„Frauen sollten auch mal ein Wagnis eingehen“

Mercedes Bunz, am 16. November 1971 in Magdeburg geboren, wuchs nach einem Zwischenstopp in Krefeld in Unterfranken auf. Sie studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der FU Berlin und promovierte über die Geschichte des Internet. 1997 gründete sie u.a. zusammen mit Sascha Kösch „DEBUG“, Magazin für elektronische Lebensaspekte, dem sie heute noch als Herausgeberin verbunden ist. Mercedes Bunz lebt in Berlin und war zuletzt Chefredakteurin des Berliner Stadtmagazins „zitty“, das wie der „Tagesspiegel“ zur Holtzbrinck-Gruppe gehört. Seit dem 15. März ist sie Chefredakteurin von „tagesspiegel.de“.

Warum sind Sie Journalistin geworden?

Journalistin zu werden, war nie explizit meine Absicht. Es passierte eher auf dem Weg.

Wie kamen Sie an Ihren ersten Beitrag?

Ich bin gerne ausgegangen, irgendwann erfolgte daraus der logische Schritt, auch über Clubkultur zu schreiben. Wie einige Journalisten meiner Generation bin ich durch die damals noch unabhängige Musikzeitung „Spex“ sozialisiert worden, habe dann aber schnell zusammen mit anderen jungen Journalisten einen eigenen Verlag gegründet – für unsere Themen war in anderen Zeitungen einfach zu wenig Platz: „DEBUG“, Magazin für elektronische Lebensaspekte, wird in diesem Jahr zehn.

Ihre Vorbilder im Journalismus?

Vorbilder haben mich selten angetrieben, eher Themen, die meiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit bekamen, darunter vor allem digitale Technologie und neue Medien, politische und gesellschaftliche Themen sowie immer wieder Kultur, insbesondere Kunst und Musik.

Wie wird sich der Journalistenberuf künftig verändern?

Bei einem Nachrichtenportal wie tagesspiegel.de, hinter dem der Qualitätsjournalismus eines starken Printmediums steht, merkt man gut: Tatsächlich wird das Internet den Journalismus sehr verändern, zugleich sind die grundsätzlichen Anforderungen dieselben. Das heißt: Man braucht auch nach wie vor ein gutes Gespür für Themen, Sorgfalt bei der Recherche und eine gewisse Stilsicherheit für das Medium, mit dem man arbeitet.

Stört Sie das schlechte Image von Journalisten?

Nein.

Wie wichtig ist Klatsch?

Aufmerksam zuhören ist immer wichtig.

Wie und wo lernt man Journalismus am besten?

Ich bin mir bis heute nicht wirklich sicher, ob man Journalismus „lernen“ kann. Ein gewisses „Handwerkszeug“ kann aber keinesfalls schaden, so viel ist klar.

Haben es Frauen im Journalismus schwerer?

Leider werden Frauen gerne auf die weicheren Themen abgeschoben, noch aus alter Gewohnheit – die meisten Chefs sind schließlich Männer. Was aber auch heißt: Frauen sollten sich auch selbst dezidiert mehr vordrängen und lieber mal das Wagnis eingehen, einen Fehler zu machen, als es nicht zu versuchen. Wahrscheinlich gilt aber für beide Geschlechter: Sich zu profilieren ist prinzipiell nicht einfach.

Was sind Ihre persönlichen Stärken und Schwächen?

Stärke: Keine Angst vor der Zuspitzung von Komplexität. Schwäche: Zu große Freude an Komplexität.

Ihre Lieblings-Internetadressen?

Mit einer Internetadresse würde ich nie auskommen.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Truman Capote, „In Cold Blood“.

Ihr liebstes Hobby?

Ich habe keine Hobbys.

Was war ihr bisher größter Erfolg?

Die Lancierung des Begriffs „Urbane Penner“ durch die Titelgeschichte „Meine Armut kotzt mich an!“ im Berliner Stadtmagazin „zitty“ über die junge kreative Elite Berlins. Hat sich auch gut verkauft.

Ihr größter Flop?

Die Titelgeschichte zur digitalen Überwachung im Berliner Stadtmagazin „zitty“. Auch wenn ich zu Thema und Text nach wie vor stehe, die Ausgabe wollten weniger Leute kaufen als sonst.

Welches Medienprojekt in jüngerer Zeit ist für Sie besonders zukunftsträchtig?

Das Internet.

Ihre Lieblingszeitung?

Print: „The Guardian“. Online: „The New York Times“.

Ihre Lieblingssendung?

„The Daily Show“ mit Jon Stewart.

Ohne was kommt ein Journalist nicht aus?

Heutzutage? Ohne seinen Rechner.

Was sollte Ihnen später einmal nachgesagt werden?

k. A.

Erschienen in Ausgabe 4/2007 in der Rubrik „Terminal“ auf Seite 74 bis 74. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.