Stimmt’s, …?

01. � dass sie sich beim Zeitenspiegel gegenseitig Preise und Stipendien zuschustern?

Es geht wahrlich nicht darum, nun jeden angesehenen Journalistenpreis beschädigen zu wollen. Aber nicht nur wegen des Henri-Nannen-Preises, auch wegen der mit jeweils 6.000 Euro dotierten Auszeichnungen der Reportage-Agentur Zeitenspiegel gibt es in diesem Jahr Ärger � wobei: In Wahrheit köchelt es schon eine ganze Zeitlang, es blieb bisher nur unterm Deckel.

Die Gewinner des nach der 1998 gestorbenen Fotografin Johanna �Hansel� Mieth benannten Preises sind in diesem Jahr Susanne Krieg (Text) und David Gillanders (Foto), und das Gabriel-Grüner-Stipendium ging an das Exposé von Markus Wanzeck (Text) und Kathrin Harms (Foto). Es war nicht nur, aber insbesondere der Name Harms, der bei Kritikern das Fass zum Überlaufen gebracht hat.Harms ist nämlich Zeitenspiegel-Fotografin, und auch Wanzeck arbeitet bei der Agentur. Zur Wahl stehen oder gar prämiert werden sollen aber gerade keine Arbeiten von Zeitenspiegel-Mitgliedern. So sehen es die Regularien vor, weshalb Uli Reinhardt auf Anfrage ziemlich geknickt reagiert und von einem �Lapsus� spricht, �der mich gewaltig geärgert hat�. Reinhardt war in diesem Jahr für die Organisation des Ganzen verantwortlich. Bei der Vorauswahl sei er jedoch nicht dabei gewesen, sagt er entschuldigend, denn schon zu diesem Zeitpunkt hätte das Exposé von Wanzeck und Harms aussortiert werden müssen. Warum das nicht passiert ist, erklärt sich Reinhardt damit, dass keiner an die Nähe der Fotografin zu Zeitenspiegel gedacht habe: Sie arbeite recht unabhängig, daher sei niemandem beim Lesen ihres Namens etwas aufgefallen.

Als sich die Jury schließlich für die Arbeit der beiden entschieden habe, sei es zu spät gewesen, den Prozess zu stoppen, sagt Reinhardt. Die Jury sei in ihrem Urteil schließlich unabhängig. Aber hätte dort nicht auch dem einen oder der anderen ein Warnlämpchen aufgehen müssen? Ingrid Kolb, Vorsitzende der Hansel-Mieth-Jury und auch Jurorin für das Gabriel-Grüner-Stipendium, sagt, ihr sei zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt gewesen, dass Harms Zeitenspiegel-Fotografin ist. Als die Jury zusammensaß, in diesem Jahr zur Erinnerung an den 1999 im Kosovo ermordeten �Stern�-Reporter Gabriel Grüner in dessen Heimatdorf Mals in Südtirol, sei das kein Thema gewesen. Kolb spricht von einem �Schönheitsfehler�. Die Kritik wegen Wanzecks Stelle in der Agentur wehrt sie jedoch ab. Die habe er später angetreten.

Wie kommt es aber dann, dass auch unter den Finalisten und Gewinnern der vergangenen Jahre so viele Zeitenspiegel-Leute auftauchen? Dazu muss man wissen, dass der Hansel-Mieth-Preis die Leistungen von Autor und Fotograf gleichrangig bewertet. Auf diese Weise bilden sich häufig Teams, die sich von ihrer Ausbildung bei der Zeitenspiegel-Schule her kennen. Im Übrigen müsse man, sagt Kolb, bei aller kritischen Betrachtung differenzieren, ob ein Zeitenspiegel-Mitglied oder tatsächlich nur ein Zeitenspiegel-Absolvent den Preis bekommen habe. Gegen den Verdacht der Mauschelei spreche im Übrigen auch der Fall Stefan Scheytt. Zwar war auch dieser Finalist und Preisträger der Vorjahre Mitglied des Zeitenspiegels. Zum Zeitpunkt seiner Auszeichnung sei er allerdings schon ausgetreten gewesen, noch dazu im Streit. Wäre gemauschelt worden, hätte er den Preis wohl nicht bekommen.

Berechtigte Kritik wie im Fall der diesjährigen Stipendiatin schließt Uli Reinhardt für die Zukunft aus: �Dieser Fehler wird nicht mehr passieren. Darauf gebe ich mein Wort.�

02. � dass die �Tagesspiegel�-Redaktion schuld ist am schnellen Ende der Nayhauß-Kolumne?

Drei Jahrzehnte lang schrieb Mainhardt Graf Nayhauß für die �Bild�-Zeitung. Im Januar dieses Jahres war Schluss. Verabschiedet wurde er standesgemäß, zumindest auf dem Papier, mit einer Serie, in der er Erlebtes noch einmal Revue passieren ließ.

