Blickfänger.

Der Begriff des „Relaunch" ist im Journalismus zum Haushaltswort geworden: Magazine, Tageszeitungen und Online-Portale erfinden sich in einem immer schneller werdenden Rhythmus neu. Mehr als 14 Titel hat alleine der Burda Verlag in den letzten beiden Jahren neu aufgelegt. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Ob Neustart, Relaunch oder Alltag: Beim Versuch, den Leser schneller und nachhaltiger für sich zu gewinnen, werden Layouts verändert und Typografien modernisiert.

Vor allem aber wird das Foto immer wichtiger. Das zeigt auf besonders bemerkenswerte Weise ausgerechnet das Zeitungshaus, das jahrezehntelang nur in Ausnahmefällen Fotos auf den Titel seines Mutterblattes brachte. Die Kehrwende ist der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gut bekommen. Und der vorbildliche und mehrfach preisgekrönte Umgang ihrer Tochter, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", mit Fotografie hat wesentlichen Anteil an ihrem Erfolg, mit dem sie die jahrelange Monopolstellung der Springer-Sonntagsblätter gesprengt hat.

Das Prinzip: Nach dem Motto „weniger ist mehr" legt die „FAS" Wert auf eine klare Bildsprache und grosse Formate. „ Unsere 7-spaltigen Fotos sollen den Leser einladen, auf der Seite zu verharren und unsere Bilder regelrecht zu lesen", sagt Andreas Kuther, verantwortlicher Bildredaktor der „FAS". „Bei uns herrscht das „Drei-Augen-Prinzip": nur die enge Zusammenarbeit von Text- und Bildredaktion und Gestaltung ermöglicht uns eine aussergewöhnliche Optik. Das gilt natürlich nicht nur für die grossen Formate, sondern auch für die über 200 kleinen Fotos in jeder Ausgabe. Hier ist es oft schwieriger, die richtigen Bilder zu finden, weil Briefmarken natürlich viel deutlicher zu erkennen sein müssen".

Aber auch im Tagesgeschäft gilt die Maxime „kein Beitrag ohne Bild". Für freie Autoren bedeutet das: Mit einem Angebot, das eine gleichwertig hohe Qualität von Text und Fotos kombiniert, steigen die Chancen: „Wo was geht, das ist die Kombination von Text und Bild, insbesondere mit genau den Motiven, die im Text vorkommen", sagt beispielsweise der Münchner Journalist Hans-Werner Rodrian, der sich auf Reisejournalismus spezialisiert hat. „Den Protagonisten Ihrer Geschichte wird man in keiner Bilddatenbank finden – den haben nur Sie."

Und: „Selbst Geschichten über Alltagsthemen brauchen ein gutes Foto und wenn ein Redaktor bei den einschlägigen Bilddatenbanken nicht fündig wird, hat man als Autor gute Chancen, noch ein Foto zu seiner Geschichte zu verkaufen."

Auch die Verbindung zwischen Print- und Online-Medien bietet eine Nische für Fotografie, die allerdings nur mit einem gewissen Foto-Know-how sinnvoll besetzt werden kann. Nur wer weiss, wie man qualitativ hochwertige Fotos macht, ist auch in der Lage, erfolgreich medial mehrgleisig zu fahren und Synergien sinnvoll zu nutzen. Ein Bild, das mit einer 10 Megapixel Spiegelreflex-Kamera aufgenommen wurde, kann – nach entsprechender Konvertierung (s. Tipp „Einmaleins der Bildqualität" Seite 4) – auch online gestellt werden. Dagegen kommt ein 2 Megapixel Handyfoto auf einer Magazinseite jämmerlich daher.

Die digitale Fotografie führt zwar zu einer gewissen Inflation des Mediums, bietet aber auch eindeutig Chancen. Das sofortige Feedback des Kameradisplays ermöglicht Ihnen das schnelle und effektive Experimentieren. Fehler zu machen ist o.k. – Sie können sie beim nächsten Versuch gleich wieder verbessern!

Doch nur wenn Sie Ihre Kamera beherrschen, gelingt es Ihnen, eine deutliche Bildsprache zu sprechen – und sich positiv von der allgemeinen Bilderflut abzusetzen. Deshalb widmen wir uns auf den nachfolgenden Seiten handwerklichen und technischen Fragen, denn in der Fotografie bedingt die Technik die Bildaussage: ein Foto, das Ihren Protagonisten mit aussagekräftigen Details und hoher Tiefenschärfe in seinem Lebensumfeld zeigt, erzählt oft mehr als ein Porträt mit unscharfem Hintergrund. Diese Werkststatt, die typische Alltagssituationen für journalistische Fotos aufgreift, soll Ihnen dabei helfen, die Chancen der digitalen Fotografie zu nutzen und Ihre eigene Bildsprache zu finden.

Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Werkstatt“ auf Seite 2 bis 2. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.