion. Die letzten Computer waren gerade angeschlossen, da musste die Gemeinschaftsredaktion gleich richtig loslegen.

„Journalistisch war die Griechenland-Krise ein Glücksfall für uns“, sagt Fehrle, ab dem ersten Tag habe man gezeigt, was ihre Leute stemmen können. „Mit sieben Leuten an einem Thema arbeiten, das ist sonst im Alltag einer Tageszeitung kaum möglich“, sagt sie. Früher hätten viele Kollegen oft mehrere Texte pro Tag schreiben müssen, heute könnten sie sich meist auf einen konzentrieren. Mit Qualität will sie auch die internen Kritiker des Konzepts überzeugen. Noch wenige Tage vor dem Start hatte der Redaktionsausschuss der „Berliner Zeitung“ mit juristischen Schritten gedroht: das Outsourcing verstoße gegen das Redaktionsstatut, gefährde die Identität von „Berliner Zeitung“ und FR, sagte der Ausschuss-Sprecher Daniel Haufler. Ganz anders sieht das Fehrle: Sie bekomme für die Texte viel Lob aus den Zentralen von FR und „Berliner Zeitung“, auch von früheren Skeptikern. „Urteile verdrängen jetzt die Vorurteile“, sagt sie.

Organisatorisch muss sich allerdings noch einiges zurechtruckeln. Sich mit mehreren Redaktionen abzustimmen, sei ziemlich aufwändig – mehr Mails, mehr Anrufe, mehr Konferenzen. Pannen habe es bisher aber nicht gegeben, alle Geschichten kämen pünktlich bei den Blättern an: „Kein Redakteur in den Zentralen hatte Grund zu einer Panikattacke“, sagt Fehrle.

Umständlich auch: Einige Autoren können nicht auf beide Redaktionssysteme zugreifen, sie müssen die Texte umkopieren und per E-Mail verschicken, damit sie dann in den Stammredaktionen angepasst werden.

Exklusivgeschichten der Redaktionsgemeinschaft veröffentlichen die belieferten Blätter zwar unter eigenem Namen. Doch bei der Agenturvermarktung gibt es ein etwas kurioses Verfahren. In der Planungsphase war kurz diskutiert worden, in Agenturmeldungen den Passus hineinzuschreiben: „Nach Informationen der DuMont-Redaktionsgemeinschaft…“ Man entschied sich dagegen, um die Zeitungsmarken nicht zu schwächen. Jetzt gibt es einen Wechsel im Tagestakt. An einem Tag wird die „Berliner Zeitung“ als Quelle exklusiver Politik-Nachrichten angegeben und die FR für Wirtschaftsmeldungen, am nächsten Tag umgekehrt. Damit sinkt zwar die Platzierung der einzelnen Titel bei Zitatzählern wie „Medientenor“, aber die Exklusivmeldungen sind gerecht verteilt. „So kommt jedes Blatt zum Zuge“, sagt Fehrle. Oliver Trenkamp

Serie: So wie wir ein Jahr lang die Startphase der Gemeinschaftsredaktion der G+J-Wirtschaftstitel begleitet haben, werden wir an dieser Stelle künftig über die Arbeit der neuen DuMont-Redaktionsgemeinschaft (Start: 26. April) berichten.

Erschienen in Ausgabe 06/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 7 bis 7. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.