Gott und die Welt

Indonesien

Langweiliger Wetterfrosch

Christina Schott, Jakarta

Indonesischer Wetterfrosch

Das Wetter in den Tropen ändert sich nur zwei Mal im Jahr: Entweder es ist Trockenzeit oder Regenzeit. Die Temperaturen am südostasiatischen Äquator schwanken meist zwischen 29 und 34 Grad, nachts wird es auch mal etwas kühler. Tägliche Wettervorhersagen sind daher nicht wirklich notwendig.

Dennoch hat Jakartas neuer Stadtsender JakTV ganz innovativ ein Wetterprogramm eingeführt. Im Stil der BBC-Wetterfrösche fuchtelt eine Moderatorin vor dem Stadtplan der indonesischen Hauptstadt herum. Ihre Vorhersagen Anfang Februar lauteten jeden Tag in etwa so: Im Zentrum von Jakarta soll es morgen regnen. Im Westen der Stadt vermutlich auch. Im Süden wird ebenfalls Regen erwartet. Ebenso im Osten. Und im Norden. An vielen Orten besteht Überschwemmungsgefahr. Guten Abend. Angesichts der heftigen Überschwemmungen Anfang Februar wurde diskutiert, ob das Wetter nicht vielleicht doch besser vorhergesagt werden kann. „Es wird vermutlich regnen“ reicht nämlich nicht als Warnung, wenn eine Megaflut droht. Die Regierung will deshalb ein neues System einführen. Bereits direkt nach den Überschwemmungen vom Februar lief im Nachrichtensender ein Ticker mit konkreteren Hinweisen darauf, wann es wo wie stark regnen soll.

Internet: www.jak-tv.com

Indien

Angst vor Gewalt stoppt Dokumentarfilm

Britta Petersen, Neu-Delhi

Bollywood macht in Indien wieder einmal Politik: Der Film „Parzania“ des Regisseurs Rahul Dholakia, der am 24. Januar uraufgeführt wurde, wird ausgerechnet im Bundesstaat Gujarat nicht gezeigt, weil hindu-nationalistische Kräfte die Kinobesitzer unter Druck gesetzt haben. „Parzania“ beschäftigt sich mit dem Leiden einer Familie während der sogenannten „Gujarat Riots“, Ausschreitungen, bei denen 2002 in dem Bundesstaat mehrere Tausend Muslime ermordet wurden.

Der regierenden hindu-nationalistischen Partei BJP, der auch Ex-Premierminister Atal Bihari Vajpayee angehört, wurde damals vorgeworfen, nicht nur zu spät gegen den Mob vorgegangen zu sein. Die radikalen Partnerorganisationen der Partei hatten das Blutbad nach Kräften angestachelt. Nun scheint sich Geschichte zu wiederholen. Kinobesitzer äußerten Befürchtungen, dass die Polizei sie im Falle von Angriffen nicht schützen werde. Der Menschrechtsaktivist Cedrik Prakash aus Ahmedabad rief die Bürger deshalb dazu auf, ihr Recht einzufordern, den Film zu sehen und gegen die „faschistischen Kräfte“ vorzugehen, „die weiter unser Leben kontrollieren“.

Gujarat hat sich unter der Regierung des BJP-Ministerpräsidenten Narendra Modi zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Bundesstaaten Indiens entwickelt.

Internet: www.humanrightsindia.in

Serbien

Sendung aus dem Schrank

Danja Antonovic, Belgrad

Die Kollegin von der Kindersendung Kakadu beim Deutschlandradio lacht aus vollem Herzen: „Nee, so was habe ich noch nicht gehört. Von Eierkartons war schon die Rede, von dicht zugezogenen Gardinen, aber diese Variante ist mir bis jetzt unbekannt gewesen“. Ja, mir auch, aber Not macht eben erfinderisch.

Heutzutage macht der Hörfunkreporter alles selbst: Zuerst wird der Mensch, der etwas zu sagen hat, interviewt, das Gespräch digital gespeichert, zur weiteren Bearbeitung in den Computer eingegeben, mit dem entsprechenden Programm zurechtgeschnippelt. Der dazugehörige Text wird verfasst und soll nun gesprochen werden, möglichst in Studioqualität. Die Aufnahme aber findet in den heimischen vier Wänden statt, zwischen Klo und Küche, je nachdem, welcher Raum die bessere Akustik vorzuweisen hat. Mein Belgrader Domizil hat große Atelierfenster und keine Gardinen, hohe Wände und keine „raumschluckenden“ Gegenstände. Am Schreibtisch surrt der Laptop, in Klo und Küche hallt es wie in den Alpen. Was tun? Meine Lösung: In den Schrank gehen. Die Tür weit aufmachen, Klemmlampe an und rein in die Klamotten. Die Qualität sei hervorragend, melden die Sender und meine Redakteurin aus Berlin nennt mich nur noch „Danja aus dem Schrank“. Den aktuellen im Schrank gesprochenen Beitrag gibt es auch zu hören unter:

