Gerechtere Beiträge

Im April 2006 schrieb der Bundesrechnungshof einen internen Bericht, der einige Monate später für Irritation unter freien Journalisten sorgte. Die Beamten des Prüfungsamts des Bundes aus Frankfurt am Main waren der Frage nachgegangen, wie häufig die Künstlersozialkasse die Angaben ihrer Beitragszahler prüft. Das Ergebnis: 2,54 Prozent von ihnen waren 2003 geprüft worden, bei 20 Prozent ergaben sich massive Differenzen zu den gemachten Angaben. Bei einer so häufig vorkommenden Differenz war die Schlussfolgerung klar. Die Kontrolleure schrieben in einer Prüfungsmitteilung an das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales, dass die Prüfquote nicht ausreiche. Monate später kündigte die KSK in einem Schreiben an die Beitragszahler vermehrte Kontrollen ab 2007 an.

„Bei uns häuften sich die Anfragen, ob das rechtens sei“, sagt Gunter Haake, Geschäftsführer von Mediafon, dem Verdi-Beratungsdienst für Selbstständige. „Es ist rechtens“, sagt Haake, „und wir halten es für richtig, dass für Beitragsgerechtigkeit gesorgt wird.“

Verdoppelung. Denn unter den Sozialkassen Europas ist die KSK einzigartig. Freiberuflich tätige Künstler wie Journalisten, Graphiker und Musiker schätzen ihr Arbeitseinkommen für das folgende Jahr und zahlen daraufhin an die KSK nur die Hälfte ihrer Beiträge für Krankenkasse und gesetzliche Rente. Die KSK schlüpft derweil in die Rolle eines Arbeitgebers, der bei einer Festanstellung die andere Hälfte zahlen müsste, übernimmt dessen Anteil und leitet den Beitrag an die Kassen weiter. Die Wilhelmshavener erhalten die 50 Prozent zu 20 Prozent vom Bund und zu 30 Prozent von den Unternehmen, die von der Leistung der Künstler profitieren – Verlage, Musikproduzenten, Agenturen. Ein soziales System, das in den vergangenen Jahren ins Wanken geriet.

Die Zahl der Versicherten hat sich zwischen 1994 und 2005 mehr als verdoppelt – auf 148.303. Entsprechend musste der Bund seinen Zuschuss in diesem Zeitraum ebenso verdoppeln, auf 105,15 Millionen Euro im vergangenen Jahr.

Deshalb verhandeln die Parteien in Berlin seit Jahren darüber, wie die Künstlersozialkasse wieder auf eine solide finanzielle Basis kommen kann. Nun verabschiedete das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf, der am 30. März 2007 nach zweiter und dritter Lesung den Bundestag passieren soll. Künftig sollen „jährlich mindestens fünf Prozent der Versicherten in einer wechselnden Stichprobe überprüft“ werden, wie es im Gesetzes-Text heißt. „Der Entwurf greift auch die Kritikpunkte des Prüfungsamtes auf“, sagt Christian Westhoff, ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums.

Folgen der Prüfung. Die Nachprüfungen für die freien Journalisten können vor allem in zwei Fällen zu nachhaltigen Konsequenzen führen:

* Wer neben seiner journalistischen Arbeit Einkünfte von mehr als 400 Euro im Monat aus nicht künstlerischer Tätigkeit erzielt, verliert den KSK-Schutz.

* Wer privat krankenversichert ist und bewusst falsche Angaben macht, um von der KSK höhere Zuschüsse zu bekommen, kann mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro bestraft werden.

Bleibt es beim Fahrplan, den die Sozial-Experten ausgetüftelt haben, tritt das Gesetz am 1. Juni 2007 in Kraft. Ab dann sollen auch diejenigen verstärkt in die Pflicht genommen werden, auf die das Gesetz ebenso zielt – die Unternehmer. Denn noch immer zahlen viele der sogenannten Verwerter künstlerischer Arbeit trotz gesetzlicher Verpflichtung nicht in die Künstlersozialkasse ein. Deshalb soll künftig die Deutsche Rentenversicherung die Unternehmen nicht nur danach prüfen, ob sie die Abgaben an die Krankenkassen und die Bundesagentur für Arbeit abführen, sondern auch, ob sie eine Künstlersozialabgabe entrichten müssen. Für den Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, ist die neue systematische Überprüfung „überfällig“. Das Gesetz will die Last der Beiträge gerecht verteilen. Das könnte funktionieren – bei Verwertern wie bei Versicherten.

Linktipp

www.mediafon.net: Auf der Website der Verdi-Beratung stehen unter „Der Ratgeber“ und „Sozialversicherung“ weitere Infos zur KSK.

www.bmas.bund.de: Das Bundesarbeitsministerium stellt unter „Soziale Sicherung“, und „KSK“ einen Download des KSK-Gesetz-Entwurfs bereit.

Erschienen in Ausgabe 3/2007 in der Rubrik „Beruf“ auf Seite 50 bis 51 Autor/en: Joachim Wehnelt. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.