Sprechernotizen

Alle Macht an Grühsem

Er ist am Ziel – und wie! Stephan Grühsem (44) ist nun also seit 1. Februar neuer Kommunikations-Chef der VW AG. Und nicht nur das: Nie zuvor in der Geschichte des VW-Konzerns wurde einem Kommunikations-Chef so viel Macht in die Hände gelegt wie Grühsem. Er ist nicht nur verantwortlich für die Kommunikation der Marke und des Konzerns VW, er leitet – wahrscheinlich bis auf Weiteres – auch die Kommunikation der Audi AG wie bisher weiter und zudem die Bereiche Konzern-Investor-Relations sowie Konzern-Außenbeziehungen. Gleichzeitig wurde er zum Mitglied der Konzernleitung berufen.

Schon vor Weihnachten war klar, dass alles auf Grühsem zulief. (Siehe auch „medium magazin“ Nr. 12/2006) Die beauftragten Headhunter, allen voran Gabi Kaminski von der GK Unternehmenskommunikation, wurden von VW zurückgepfiffen. Still und leise wurde der Suchauftrag für die Nachfolge von Dirk Grosse-Leege beerdigt. Grühsems Vorgänger Dirk Grosse-Leege ebenso wie dessen Vorgänger Klaus Kocks hatten selbst in ihren guten Zeiten, die es durchaus auch gab, nicht annähernd so viel Macht und Einfluss erreichen können. Warum nun Grühsem? Die Antwort ist eigentlich einfach und VW-typisch. Der ehrgeizige Grühsem hat nicht nur das Vertrauen seines neuen Chefs und Piech-Vertrauten Martin Winterkorn – das allein würde bei VW nicht genügen. Er hat auch einen guten Draht zu Ferdinand Piech, dem allgewaltigen Ober-Fuchs im VW-Konzern und nun – auf dem Umweg über Porsche – auch Hauptaktionär von VW. Grühsems Karriere ist bemerkenswert. Er war viele Jahre ein schlichter Autoredakteur, der von Autoshow zu Autoshow reiste, Testwagen quälte, die Branche so gut es ging beobachtete und bis 1999 für das „Handelsblatt“ schrieb. Schon damals war es ein „ondit“ unter Autoleuten, dass Grühsem sich in seinem Job eigentlich als unterbezahlt und verkannt betrachtete.

Grühsem wechselte dann zu „Capital“ und schrieb dort eine große Geschichte, die VW-Patriarch Ferdinand Piech in glanzvolles Licht tauchte. Kurz darauf wurde er stante pede von Piech geheuert. Bis 2001 verantwortete er die Markenkommunikation von VW, 2002 ging er mit seinem Förderer und Piech-Freund Manfred Winterkorn zu Audi. Man darf gespannt sein, ob es nun bei VW wirklich um ein gutes Image des Konzerns geht. Piech hat vielfach gezeigt, dass ihm die öffentliche Meinung herzlich egal ist. Grühsem wird also wohl vor allem oberster Verkäufer seiner Chefs sein – und das ist schon schwer genug! Deshalb: alle guten Wünsche nach Wolfsburg von Dr. Who!

Dusche für Kaltwasser

Offensichtlich haben diejenigen unter uns PR-Leuten recht, die lakonisch der Meinung sind, die Branche habe Platz für alle. Zum Beweis hier eine kleine Schmonzette: Frisch getrennt von ihrem Ehemann und Schuh-Unternehmer Christian Birkenstock verguckte sich die noch junge und aparte Susanne Birkenstock in den selbsternannten „PR-Berater“ Dieter Kaltwasser. Dieser hatte sich zuvor vor allem als Autor für „Pop-Titan“ („Bild-Zeitung“) Dieter Bohlens Schmäh-Buch über Kollegen und anderes hervorgetan. Mit dem Namen Birkenstock machten die beiden Furore. Susanne gründete eine eigene Schuhlinie, die „richtigen“ Birkenstocks klagten verzweifelt gegen die Benutzung ihres Namens und Kaltwasser brachte seine Partnerin vor allem in die TV-Medien und Talk-Show-Kette – als Neu-Unternehmerin, als Opfer der bösen Birkenstocks und echtes Unternehmertalent.

„Impulse“ fragte erst gar nicht nach und machte sie flugs zu einer der „erfolgreichsten Unternehmerinnen der Republik“, auch andere Magazine huldigten ihr hymnisch. Alle möglichen Geschichten über angebliche Kooperationen mit bekannten Namen, von Hunderten von Mitarbeitern etc. machten die mediale Runde. Bestätigungen für jene PR-Geschichten fanden sich allerdings nicht, und schon damals munkelten Insider von „Unsinn“.

Die Medien hat’s nicht geschert. Lediglich das „Handelsblatt“ wurde stutzig und fragte nach. Die schlagzeilenträchtige Geschichte der armen verstoßenen und noch dazu telegenen Susanne Birkenstock war den meisten zu reizvoll. Und nun das: PR-Berater Kaltwasser übernahm zuletzt die Geschäftsführung von Birkenstocks Firma, die aber – zum Glück – keinen einzigen Mitarbeiter beschäftigte – und meldet dann Insolvenz an. Er vergaß allerdings nicht, Journalisten, die über die ganze Geschichte dann doch noch kritisch berichteten, anzugreifen, bis hin zur Anrufung des Presserates. Dieser erklärte Anfang des Jahres jedoch alles für in Ordnung. Und die Moral von der Geschicht´? Hoffentlich doch die: Medien täten gut daran, besser zu recherchieren. Und: PR funktioniert nur dann, wenn auch Substanz und Wahrheit dahinter steht.