Internet: www.weltreporter.net/antonovic

Usbekistan

Gewaltabwendung durch Interview

Marcus Bensmann, Baku

Schweigen oder schreiben? Als Reporter, der über drangsalierte Menschen in Diktaturen schreibt, weiß man nie, inwieweit eine Namensnennung im Artikel das Schicksal des Betreffenden noch finsterer macht. Manchmal bietet Öffentlichkeit Schutz, es kann sich jedoch auch die ganze Wut des Staatsapparats gegen die mutige Quelle entladen. Der usbekische Menschenrechtler Bachtior Chamrajew wagte es, mir ein Interview zu geben. Er berichtete über Willkürakte der lokalen Administration gegenüber Baumwollbauern in der usbekischen Heimatprovinz Dschisak. Im Sommer 2006 wurde sein Sohn Ichtior in eine Rangelei verwickelt und wegen Rowdytum zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Dem Vater teilten Staatsbedienstete mit, dass er nur schweigen müsste, dann käme der Sohn frei. All das sagte der Usbeke im Interview, das in der „taz“ am 19. Januar 2007 veröffentlicht wurde. Just als eine hochrangige usbekische Delegation in Berlin weilte. Die usbekische Regierung versucht trotz brutaler Menschenrechtsverstöße mit Hilfe Deutschlands die Beziehung zu Europa zu verbessern. Wenige Tage nach Erscheinen des Interviews besuchte ein Diplomat der Deutschen Botschaft in Usbekistan den Menschenrechtler und sicherte Hilfe zu. Seither wird Ichtior im Gefängnis nicht mehr geschlagen, sondern in einem Krankenhaus behandelt.

Internet: www.taz.de/pt/.archiv/ suche?demo=1&dos=1&tx=ichtior

Schweden

Feminist, ja visst ?

Clemens Bomsdorf, Göteborg

Selten war ich so gespannt auf ein Politiker-Interview wie auf das mit dem schwedischen Finanzminister. Anders Borg von den konservativen Moderaten ist mit seinen 39 keine zehn Jahre älter als ich und würde rein äußerlich gut als entspannter Kollege aus dem Kulturressort durchgehen. Die langen Haare trägt er zum Pferdeschwanz gebunden und im rechten Ohr einen Ring. Einer, der so aussieht, hat trotz Parteimitgliedschaft bei den konservativen keine Probleme, sich Feminist zu nennen. „Feminist, ja visst“ (Feminist, aber sicher) zu sagen, gehört sonst nur in der schwedischen Linken zum guten Ton. Ja, er meine, dass es in der Gesellschaft eine bestimmte Machtordnung der Geschlechter gebe und diese geändert werden müsse, so der Politiker. Durch Steuersenkungen will er die Beschäftigung von Frauen noch stärker erhöhen und so zu noch mehr Gleichberechtigung beitragen, sagte er mir im Interview. Doch wie so oft sind es die kleinen Handlungen, die die Denkweise von Politikern offenbaren. Wirklich konsequenter Feminist ist Borg nicht. Das weiß ich, seit ich in einem Fragebogen, den er für das Lifestylemagazin der Zeitung „Dagens Industri“ beantwortete, las, dass er ein Barbieschloss für seine Töchter als den besten Kauf seines Lebens ansieht. Auch in Schweden steht kaum ein anderes Spielzeug so sehr für klassische Verteilung der Geschlechterrollen schon im Kindesalter. Manchmal lohnt es auch aus politischen Gründen, die Lifestyleseiten zu lesen.

Interview: www.ftd.de

Mexiko

Mein Freund Fidel

Klaus Ehringfeld, Mexiko Stadt

Ich versuche gerade zum dritten Mal, ein Visum für Kuba zu bekommen. Journalisten können nicht einfach so auf die Insel von Fidel Castro fahren. Sie brauchen eine Arbeitserlaubnis. Zwei Mal in Folge haben die kubanischen Behörden auf meinen Antrag nicht mal eine Antwort gegeben. Langsam habe ich das Gefühl, sie haben etwas gegen mich. Aber was? Ich habe bei meinem letzten Besuch vor zwei Jahren mal eine Regimekritikerin interviewt. Manche meiner Zeitungen redigieren mir ohne Rückfrage die Bezeichnung „Diktator“ in meinen Geschichten über Fidel Castro. Beides wird in Havanna höchst ungern gesehen, aber reicht das für den be
rüchtigten Stempel: „Persona non grata“? Das Absurde daran ist, dass ich eigentlich immer viel Sympathie für Castro und seine Insel hatte. Aber es ist in solchen Systemen eben so, dass sie keine Kritik vertragen. Aus keiner Richtung. Dieses Mal habe ich sogar die Deutsche Botschaft in Havanna um Unterstützung gebeten. Ob es hilft, ist fraglich. Internet: www.botschaft-kuba.de/dOaO-presse.html

Weltreporter

Serie: Die Nachrichten rund um den Globus aus verschiedenen Ländern werden regelmäßig im „medium magazin“ veröffentlicht. Die Autoren sind Mitglieder von Weltreporter.net. Homepage: www.weltreporter.net, eMail: cvd@weltreporter.net.

Erschienen in Ausgabe 3/2007 in der Rubrik „Weltreporter“ auf Seite 52 bis 79. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.