Patzige Politiker, putzige Putschisten

Nairobi Politiker und Journalisten begegnen sich in Afrika üblicherweise mit Achtung: in den meisten Ländern sind beide Zirkel klein, und der eine braucht den anderen. Kein Wunder, dass sich Kenias ehrwürdige „Daily Nation“ zum 50-jährigen Jubiläum eine Menge Politiker einlud. Bei der „Pan-Afrikanischen Medienkonferenz“ sollte vor allem über die Zukunft der Medien diskutiert werden. Doch wer den Politikern aufmerksam zuhörte, dürfte an dieser zweifeln: Ruandas Präsident Paul Kagame teilte mit, dass die Pressefreiheit warten müsse, bis sein Land sich entwickelt habe. Der freien Presse gab er zugleich die Schuld am Genozid, bei dem 1994 mehr als 800.000 Tutsi und moderate Hutu starben. Äthiopiens Premier Meles Zenawi vergleicht gar den US-Auslandssender Voice of America mit dem Hetzradio der Völkermörder, Radio Mille Collines. Deshalb, gibt er unumwunden zu, verhindert seine Regierung schon seit Wochen die Ausstrahlung des amharischsprachigen VOA-Programms im Land.

Auch afrikanische Journalisten zeigen sich zunehmend achtungslos. Als im westafrikanischen Niger kürzlich eine Junta den unbeliebten Präsidenten wegputschte, jubelten die Medien auf dem Kontinent. „Macht ist eine Leidenschaft, die tötet“, titelte schadenfroh der senegalesische „Soleil“. Eine „Feuerwehr gegen schlechte Regierungsführung“ nannte die „Cameroun Tribune“ das Militär. Und die „Daily Nation“ warnte gleich die afrikanische Polit-Elite, es könne ihr bald ähnlich ergehen. So viel Eiszeit war noch nie.

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Erschienen in Ausgabe 04+05/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 13 bis 13 Autor/en: Marc Engelhardt. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.