Sprechernotizen

Nie mehr Brausewasser …

Es ist zu Ende: Nach 15 Jahren im Coca-Cola-Konzern hat Kai Falk Ende März still und leise seinen Schreibtisch geräumt. Falk war bislang Kommunikationschef der deutschen Niederlassung von Coca-Cola in Berlin … und er war ein guter! In dem US-Konzern mit Sitz in Atlanta, der in den letzten Jahren vor allem durch andauernde Management-Querelen, abrupte Strategiewechsel und Pleiten, Pech und Pannen rund um den Erdball auffiel, war Falk in einem der wichtigsten Märkte für Coca-Cola der ruhende Pol und sichere Ansprechpartner. Die Zahl seiner Chefs ist kaum an zwei Händen abzuzählen – Falk hat sie, zu Recht, alle überlebt. Nun organisiert Coca-Cola wieder einmal um. Falks derzeitiger Chef Deryck van Rensburg geht auch. Jetzt soll die Französin Beatrice Giullaume-Grabisch, vor einem Jahr von L’òreal ins Unternehmen gekommen, es richten – mal sehen, wie lange. Falk hat jedenfalls die Nase voll. Wir werden ihn aber sicher bald wiedersehen, hoffentlich!

… nie mehr Magenta

Das war’s dann für Ulrich Lissek. Der nach seinem Ex-Chef Kai Uwe Ricke ebenfalls abservierte frühere Kommunikationschef verlässt die Deutsche Telekom AG endgültig – natürlich „im gegenseitigen Einvernehmen“. Merkwürdigerweise verlautbarte die Telekom weiter, dass der neue Vorstandschef Rene Obermann den Schritt von Lissek außerordentlich bedauere. Ja, was denn nun – gegenseitiges Einvernehmen oder einseitige Kündigung? Die gesamte Presseinfo, die Philipp Schindera, der neue starke Mann der Telekom-Kommunikation und Obermann-Vertraute, am 8. März unters wenig überraschte Medien-Volk schickte, war albernes Blabla. Man will halt nett sein, ist ja auch gut so. Wohin Lissek geht, ist nicht klar. Dr. Who drückt die Daumen – und wünscht ihm vor allem eine Aufgabe, die auf ihn zugeschnitten ist. Das wäre dann mal etwas Neues für Lissek, der – wie jetzt auch Schindera – seinerzeit nach einem Putsch auf seinen Stuhl kam: Lisseks Vorgänger hieß Jürgen Kindervater – und dessen Chef Ron Sommer. Und der wurde, wie Ricke auch, weggeputscht und in der Folge Kindervater. Geschichte wiederholt sich eben doch!

… noch ein prominenter Abgang

Dr. Who prophezeite es schon Anfang Januar: 2007 wird sich das Personalkarussell in der Kommunikationsbranche munter weiterdrehen – mit einigen Drehverlusten. Nun hat es auch Simon Pincombe erwischt. Nie gehört? Macht nichts. Die wenigsten können mit dem Namen etwas anfangen. Bis auf die Insider in der Finanzindustrie. Simon war Joseph „Joe“ Ackermanns oberster Lautsprecher – mehr noch, er war auch sein Vertrauter, seit er Joe, wie ihn alle nennen, die ihn kennen (oder auch nicht), bei der Deutschen Bank an die Macht als Vorstandssprecher verhalf. Simon, seit 1997 im Unternehmen, ist aber in der Deutschen Bank nie so richtig angekommen. Er residierte in London, radebrechte einmal im Jahr auf der Bilanz-Pressekonferenz seines Hauses in Frankfurt und wusste nie so ganz genau, wie die Medien außerhalb von UK funktionieren. 2002 wurde er Joe’s oberster Draufschläger – und begleitete ihn von PR-Desaster zu PR-Desaster. Nun geht er – ohne neue Aufgabe. Ein Nachfolger steht noch nicht fest und es gilt als höchst ungewiss, dass einer der derzeitigen Kommunikatoren der Deutschen Bank es werden wird. Viel Einfluss auf die Nachfolge dürfte Jörg Neef haben. Der mit vielen Schweizer Wassern gewaschene Berater von Hirzel.Neef.Schmid.-Konsulenten, einer PR-Beratung in Zürich, genießt als Schweizer und ehemaliger Credit Suisse First Boston-Kommunikationschef das Vertrauen von Auch-Schweizer Ackermann. Schon bei der jüngst erschienenen huldvollen Biografie über Ackermann (Autor: auch ein Schweizer) führte Neef elegant im Hintergrund die Regie. Und passt derzeit darauf auf, dass Joe in Deutschland jetzt wieder mehr geliebt wird als früher. Das macht er auch gar nicht schlecht, meint Dr. Who.

