Freie Initiative

Für viele Verantwortliche ist der Status des Freien leider nur ein Provisorium, das man durchleiden muss, bis man irgendwann Redakteursweihen erreicht. Das finde ich eine absolut falsche Gewichtung“, kritisierte die Fernsehautorin Julia Friedrichs in der letzten Ausgabe von „mediummagazin“ (9/2008). Mit dieser Meinung steht sie nicht allein. Als sich im Frühjahr dieses Jahres drei Autoren zur Initiative „Freischreiber“ zusammenschlossen, luden sie Gleichgesinnte ein, mit ihnen über Qualität und Status von Freien zu diskutieren und ihrer Auffassung von freiwilligem freien Arbeiten besseres Gehör zu verschaffen (s.a. mediummagazin 4/2008). In wenigen Wochen nach Bekanntwerden der Initiative hatten sich mehrere hundert Freie auf der Mailingsliste der „Freischreiber“ eingetragen. Mit einem solchen Zulauf hatten die drei Gründer zunächst selbst gar nicht gerechnet. Doch was zunächst „nur“ als lose Diskussionsplattform gedacht war, gab offenkundig einem Bedürfnis in der Freien-Szene Ausdruck, das von den etablierten Verbänden lange unterschätzt wurde: Ein Sprachrohr zu schaffen, das selbstbewusst für Rechte und Pflichten von freien Journalisten eintritt.

Denn für viele Freie ist ihr Status keineswegs eine Zwangslage, sondern selbst gewähltes Berufslos und Ausdruck einer Lebenseinstellung. Im Idealfall bedeutet es eine Entscheidung für selbstbestimmtes Arbeiten nach eigenen Vorlieben und Befähigungen. Im Idealfall bedeutet diese Entscheidung eine einträgliche Verbindung von journalistischer Kreativität und unternehmerischer Begabung, die für eine mindestens auskömmliche Einkommenssituation sorgt. Nur ist leider die Realität allzu oft weit von diesem Ideal entfernt. „Im Prinzip wollen wir uns nicht beklagen“ – beschreiben die Initiatoren der neuen Freelancer-Lobby ihre Grundhaltung – zumal sie in den letzten Jahren schließlich immer wichtiger geworden seien für Redaktionen, die unter dem Spardiktat immer weniger eigenen Freiraum haben. Und diese Entwicklung wird – so wie es derzeit aussieht – sich eher noch verschärfen.

Aus der InItiative für Freie soll nun also ein veritabler Verband erwachsen: Am 15. November findet der Gründungskongress der „Freischreiber“ in Berlin statt (siehe Seite 14 ff.). Bereits jetzt haben sich über 600 Teilnehmer dazu angemeldet. Was sie eint, ist das Bedürfnis, dem Berufsbild der Freien mehr Profil zu geben, jenseits des allzu oft strapazierten Images eines ausgebeuteten, geknechteten und jammernden Standes. Ihr Ziel ist eine stärkere Sensibilisierung für die Situation von freien Journalisten, die in ihrem Beruf mehr als nur „Lohnschreiberei“ sehen, die die Forderung nach „journalistischer Qualität“ ernst nehmen und nicht nur als Lippenbekenntnisse verstanden wissen wollen. Gleichwohl wissen sie, dass es um die Qualität der freien Arbeit auch aus eigenem Verschulden nicht immer zum Besten steht. Nicht jeder, der sich freier Journalist nennt in einer Branche, die keiner Zulassungsbeschränkung unterliegt, definiert freie journalistische Qualität so, wie sie verstanden sein sollte: als unabhängige, genau recherchierte und zuverlässige Arbeitsleistung. Von daher richten sie ihre Forderungen zu Recht keineswegs einseitig an Redaktionen und Medienhäuser, sondern auch an die eigenen Kollegen und Kolleginnen. Sie wollen Diskussionen anstoßen und verdeutlichen, welche Voraussetzungen notwendig sind, um guten Journalismus zu liefern. Sie wollen gemeinsam kämpfen für einen „erstklassigen Journalismus“, so, wie sie ihn verstehen: „Kreativ, überraschend, informativ, unabhängig, ernsthaft, unterhaltsam – und anständig honoriert“. Das Ideal ist beschrieben. Jetzt steht die Bewährungsprobe bevor. Wir sind gespannt, welche Formen der Verein bei seiner Gründung im November annehmen wird.

In eigener sache. Im Organisationsteam der „Freischreiber“ ist auch Eva-Maria Schnurr engagiert, seit Jahren Mitglied unserer Redaktion. Gleichzeitig ist sie jedoch freie Journalistin (und als solche unabhängig von „mediummagazin“ bei den „Freischreibern“ aktiv). Frei sind übrigens alle redaktionellen Mitarbeiter von „mediummagazin“. Denn seit der Gründung im Jahr 1986 verstehen wir „mediummagazin“ als Autorenblatt, das eine breite Plattform für alle Belange der Branche sein will. Uns eint mit den „Freischreibern“ ihr Verständnis von „erstklassigem Journalismus“. Doch das wird uns nicht dran hindern, deren weitere Entwicklung zum Verband kritisch, wenn nötig, zu verfolgen.

Annette Milz

Erschienen in Ausgabe 10/2008 in der Rubrik „Editorial“ auf Seite 3 bis 5. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.