Sprechernotizen

Personalkarussell

Auch im neuen Jahr dreht sich das Personalkarussell der Kommunikationsbranche fröhlich weiter – mit interessanten Hintergründen und Vorgeschichten. Hier einige ausgewählte Veränderungen:

Achim Struchholz (44) hat ganz schnell wieder seinen bisherigen Arbeitgeber RWE Power verlassen und wechselt zur Altana Chemie nach Wesel. Struchholz war erst im August 2005 zu RWE Power gekommen, als Pressesprecher. Genau das war er auch zuvor acht Jahre lang beim Dualen System in Köln. Das sind die Herren (und Damen) des „Grünen Punkt“ – und der wiederum war 2004 von der Private Equity-Gesellschaft KKR (neuerdings auch ProSiebenSat.1-Eigentümer) übernommen worden – mittels angeblich nicht ganz feiner Methoden, wie vor wenigen Wochen das „Handelsblatt“ berichtete. Bei RWE hat es Struchholz also nicht lange gehalten. Nun bleibt er zwar in der Region, aber dafür bei einem mit rund 4.000 Mitarbeitern gegenüber fast 19.000 wesentlich kleineren Player. Dafür konnte Struchholz in seinem knappen Jahr in der Stromerzeugung reichlich Erfahrung mit der Krisenkommunikation sammeln. Wir erinnern uns: Da war doch November 2005 was mit einem Schneeeinbruch dieser kollektiven Mastenknickerei im RWE-Gebiet … Viel Glück nun in der Chemie!

Christoph Groffy übernimmt im hohen (Berufs-)Alter – und das spricht für Qualität – eine neue Aufgabe. Der 57-jährige heuert als Kommunikationschef bei den HDI-Versicherungen an. Damit bleibt er im Hause, wenn auch dieser Schritt noch vor Kurzem nicht wirklich zu erwarten war. Groffy ist Anglist, hat viele Jahre für Verlage Kommunikation gemacht und ging dann zu Gruner & Jahr als Pressesprecher. Dort traf er auf Reimar Unterlöhner, der die Kommunikation von Gruner & Jahr leitete. Als der 1997 nach Köln ging und die PR des Gerling Konzern übernahm, folgte ihm Groffy als Leiter Presse und Information ins Rheinland. Unterlöhner musste dann den Konzern nach wenigen Jahren verlassen, Groffy blieb – und erlebte in der Folge den dramatischen Niedergang des einstmals strahlenden Versicherungskonzerns. Am Ende blieb Gerling nur die Übernahme durch den Talanx-Konzern aus Hannover, zu dem auch die HDI-Versicherungen gehören. Und die möchte auf Groffy nicht verzichten, was Dr. Who für eine weise Entscheidung hält!

Christine Peters (41) hat wieder einen neuen Job. Ende 2005 war die frühere Sprecherin der sozialdemokratischen Berliner Finanzsenatorin als Kommunikationschefin der Bankgesellschaft Berlin (und damals Nachfolgerin von Reinhard Fröhlich, siehe unten) ausgeschieden. Nun geht sie zur Deutschen Bank in Frankfurt und macht dort interne Kommunikation. In der Hochhaus-Stadt, bei der „Frankfurter Rundschau“, hatte sie übrigens auch ihr journalistisches Handwerkszeug erworben. Peters war zwischenzeitlich auch bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als neue Kommunikationschefin des ebenfalls neuen Vorstandsvorsitzenden Matthäus Maier im Gespräch, was aber wohl scheiterte. Good Luck, Christine Peters.

Reinhard Fröhlich (50) ist in der Selbstständigkeit angekommen. Der ehemalige „Börsenzeitungs“-Mann hatte in den zurückliegenden Jahren ein wenig Pech. Erst musste er, als Kommunikationschef kaum im Amt, die Mega-Krise um die Bankgesellschaft Berlin managen – ein schier aussichtsloses Unterfangen. Nur wenige Wochen nach dem Rausschmiss seines Vorstandsvorsitzenden ereilte ihn prompt das gleiche Schicksal. Anschließend heuerte er bei der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh an – und stieß dort auf die ach so liebevolle Liz Mohn, die dann allerdings doch wenig Zuneigung zu ihrem Pressechef entwickelte. Das Intermezzo dauerte nur wenige Monate, Fröhlich übernahm dann die Leitung der Unternehmenskommunikation der genossenschaftlichen DZ-Bank in Frankfurt. Dort musste er mit Ulrich Brixner einen Vorstandschef ertragen, dessen Führungsstil vorsichtig formuliert als „autokratisch“ galt. Kaum war dessen Wechsel in den Ruhestand besiegelt, musste auch Fröhlich den Preis für seine Treue zahlen und gehen. Nun hat er wohl die Nase von Unternehmen voll und eine eigene Agentur gegründet, die Delta Communications Consulting in Bad Homburg. Vor allem bei Firmenübernahmen, bei Restrukturierungen sowie im Integration und Reputation Management will Fröhlich aktiv werden. Dr. Who drückt ihm die Daumen.

Bogen überspannt?

