Wenn der Ball einmal rollt

Fussball-WM. Der starke Wettbewerbsdruck auf dem Agenturmarkt macht‘s möglich: Wenn ab 11. Juni der WM Fuß-ball in Südafrika rollt, werden sich die Nachrichtendienstleister ein Kopf an-Kopf-Rennen liefern mit enormem Aufwand.

Allein 21 seiner Text- und Bildjournalisten hat der Sport-Informations-Dienst (sid) bei der Fifa für die Stadien und Medienzonen akkreditiert, 49 sind es beim Konkurrenten, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). In ihren Diensten planen sie „mindestens 200 WM-Meldungen täglich“ kündigt, sid-Geschäftsführer Michael Cremer an. Von gar „200 bis 300 Laufnummern am Tag“ geht zudem dpa-WM-Koordinator Arne Richter aus.

Weil AFP, DAPD, Reuters und der epd dieses Material noch mit Berichten über die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dimensionen ergänzen werden, dürften bei vielen Agentur-Kunden pro Tag mehr als 500 WM-Meldungen eintrudeln. Und damit nicht genug: Die dpa plant, von der WM in Summe bis zu 30.000 Fotos zu senden, der sid bis zu 10.000 Bilder ergänzt von dem Material der anderen, etwa der offiziellen WM-Patentagentur Getty Images, die voraussichtlich 33 Fotografen entsenden wird und zudem mit ihrem Status hinter den Kulissen die ein oder andere Exklusivaufnahme schießen dürfte. Aber auch der DAPD wird dann auf dem Sport-Bildmarkt aktiv sein und Fotos der US-Agentur Associated Press verbreiten, die er lizenziert hat und die auch Spielszenen umfassen werden.

„Noch mehr wird in den Archiven landen – Szenen, mit denen wir unsere Kunden erst einmal gar nicht belasten wollen“, sagt Alexander Becher, der das WM-Bildangebot der dpa steuert. Wie sein schreibender Kollege Richter hat er beobachtet, wie sich die Anforderungen an die Agenturdienste im letzten Jahrzehnt massiv veränderten: „Zur Fußball-WM 1998 in Frankreich arbeiteten wir noch überwiegend für Zeitungen. Jetzt müssen wir mindestens in gleichem Umfang auch das Netz bedienen, das nach ganz anderen Produkten ruft.“ Während Print vor allem auf Torjäger aus sei, finde im Netz auch die Nebenfigur Platz, etwa in Galerien. „Hier geht es in erster Linie darum, dass die Bilder Spaß machen – unabhängig davon, wer gezeigt wird“, sagt Becher.

Sowohl dpa als auch der sid wollen aber neben schnellen Meldungen den Schwerpunkt auf Hintergründiges legen, der sid sogar „alle Bereiche auch neben dem Fußballplatz“ abdecken von Politik bis Boulevard.

Das ist nicht unrealistisch, denn sid kann als Tochter der deutschen AFP GmbH auf die Ressourcen des weltweiten Netzes der französischen Agentur zurückgreifen und tauscht zudem Sportmeldungen mit Reuters aus – der sid greift sich dort das internationale Geschehen ab, Reuters die deutsche Sicht.

Doch auch die dpa ist mit ihren deutschen Reportern nicht allein. So schlachtet sie die Sportmeldungen des englischen AP-Dienstes aus, dessen ehemaliger hiesige Dienst, der heutige DAPD, von jeher auf Sportmeldungen verzichtet hat. Und da die dpa auch selbst Dienste in Englisch, Spanisch und Arabisch für andere Winkel der Welt produziert, kann sie sich mit den Kollegen austauschen, die sich den Spielern ihrer Region an die Versen heften. Während sid-Images bei den Bildern neben freien Mitarbeitern zudem bloß auf das AFP-Netz zurückgreifen kann, steht der dpa das Angebot der European Picture Alliance (EPA) zur Verfügung, aus der zwar die AFP vor gut fünf Jahren ausscherte, die aber in Summe mit mehr als 100 Fotografen vor Ort sein wird. DANIEL BOUHS

Erschienen in Ausgabe 04+05/2010 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 6 bis 6. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.