Die Feier

Veranstaltungsberichterstattung ist ja an und für sich eher schwierig“ sagt an diesem Abend jemand, er ist preisgekrönter Kulturjournalist, er muss es wissen und er hat recht: Menschen, die nicht dabei waren, von einer gelungenen Party zu erzählen, ist ungefähr so, als komme man gerade von sechs Wochen Karibikstrand, ganzkörpergebräunt, so entspannt, dass sogar die störrischen Haare nun ganz biegsam und pflegeleicht sind, und berichtet, wie es war: Grandioses Wetter, leckeres Essen, freundliche Menschen. Großartig eben. Aber eigentlich sagt jedes Wort, jeder Blick nur eines: Ich war da und du nicht.

Mit der Feier der „Journalisten des Jahres“ am 17. Januar im Deutschen Historischen Museum in Berlin mit Menü und Ehrung in dessen Restaurant „Café im Zeughaus“ ist es ganz ähnlich. Man könnte schildern, wie festlich geschmückt der Saal war, in den die 120 geladenen Gäste nach einem Sektempfang im Museumsfoyer einzogen. Ein bisschen angeben damit, dass sie alle um die Tafeln herumsaßen, die Großen und Wichtigen der Branche: „Stern“-Chef Andreas Petzold, „Zeit“-Dirigent Giovanni di Lorenzo, „Geo“-General Peter-Matthias Gaede, „Hart, aber fair“-Star Frank Plasberg, „Wissenschaftverständlichmacher“ Ranga Yogeshwar, und und und … Schwärmen vom Menü (Rotbarbenfilet in Pfeffer-Lack! Kalbsrückentranchen in Thymian-Speck-Mantel! Dessert-Trilogie!), von den Weinen (Prädikatstropfen!), von den netten Platznachbarn (Preisträger, total unprätentiös!).

Sich über charmante Dankesreden, lustige oder latent lädierte Laudationes und spöttische Wortwechsel im Sanitärvorraum verbreiten. Lästern, zum Beispiel, dass Hauptpreisgewinner und „Neon“-Chefredakteur Michael Ebert vor seinem Auftritt erst noch mal mit Freundin und Mama telefonierte oder dass „Süddeutsche“-Kopf Hans-Werner Kilz in einem Handstreich alle Preise für sein Blatt vereinnahmte, weil ja, im Grunde genommen, alle einmal in München angefangen hätten.

Sich an den ergreifendsten Moment des Abends erinnern, in dem die „Reporterin des Jahres“, Andrea Röpke, ihrem Team und ihrer Familie dankte, dass sie ihre schwierigen, bis hin zu von körperlichen Repressalien begleiteten Recherchen in der Neonaziszene, Morddrohungen und Angriffe mitmachen – ein Moment, in dem plötzlich jeder Anflug von Eitelkeit und alle Ironie aus dem Festsaal verschwunden schien (s. a. Standpunkt von Andrea Röpke, Seite 19). Man könnte parlieren von nächtlichen Diskussionen an der Bar bei Kaffee und sahnig-süßer Geburtstagstorte zum 20. Geburtstag des „medium magazins“, von gut sitzenden Anzügen und eigenwilligen Kleidern und doch würden alle Worte vor allem eines sagen: Wer nicht da war, hat was verpasst. Und sollte zusehen, dass er im nächsten Jahr selbst dabei ist. Im besten Fall als Preisträger. Wenigstens aber als Veranstaltungsberichterstatter.

Eva-Maria Schnurr

Download-Hinweise

Infos zu den Preisträgern siehe auch www.mediummagazin.de, Rubrik download.

Erschienen in Ausgabe 3/2007 in der Rubrik „Special“ auf Seite 16 bis 18. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.