Schon immer mit „innerem“ Irokesenschnitt

Sascha Lobo, 1975 geboren in West-Berlin, lebt in fester Beziehung und kinderlos im Berliner Szenebezirk Prenzlauer Berg und ist unter anderem Autor, Blogger, Microblogger, Vortragsreisender, digitaler Avantgardist und Digitalberater. Sein Hauptthemenfeld ist das Internet und dabei speziell die Auswirkungen digitaler Entwicklungen auf Gesellschaft, Politik und Medien. Lobo bloggt seit Jahren, startete aber erst im Februar 2009 mit saschalobo.com sein eigenes privates Blog. In der von Mario Sixtus für 3sat produzierten satirischen Kolumne "Sixtus vs. Lobo" verkörpert Lobo den Fortschrittsumarmer.

Sein Markenzeichen ist der rotgefärbte Irokesenschnitt, stets kombiniert mit Anzügen ohne Krawatte. Für ihn Ausdruck von Nonkonformität, die auch der Schärfung seines Markenprofils dient: Als Lobo 2006 sein gemeinsam mit Holm Friebe geschriebenes Buch „Wir nennen es Arbeit" auf der Frankfurter Buchmesse vorstellte, suchte er nach einem größtmöglichen Unterscheidungsmerkmal zu den hunderten anderen Autoren die sich in Verlagsbroschüren gerne in existientalistischen Denkerposen abbilden lassen. Dabei verfiel er auf den Iro. („einen inneren Irokesenschnitt hatte ich schon immer").

„Wir nennen es Arbeit" prägte den Begriff „digitale Bohème", gab Tausenden von Freiberuflern eine ideologische Heimat und wurde ein Bestseller. Ebenso auch Lobos gemeinsam mit Kathrin Passig verfasster und 2008 erschienener Ratgeber „Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin". Dessen Hauptthese: Nicht der „Prokrastinierer" (chronischer lästige-Aufgaben-Aufschieber) müsse sich ändern, sondern er solle sein Leben so gestalten, dass er sich als Prokrastinierer darin wohlfühlt. Momentan schreibt der Autor solo an einem „drittelautobiografischen Roman" über seine skurrilen Erlebnisse als Gründer und Geschäftsführer einer Werbeagentur während der New Economy Zeit um die Jahrtausendwende.

Nebenher studiert er im 28. Semester nach diversen Umwegen (u.a. Biotechnologie inkl. Lebensmittel- und Brauereitechnologie) inzwischen Wirtschafts- und Gesellschaftskommunikation an der Berliner Universität der Künste, wo ihm noch ein Schein bis zum Diplom fehlt. Lobo gehört außerdem zu den Randfiguren der von Holm Friebe und Kathrin Passig gegründeten virtuellen Firma Zentrale Intelligenz Agentur. Die ZIA verkörpert als Berliner Autoren- und Freiberufler-Kollektiv all das, was in „Wir nennen es Arbeit" programmatisch beschrieben wird. Das Team gewann mit seinem Blog „Riesenmaschine" den „Grimme Online Award 2006" und wurde „Journalist des Jahres" (3. Platz Kategorie Unterhaltung, verliehen vom „mediummagazin").

Oft wird vermutet, dass auch Lobos Name Teil seines Markenkonzepts ist. Doch der ist echt – Lobos Vater ist ein nach Deutschland eingewanderter Argentinier. Sascha Lobo hat selbst nur wenige Monate in Argentinien gelebt, spricht nur wenig Spanisch und wurde sich seines Migrationshintergrunds, wie er sagt, erst vor Kurzem bewusst, als er im Radio eine Definition des Wortes „Migrationshintergrund" hörte. Darüber, wie sein neu entdeckter Status Teil seiner Marke werde könnte, denkt er noch nach: „Ich sollte etwas daraus machen, ich weiß nur noch nicht, was." ula

Erschienen in Ausgabe 04+05/2009 in der Rubrik „Titel“ auf Seite 18 bis 21. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.