Das äußerst erfolgreiche Gespann von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinem Kommunikationschef Anton Hunger hat es mit der Eigen-PR für den Porsche-Lenker vielleicht ein wenig zu weit getrieben. Hochdekoriert mit allen möglichen Auszeichnungen, u. a. als vierfacher Sieger bei der Untersuchung „Image Profile“ von „Manager Magazin“, suchten die Porsche-Leute wohl nach neuen PR-Höhen – und landeten in gefährlicher Nähe zur Lächerlichkeit. Anlass ist das neueste Buch von Wiedeking: „Anders ist besser“. Darin sagt er Dinge, die man eigentlich von einem Top-Manager nicht erwartet – was seit Langem ein eigentlicher schlichter aber erfolgreicher PR-Trick bei Porsche ist: Das Prinzip, gegen den Strom zu schwimmen – vor allem in der eigenen Branche. So geißelt Wiedeking in seinem Buch Orientierung am Gewinn, „exzessive Einkommensgestaltung von Managern“, behauptet, Investitionsbeihilfen abzulehnen und Arbeitsplätze zu Hause zu schaffen.

Daraufhin holte „Wirtschaftswoche“-Chefredakteur Stefan Baron in seinem Editorial die große Keule heraus: „Ein übleres Blendwerk ist kaum denkbar“ – sagt der mächtige Chefredakteur. Wiedeking sei nicht Deutschlands bester, sondern Deutschlands überschätztester Manager. Rumms! Das saß! In der folgenden Ausgabe der „Wirtschaftswoche“ reihten sich die Leserbriefe voller Zustimmung. Denn unrecht hat Baron sicher nicht. Nur ein Beispiel: Zwar geißelt Wiedeking die Gehälter seiner Kollegen, zählt aber gleichzeitig zu den absoluten Top-Verdienern. Und wurde der Porsche Boxster nicht außerhalb Deutschlands gebaut, bei Valmet in Finnland?

Danebengegriffen

Der Deutsche Sparkassen und Giro-Verband, kurz DSGV, hat eine umfangreiche PR-Kampagne gestartet. Ganzseitige tiefrote Anzeigen springen dem Leser seit Mitte Dezember letzten Jahres entgegen. Damit reagieren Verbandspräsident Heinrich Haasis und DSGV-Kommunikationschef Christian Achilles auf die zunehmende Erosion ihres Verbandes. Wir erinnern uns: Die Sparkassen und Landesbanken flirten zunehmend mit der Möglichkeit, das starre Korsett ihres Verbandes aufzubrechen. Und Brüssel will ohnehin die Struktur der Sparkassen in Frage stellen. Das mag der nicht mehr ganz so mächtige Verbandspräsident, erst seit einem Jahr im Amt, gar nicht. Hilferufe an die Politik, gar der Versuch, die Kanzlerin zu vereinnahmen, schlugen kläglich fehl. Die Wirtschaftspresse sieht den DSGV und seine Bemühungen um Sicherung des Status quo ohnehin kritisch. Nun versucht man es eben mit bezahlter Kommunikation. Und gratuliert per Anzeige dem neuen Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus, der in der Dritten Welt mit Mikrokrediten für die dortigen Armen Großes geleistet hat. Zwischen den Zeilen steckt natürlich eine Botschaft: „Seht Ihr, genau so machen es die Sparkassen in Deutschland: Arbeiten fürs Gemeinwohl.“ Die Botschaft richtet sich an die Politik und lautet: „Und genau deshalb müsst Ihr, liebe Politiker, uns schützen.“ Das geht daneben. Zum einen spürt der Leser, dass es dem DSGV nicht um die Gratulation an sich geht, sondern darum, die eigenen Interessen zu verfolgen. Zum anderen ist Deutschland nicht die Dritte Welt, und die Sparkassen-Kunden sind eher irritiert, dass sie mit den Ärmsten der Armen gleichgesetzt werden. Womit wieder bewiesen wäre: Gute PR braucht Sensibilität!

„Bitte keine Geschenke“

Kurz vor Weihnachten bogen sich wieder die Tische: Zum einen bei den Chefredakteuren der Medien, zum anderen bei den budgetstarken Auftraggebern von Agenturen und Dienstleistern. Jeder will etwas schenken. Und jeder freut sich über Geschenke. Nur die Kollegen von Procter & Gamble nicht. Die haben eine klare Corporate Policy, und die lautet: Bitte keine Präsente. Denn man will, so der Inhalt eines Sc
hreibens, das u. a. an alle beauftragten PR-und Werbeagenturen ging, die Mitarbeiter von jeglicher persönlicher Verpflichtung freihalten und so Entscheidungen in völliger Unbefangenheit treffen können. Demzufolge solle davon abgesehen werden, zu Weihnachten – wie zu jedem anderen Anlass – Mitarbeitern Geschenke zukommen zu lassen. Gerade angesichts der aktuellen Schlagzeilen um Versuche der Einflussnahme durch „nützliche Aufwendungen“ bei anderen Unternehmen eine lobenswerte Konsequenz, findet Dr. Who.

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe -1/2007 in der Rubrik „PR“ auf Seite 76 bis 83. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.