Bücherkiste

Das unbekannte Wesen

Siegfried Weischenberg, Maja Malik, Armin Scholl, Die Souffleure der Mediengesellschaft. Report über die Journalisten in Deutschland, UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz 2006,

315 S., 19,90 Euro

Wer sind sie eigentlich, die „Souffleure der Mediengesellschaft“? Das gleichnamige Buch untersucht auf Grundlage einer repräsentativen Befragung, wie die rund 48.000 Journalisten in Deutschland denken und arbeiten. Gemessen an einer Bevölkerung von mehr als 80 Mio. Menschen eine kleine Minderheit, deren einflussreichste Vertreter den gesellschaftlichen Diskurs in die eine oder andere Richtung lenken können. Das Einstiegskapitel zum Zustand des Journalismus trägt den unübertrefflich verdichteten Titel: „Dritte Klasse, vierte Gewalt, fünfte Kolonne?“. Als Einleitung in die empirische Untersuchung benennen die Autoren wichtige Trends wie Boulevardisierung und Deprofessionalisierung im Journalismus. Streiten lässt sich über die Behauptung, der Journalismus sei mitunter „schutzlos“ PR-Kampagnen ausgesetzt, weil seine Rechercheressourcen nicht ausreichten. Der Anhang des Buches macht ein Drittel des Umfangs aus. Hier findet man den Fragebogen für die Untersuchung und zahlreiche Tabellen. Zum Beispiel eine sehr interessante zu den Altersgruppen der Journalisten, aufgeteilt nach Geschlecht. Oder über die Praxis des Gegenlesens nach Ressort und die Arbeitszufriedenheit nach Mediensparte.

Der tägliche Klick

Julia Bönisch, Meinungsführer oder Populärmedium? Das journalistische Profil von Spiegel Online, LIT Verlag, Berlin 2006, 178 S., 12,90 Euro

Für Medienkonsumenten gehört der tägliche Blick auf „Spiegel Online“ zur Informations-Grundausstattung, genauso wie die „Tagesschau“. „Meinungsführer oder Populärmedium?“, fragt Julia Bönisch in ihrem Buch, das auf einer Journalistik-Diplomarbeit in Eichstätt beruht. Die Autorin geht der Frage nach, wie Journalisten „Spiegel Online“ nutzen und kommt zu dem Schluss, dass das Angebot zum Leitmedium geworden sei. Allerdings vermeiden es die befragten Journalisten, „Spiegel Online“ als Agenda-Setter zu adeln, da sich Online-Medien in ihrer Wahrnehmung mit den etablierten Medien noch nicht auf Augenhöhe befinden. Trotz des täglichen Pilgerstroms auf die Website des Nachrichtenmagazins ist nicht alles Gold, was glänzt: Medienjournalisten bemängeln die Fülle an Boulevardthemen.

Der Skandal in den Medien

Steffen Burkhardt, Medienskandale. Zur moralischen Sprengkraft öffentlicher Diskurse, Herbert von Halem Verlag, Köln 2006,

485 S., 34 Euro

Wie entstehen Medienskandale? Wie lassen sie sich steuern, wie verhindern? Steffen Burkhardt befasst sich mit dem Thema aus wissenssoziologischer Perspektive-kein Buch zum Überfliegen also. Der Untersuchungsgegenstand ist nicht allein einer unserer Tage, denn bereits im frühen 16. Jahrhundert lassen sich in Nachrichtendrucken mediale Skandalisierungen nachweisen. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass Medienskandale kein unabhängig von der journalistischen Berichterstattung existierender Beobachtungsgegenstand, sondern deren Produkt sind. Funktional betrachtet, handele es sich um „Märchen für Erwachsene“. Nicht weil Medienskandale erfunden seien, sondern wegen ihres Charakters als moralische Geschichten, die der Gesellschaft eine leicht verständliche Selbstvergewisserung ihrer Koordinaten erlaubten. Dem Medienjournalismus wiederum komme in der Skandalberichterstattung die „Beobachtung der Beobachtung“ zu. Er könne deeskalierend wirken-im Fall Friedman, der breiten Raum einnimmt, sei dies gelungen, als die Tagespresse sich seinerzeit zum Teil nicht mit Ruhm bekleckerte.

Erschienen in Ausgabe -1/2007 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 86 bis 91. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.