Nayhauß setzt sich mit nunmehr 84 Jahren zur Ruhe, hätte man denken können. Umso größer dann das Erstaunen, als Nayhauß kurze Zeit später auf Seite 1 des �Tagesspiegels� auftauchte. Voller Stolz stand dort am 11. Februar: �Unser Kolumnist Mainhardt Graf Nayhauß ist allen Bundeskanzlern näher gekommen als jeder andere Journalist in Deutschland. Seine Karriere begann er Ende der 40er-Jahre nach seinem Volontariat als Mitarbeiter im, Handelsteil� des, Tagesspiegels�. Jetzt ist er zurück.� Der Titel der Kolumne war wohlbekannt: �Meine Top Ten der Woche�, derselbe wie zuvor bei �Bild�. Diekmann soll darüber not amused gewesen sein.

Drei Freitage lang erschien die Kolumne auf Seite 1 des �Tagesspiegels�. Einmal schrieb Nayhauß selbstreferenziell: Der beste Kommentar zu dieser neuen Kolumne sei von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gekommen: �Qualität setzt sich eben durch.� Doch schon nach der dritten Folge war Schluss. Die �Tagesspiegel�-Redaktion jubelte. Ihre Meuterei hatte geholfen. Aus ihrer eigenen Zeit kann sich die Autorin dieser Zeilen gut erinnern, wie oft es in der Konferenz auch wegen Josef Joffes Seite-1-Kolumne hoch herging. Gefruchtet hat der Aufstand damals nicht. Anders nun bei Nayhauß. Auch Leser hatten sich beschwert. Mancher soll gedroht haben, das �Tagesspiegel�-Abo abzubestellen.

Tagesspiegel�-Ko-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff war es wohl, der Nayhauß engagiert hat. Er selbst will sich zu der Sache mit Verweis auf die Vertraulichkeit zwischen Blatt und Autor nicht äußern. Kolportiert wird in der Redaktion, wie er anfangs stolz erzählt habe, Nayhauß taz-Chefin Ines Pohl vor der Nase weggeschnappt zu haben. Dem aber liegt ein Missverständnis zugrunde.

Es war bei der �Nacht der, Süddeutschen Zeitung�� im Berliner Museum für Kommunikation Anfang des Jahres, als sich die beiden Kolumnisten Nayhauß (noch �Bild�) und Hans-Ulrich Jörges (�Stern�) über dies und das unterhielten. Als taz-Chefredakteurin Ines Pohl vorbeikam, nutzt Jörges die Gelegenheit, sie Nayhauß vorzustellen, der anstelle von �taz� offensichtlich �FAZ� verstanden hatte. Prompt soll Nayhauß sich ihr als Kolumnist angeboten haben. Als er merkte, wer Pohl wirklich ist, ruderte er schnell zurück. Erst danach schickte er Casdorff eine Mail und bekam umgehend eine Zusage.

Nayhauß sagt, die �Tagesspiegel�-Redaktion habe ihn in Sippenhaft genommen, weil er von Springer kommt. Aber so einfach ist es nicht. Die Kritik der Redaktion war inhaltlicher Natur. Nicht ohne Grund genoss Nayhauß schon bei �Bild� längst nicht mehr das von ihm erwartete Ansehen.

03. � dass die Panne bei der Lizenzvergabe an Big FM in Rheinland-Pfalz Folgen hat?

So etwas nennt man einen PR-Gau. Am 14. Februar veröffentlichte die rheinland-pfälzische Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) eine Pressemitteilung. Darin stand, dass der Sender Big FM auch für die Zeit nach dem 30. September 2011 die Lizenz für die zweite Hörfunkkette des Landes behalten wird. So habe es die Versammlung der LMK beschlossen.

Das Blöde daran war: Zu diesem Zeitpunkt hatte die Versammlung noch gar nicht getagt. Erste Zweifel an der Korrektheit des Verfahrens kamen auf, sie verstärkten sich, als die Versammlung dann tatsächlich so entschied, wie es die Pressemitteilung vorweggenommen hatte.

In der dann korrekt im Anschluss an die tatsächlich stattgefundene Sitzung verbreiteten Mitteilung war ergänzend zu lesen, es sei festgestellt worden, dass die vorzeitige Versendung der Pressemitteilung �keine rechtlichen Auswirkungen auf das Verfahren hatte�. Aua.

Fristwahrend reichten die beiden unterlegenen Mitbewerber, das zu Regiocast gehörende Now FM sowie Radio4You(th), das sich mit Energy Rheinland-Pfalz Hoffnung gemach
t hatte, beim Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße Klage ein.

LMK-Chef Manfred Helmes gibt sich gelassen. Schon der �Rechts- und Zulassungsausschuss� habe sich für das RPR-Programm Big FM ausgesprochen gehabt, und noch nie sei es passiert, dass die Versammlung dieser Empfehlung nicht gefolgt sei. Gewaltigen Ärger habe er aber dennoch bekommen, so ein Gremium lasse sich schließlich ungern vorschreiben, wie es zu entscheiden habe. Oder steckt dahinter doch ein abgekartetes Spiel? Die unterlegenen Sender hoffen, nach Akteneinsicht schlauer zu sein.

Erschienen in Ausgabe 06/2011 in der Rubrik „Rubriken“ auf Seite 16 bis 17 Autor/en: Ulrike Simon. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.