Neuer Job für Rainer Westermann

Nun wieder Agentur! Rainer Westermann scheint sein letztlich unglücklicher Ausflug in die Welt der Konzerne zur Erkenntnis geführt zu haben, dass man als Agenturmann auch nicht schlecht lebt. Der ehemalige und glücklose Kurz-Zeit-Kommunikationschef von Infineon, der schon im Februar 2006 seinen Stuhl für Ex-Siemens-Mann Thomas Weber räumen musste, hat bei A&B one, der Agentur von Verkaufsgenie Rupert Ahrens, angeheuert. Dort wird er das Büro München leiten. Vor dem Exkurs zu Infineon war Westermann hochgeschätzter CEO bei Burson Marsteller Deutschland. „Schuster, bleib bei deinen Leisten …“

BDI setzt auf Richard Gaul

Offensichtlich hat man beim mächtigen Bundesverband der Deutschen Industrie BDI nun endlich erkannt, dass die Außendarstellung sehr zu wünschen übrig lässt. In der Tat wird der BDI seit Längerem in den Medien reichlich gefleddert – befeuert nicht zuletzt durch Streit in den eigenen Reihen. Da traf es sich gut, dass Ex-BMW-Kommunikations-Chef, Neu-Pensionär und Neu-Potsdamer Richard Gaul nicht zu Hause sitzen und auf seine um die Welt jettende Journalisten-Ehefrau Sybille Zehle warten wollte. Gaul berät nun zukünftig den BDI in Fragen der Kommunikations-Strategie – und kann damit den Lästerern in der Branche beweisen, dass er sehr wohl das strategische Geschäft beherrscht. Denn die flüstern an den berühmten Stehtischen, dass der Richard doch vor allem deswegen erfolgreich war, weil er eigentlich noch nie strategisch gearbeitet habe. Neid, lieber Richard, nur Neid …!

Brandbrief an die Telekom

Das „Forum Marketing Event Agenturen“ (FME) hat der Telekom einen geharnischten Brief geschrieben. Darin beklagt sich FME über das obskure Verfahren, mit dem die Telekom vom Konzern beauftragte Agenturen gescreened und dann gnadenlos aussortiert hatte (siehe „medium magazin“ von 8+9/2006). Rund 90 für die Telekom tätige Agenturen waren vorgeladen worden, angeblich, um Qualität und Leistung im Sinne einer zukünftigen Beauftragung zu bewerten – und mussten erleben, dass vor allem die Preisdrücker aus dem Einkauf die Feder führten. Die FME war nicht gegen ein Auswahlverfahren, kritisierte aber, wie es dann bei den Bonnern ablief. FME wörtlich: „Subalterne Mitarbeiter aus Einkaufsabteilungen sind sicher in der Lage, den günstigsten Preis zu beurteilen, aber nicht die effizienteste Maßnahme.“ Autsch! Mal sehen, ob der neue Telekom-Kommunikationschef Philipp Schindera den Faux-pas seines Vorgängers Ulrich Lissek korrigiert.

Kirchhoff nervt die Branche

Wäre er nicht der Spezi des machtvollen Chefredakteurs des „Manager Magazins“, Arno Balzer, wäre er wohl nur einer „unter ferner liefen“. So aber muss ihn die Branche zumindest zur Kenntnis nehmen. Klaus Rainer Kirchhoff, Inhaber und Gründer von Kirchhoff Consult in Hamburg, mischt jetzt in dem neuesten Berater-Unsinn namens CSR (Corporate Social Responsibility) kräftig mit. Und wie schon beim in die Jahre gekommenen Wettbewerb um den „Besten Geschäftsbericht“ arbeiten „Manager Magazin“ und Kirchhoff wieder Hand in Hand. Nun wurde sogar in Davos beim World Economic Forum vom „Manager Magazin“ das „in co-operation with Kirchhoff Consult AG“ (Einladungstext) erstellte „Good Company Ranking“ aller Dax-und Stoxx-Werte vorgestellt. („MM“-Chef Balzer musste jedoch kurzfris
tig wegen Unpässlichkeit absagen und ließ sich vertreten) Kirchhoff, der vor allem in der New Economy dick im Geschäft mit Geschäftsberichten und Finanzkommunikation war, dann aber arg gebeutelt wurde, hat damit ein neues Geschäftsfeld aufgetan. Und ebenso wie beim „Besten Geschäftsbericht“ erwarten jetzt wieder die Kommunikationschefs der Dax-Unternehmen das obligatorische Schreiben von Kirchhoff-Consult, mit dem Kirchhoff seine Dienste anbietet – damit man beim nächsten Ranking – huch! – nicht so schlecht abschneidet. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …!

PR-Manager des Monats

Dr. Who’s PR-Manager des Monats ist Emilio Galli-Zugaro, Kommunikationschef der Allianz AG. Die Allianz AG war noch vor wenigen Monaten derart negativ in den Medien, dass an einen langfristigen Image-Gau zu denken war. Vorbei! Es geht wieder aufwärts mit dem Allianz-Image. Keine schlechte Leistung, lieber Herr Galli-Zugaro!

Erschienen in Ausgabe 3/2007 in der Rubrik „Unter „3““ auf Seite 44 bis 83. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.