Neuer Papier-Tiger

In den USA kämpfen die Zeitungen ums Überleben, in Deutschland regiert in den Redaktionen der Rotstift. Aber aus China gibt es eine Zeitungsneugründung zu vermelden. Die englisch-sprachige „Global Times“ berichtet seit Ende April aus chinesischer Perspektive über die Welt. Vorbild ist das populäre gleichnamige Schwesterblatt „Huanqiu Shibao“ (was auf Englisch mit Global Times übersetzt werden würde), das sich in China vor allem durch seine anti-westliche Ausrichtung einen Namen gemacht hat („Huanqiu Shibao“ erscheint auf Chinesisch, Schwerpunkt ist die Außenpolitik).

Das neue, englischsprachige Blatt ist Teil eines internationalen Propagandafeldzuges der KP China, um das Image des Landes aufzupolieren. Herausgegeben wird es von der „Volkszeitung“, die direkt dem Zentralkommittee der Kommunistischen Partei untersteht. In Sachen Demokratie, Menschenrechte oder Tibet sieht die Partei offenbar Bedarf, ihre Sichtweise stärker in den Vordergrund zu rücken. Die aus Pekinger Sicht voreingenommene Berichterstattung der westlichen Medien will man damit korrigieren.

„Es ist an der Zeit, global zu werden“, hieß es zum Launch des neuen Blattes, das im Tabloid-Format mit einer Auflage von 100,000 erscheint. Zugleich drängt die Führung in Peking den staatlichen Fernsehsender CCTV, einen eigenen internationalen Nachrichtenkanal zu starten – nach dem Vorbild von CNN, BBC World und Al-Jazeera.

Aber ob die mediale Vorwärtsstrategie der Chinesen beim ausländischen Publikum überhaupt Chancen hat, ist ungewiss. Der Chefredakteur der „Global Times“ hat bereits eingestanden, dass das Erfolgsrezept des chinesischen Schwesterblattes, also aggressive anti-westliche Rhetorik und offener Nationalismus, bei ausländischen Lesern vermutlich nicht so gut ankommen dürfte.

Internet: http://en.huanqiu.com/

Erschienen in Ausgabe 06/2009 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 48 bis 48 Autor/en: Ruth Kirchner, Beijing. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.