Fünf Thesen zur feminineren Zeitung

1 Leserinnen werden immer noch zu stark missachtet.

Frauen sind die am stärksten ignorierte Lesergruppe. Dabei übersteigt ihre Reichweite bei abonnierten Tageszeitungen mit 64,5 Prozent (Media-Analyse 2005) bereits die der Männer (62,6 Prozent). Frauen greifen nicht nur häufiger zur Zeitung, sie lesen nach den Erkenntnissen der ReaderScan-Forschung auch länger darin. Sie sind der Zeitung treuer, weil sie ihr Informationsbedürfnis seltener als Männer im Internet befriedigen. Und Kaufentscheidungen werden immer stärker von Frauen bestimmt. Das gilt für das Zeitungsabonnement selbst ebenso wie für Konsumgüter. Die Zeitungen müssen also auch für ihre Werbekunden weiblicher werden.

2 Wir müssen das Getto der Frauenthemen verlassen.

Leserinnen lassen sich nicht einfach mit einem Strauß an Frauenthemen an die Zeitung binden. Mag ja sein, dass sie den Kulturteil intensiver lesen als den Sportteil (für wen spricht das?). Beiträge in Politik und Wirtschaft aber werden von Frauen längst gleich stark genutzt – wenn sie entsprechend aufbereitet sind. Bei der internationalen Politik lagen in den ReaderScan-Untersuchungen die Leserinnen sogar vorn.

3 Wir Leserinnen wollen verführt werden.

Endlich ein Klischee, das zutrifft. Wer die weiblichen Leser besser erreichen will, muss emotionaler Zeitung machen (Stichwort rechte Gehirnhälfte). Wirkungsvolle Bilder sind wichtig, eine bewegende Schlagzeile ebenso. Leserinnen schätzen Grafiken und Info-Boxen besonders. Gesellschaftliche Themen in den vermeintlichen Männerressorts sprechen die ganzheitliche Betrachtung von Frauen besser an als Fakten, Fakten, Fakten. Frauen interessieren sich stärker für ihre unmittelbare Lebenswelt – die Grundvoraussetzung für das Abonnement einer Lokal- und Regionalzeitung.

4 Eine emotionalere Zeitung wird magaziniger, aber nicht flacher.

Mehr Menschen, mehr Farbe, mehr Nutzen – das ist der Dreiklang, der Leserinnen stärker an die Zeitung bindet. Zugleich erzielen längere Artikel bei Frauen signifikant höhere Lesequoten als bei Männern. Das gilt besonders für die persönlicheren Darstellungsformen wie Reportagen, Porträts und Interviews. Wer diese Wünsche erfüllen will, muss die Zeitung magaziniger machen – und den längst bekannten Nutzwert-Anspruch endlich in die Tat umsetzen. Kein Service-Thema ohne ganz konkrete Tipps!

5 Eine weiblichere Zeitung ist auch für jüngere Leser attraktiver.

Die Erwartungshaltung der Leserinnen stimmt in vielen Punkten mit denen jüngerer Leser überein: Eine emotionalere Ansprache, die magazinige Umsetzung und relevante Themen sprechen junge Leser stärker an. Wer diese Schritte mutig geht, macht die Zeitung auch für den Großteil der männlichen Leser attraktiver.“

Erschienen in Ausgabe 5/2007 in der Rubrik „Medien“ auf Seite 30 bis 30. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.