„Wir werden positiv reagieren …“
Ja, um Himmels Willen, wie denn sonst!? Es sagt bestimmt keiner, der nicht mit dem Klammerbeutel gepudert ist (diese Phrase wird in einer späteren Folge erläutert), dass er oder sie negativ reagieren wird oder will. Worauf auch immer. Think positive! Das gilt gerade und erst recht in der Disziplin der fortgeschrittenen Phrasendrescherei. Insofern ist diese Phrase nur etwas, das Anfängern herausrutscht, einem ausgebufften Phrasenritter aber niemals über die Lippen kommen sollte. „Wir werden positiv reagieren …“ – das Wörtchen positiv ist in diesem Zusammenhang so ausgelutscht, dass es ausnahmsweise auch noch der dümmste Leser merken würde, dass hier verbal ganz dünne Bretter gebohrt werden. Also: Das Wörtchen „positiv“ am besten gleich für jetzt und immerdar aus dem aktiven Sprachschatz streichen. Wie man es besser macht, sagen wir gleich.
„Seien Sie versichert, die nächsten Zahlen sehen gut aus!“
Ja, genau! Da ist er wieder, dieser herablassende Tonfall, der Topmanager in Bedrängnis vor allem auszeichnet. Die Firma läuft gelinde gesagt besch…, die Belegschaft marodiert mit Voodoo-Puppen vom Vorstand vor den Werkstoren auf und ab und in der Presse werden sie zerfleischt. Kein Problem, ist doch alles Strategie! Bzw.: ein Strukturproblem! Also hurtig ein Gespräch mit einem angesehen Wirtschaftsmagazin oder einer Wirtschaftszeitung eingefädelt und dann solche Sprüche absondern. Erklären Sie, warum Sie das „Portfolio optimieren“ müssen und „Synergien“ nutzen, um „verkrustete Strukturen aufzubrechen“. Und dann der Blick in eine ebenso gloriose wie diffuse Zukunft: „Seien sie versichert, die nächsten Zahlen sehen gut aus!“ Bei einer Phrase von solch prophetischer Dimension muss jedes Widerwort verstummen.
„Story of success“
Und mit ein wenig Glück ist die Fantasie der Börse aufs Neue entfacht und man kann eine lupenreine „Story of success“ präsentieren. Die stets auf Englisch zu bezeichnende Erfolgsgeschichte kann alles Mögliche sein: steigende Gewinnmargen, Zukäufe, Fusionen, Innovations-Offensiven, Premium-Strategien, egal. Alles aber auch wirklich alles lässt sich mit dem Label „Story of success“ etikettieren. Man muss es hinterher nur phraseologisch geschickt erläutern können. Aber das sollte mittlerweile ja nun wirklich kein Problem mehr darstellen …
„Fester Händedruck“
Ausnahmsweise mal eine Phrase, die weniger von den Herren aus den Vorstands-und Geschäftsführeretagen abgesondert wird, sondern eher von den sogenannten lieben Kollegen, vulgo Journalisten. Vorzugsweise von solchen, die mit dem Auftrag, ein saftiges Porträt (bitte mit Atmo!) zu schreiben aus der geheizten Redaktionsstube gejagt wurden. Da hocken die Armen nun also im gesichtlosen Büro des stinklangweiligen Wirtschaftsheinis, den es via Porträt irgendwie menschlich und/oder interessant darzustellen gilt. Dass der Typ öde ist, will man nicht schreiben, weil man a) ein netter Mensch ist und es b) hinterher wahrscheinlich Ärger gibt. Was also ist zu tun? Ganz einfach: Banalste Beobachtungen werden zu atmosphärischen Einsprengseln hochgejazzt. Der Porträtierte „eilt dynamisch“ um den Schreibtisch, am besten mit „federndem Gang“, bzw. „Schritt“ und verabreicht den gefürchteten „festen Händedruck“. Der Porträtierte strahlt so höchste Virilität und Macher-Bereitschaft aus, der Schreiber stellt seine Redaktion und sein Objekt der Berichterstattung gleichermaßen zufrieden. Phrasen verbinden.
Erschienen in Ausgabe 4/2007 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 65 bis 89. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.