Bücherkiste

Wissensdurst stillen

Holger Wormer (Hrsg.), Die Wissensmacher. Profile und Arbeitsfelder von Wissenschaftsredaktionen in Deutschland, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, 338 S., 29,90 Euro

Inmitten der Unkenrufe, die eine mediale Verflachung beklagen, erlebt der Wissenschaftsjournalismus seit etwa zwei Jahren eine erstaunliche Blüte. Da kommt der Band „Die Wissensmacher“ gerade richtig: Er widmet sich den journalistischen Labors bei Print und elektronischen Medien. Das Buch bietet einen interessanten Überblick „von innen“ – von der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ über die „Sendung mit der Maus“ bis zu „Spiegel Online“ inklusive dem Sonderfall Wissenschafts-PR großer Forschungseinrichtungen wie der Fraunhofer Gesellschaft, wo Wissenschaftsjournalisten ihr Werkzeug interessengebunden einsetzen. Lesenswert ist auch der Beitrag von dpa-Wissenschaftsredakteur Till Mundzeck, der ein Dilemma beschreibt: Der normale Agenturrhythmus lasse nur wenig Zeit für hochkomplexe Themen. Herausgeber Holger Wormer, Professor für Wissenschaftsjournalismus an der Universität Dortmund, stellt fest, gute Wissenschaftsjournalisten seien nach wie vor schwerer auf dem Markt zu finden als gute Feuilletonisten. Die Chancen sind also gut, allerdings mit einem Haken: Auf Grund der relativ aufwendigen und teuren Recherche duellierten sich potenzielle Beiträge nicht selten mit dem Sparschwein im Kopf der Verantwortlichen.

Ökonomische Nische

Jürgen Heinrich / Christoph Moss, Wirtschaftsjournalistik. Grundlagen und Praxis, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, 334 S., 26,90 Euro

Wirtschaftsjournalistik, so schreiben Jürgen Heinrich und Christoph Moss im Vorwort zu ihrem gleichnamigen Lehrbuch, sei ein „erstaunlich unbearbeitetes Feld der Wissenschaft“. Die beiden Autoren helfen diesem Mangel ab, indem sie zunächst die theoretischen Grundlagen der Wirtschaftsjournalistik entwickeln und sich dann dem journalistischen Handwerk widmen. Der virtuose Umgang mit Zahlen ist natürlich ein Muss. Aber auch der Informantenschutz spielt in der Wirtschaftsberichterstattung eine besondere Rolle, wenn es um brisante Unternehmensinformationen geht oder gar Wirtschaftskriminalität. Die Verfasser erklären es zum Tabu, ihren Lesern, Zuschauern oder Hörern imponieren zu wollen – wozu vor allem der Besitz exklusiver Informationen verführen könnte. Jeweils eigene Kapitel beschäftigen sich mit ökonomischen Teilbereichen wie der Börse, Unternehmen oder dem Staat als wirtschaftlichem Akteur. Zum Schluss werden Kriterien für ein Qualitätsmanagement im Wirtschaftsjournalismus vorgestellt. Dieser habe nämlich über Jahre hinweg am Leser vorbeigearbeitet und-geschrieben, lautet das harsche Urteil.

Der 11. September im TV

Stephan A. Weichert, Die Krise als Medienereignis. Über den 11. September im deutschen Fernsehen, Herbert von Halem Verlag, Köln 2006, 474 S., 32 Euro

Kein anderes Medium hat im Zusammenhang mit dem 11. September eine so herausgehobene Rolle gespielt wie das Fernsehen – die damaligen Live-Bilder werden noch immer häufig gesendet. Stephan A. Weichert geht in seiner Studie der Frage nach, wie das Fernsehen den Übergang von der Katastrophe zum Medienereignis „konstruierte“. Dabei geriet es am 11. September in den Zwiespalt, einerseits den Attentätern gezwungenermaßen ein mediales Forum zu bieten und öffentlich Panik zu verbreiten, andererseits aber den Zuschauern über einen längeren Zeitraum signalisieren zu müssen, die Krise sei unter Kontrolle. „Nine Eleven“ bedeutete in Deutschland eine mediale Zäsur insofern, als die Zahl der „Brennpunkte“ seither deutlich zugenommen hat – vielfach kritisiert, wenn zum Beispiel schon ein Wintereinbruch als Topereignis herhalten muss. Der Autor appelliert an die Fernsehmacher, in Krisensituationen nicht nur umfassend und rasch zu informieren, sondern sich auch der gesellschaftlichen Verantwortung ihrer Berichterstattung bewusst zu sein.

Erschienen in Ausgabe 3/2007 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 68 bis 91. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.