Geliebte Heuschrecken

Soll niemand sagen, die von Franz Müntefering auf immer als Heuschrecken gebrandmarkten Private Equity-Unternehmen würden keine Jobs schaffen und seien Jobkiller. In der PR-Branche sind sie das genaue Gegenteil – und für einige Spezialisten sind sie gar echte „Honigbienen“ und eben keine Heuschrecken. Als da wären: Hering Schuppener, die unter anderem den schwierigen Fall KKR beraten, und – Konflikt hin oder her – eine Reihe anderer, CNC arbeiten für Texas Pacific Group und Kingsbridge und … und …, Citigate arbeitet für Lone Star, Ergo PR für Permira – und so weiter, und so weiter. Das Ganze scheint eine echte Bonanza zu sein. Fest steht: Die PE’s, wie sie liebevoll in der Branche genannt werden, haben erkannt, dass sie etwas tun müssen. Und deshalb müssen jetzt die Profis ran – Heuschrecke oder nicht Heuschrecke. Es gilt der alte Grundsatz: Pecunia non olet …

Ein elegantes Bubenstück

Kompliment an PR-Chef Dietrich Hartmann von Toyota: Kurz vor der Stabübergabe an seinen Nachfolger Jürgen Stolze am 1. April ist dem langjährigen obersten Kommunikator von Toyota in Deutschland noch ein elegantes Bubenstück gelungen,. Hartmann nutzte flugs die Zögerlichkeit der deutschen Hersteller, sprang it Grandezza auf das Trittbrett des Zugs namens CO2 und verpasste dem japanischen Autohersteller höchst erfolgreich ein grünes Image, nicht zuletzt mittels dankbarer Medien, die „Mainstream-Lobeshymnen“ auf die angeblich fortschrittliche, umweltfreundliche japanische Autoindustrie anstimmten. Zwar haben die deutschen Hersteller durchaus Positives vorzuweisen, aber Konkurrenten-Neid und persönliche Missgunst untereinander – VW gegen Daimler, Daimler gegen BMW, VW gegen Opel, Porsche gegen Audi, jeder gegen jeden – verhinderten eine gemeinsame Linie – wie weiland schon bei der Katalysatorendebatte. Toyota, international kein Freund von Traurigkeit, was große Motoren und hohe Abgaswerte angeht, erkannte die Gunst der Stunde, startete in Deutschland eine ziemlich große Marketing-Kampagne zum Thema CO2 (mit vielen schönen teuren Anzeigen) und verjubelte gar über hundert Toyota Prius mit Hybridantrieb per „Bild“-Zeitung, garniert mit deutlicher Kritik von Deutschlands Volkszeitung an den deutschen Herstellern.Die ärgerten sich, suchten – allen voran die Chefs von Porsche und VW – erst mal keine Lösung, sondern einen Sündenbock, und prügelten auf VDA-Verbandschef (und u. a. ehemaligen PR-Chef von Mercedes) Bernd Gottschalk ein, der aber prompt die Brocken hinwarf, als „Spiegel online“ aus „Vorstandskreisen“ anonym zitierte, man suche schon einen Nachfolger für den obersten deutschen Auto-Lobbyisten. Woraufhin alle Beteiligten – auch die „nicht genannten Kreise“ – plötzlich sehr, sehr kleinlaut wurden und keiner mehr es gewesen sein wollte. Der nächste Akt in diesem Stück ist vorprogrammiert. Mal sehen, ob Toyota jetzt mit Jürgen Stolze noch einmal so einen Treffer landen kann.

Montags-PR ist gefährlich

Reuters jagte eine „Eilmeldung“ über die Ticker. Insider wissen: Dann wird es immer ernst. Diesmal nicht. Diesmal wurde es nur heiter – und peinlich für einige Kollegen. Reuters hatte eine Eilmeldung über den Neun-Monats-Bericht des Maschinenbauers Gildemeister verschickt. Und textete kurz darauf an die Redaktionen: „Bitte ignorieren Sie die Eilmeldung zu Gildemeister (GILG.DE). Das Unternehmen teilte am Montag mit, es habe den bereits bekannten Neun-Monats-Bericht am Morgen irrtümlicherweise erneut versandt.“ Montage sind eben doch gefährlich in der Industrie, und nicht nur in der Produktion!

Welcome, Herr Lawrence

Still und leise, wie es halt die Art der Münchener Rück ist, hat sich an der Spitze der Unternehmenskommunikation des weltweit größten Rückversicherers ein Wechsel vollzogen. Christian Lawrence heißt der neue Chef – und löst Rainer Küppers in dieser Funktion ab. Küppers ist ein MüRü-Urgestein, seit dreißig Jahren dabei. Lawrence kommt von der Allianz Global Investors und ist ein ähnlich leiser und angenehmer Mensch wie sein Vorgänger. Küppers geht in die Altersteilzeit und wird noch ein wenig
beraten. Lawrence hat bereits das Ruder übernommen. Dr. Who wünscht beiden alles Gute!

Geschlossene Auster

Er sang nur einen Sommer: Thomas Oberle (51) sollte beim extrem verschwiegenen Discounter Lidl für mehr Transparenz sorgen – so hieß es jedenfalls. Es hätte wohl auch schon gereicht, wenn er einfach nur diese böse Schlagzeile über Lidl verhindert hätte. „Er hat sich stets sehr bemüht …“, wie es in Zeugnissen gern heißt. Hat er auch. Hat aber nicht gereicht. Zwar hatte das „Manager Magazin“ Lidl letztes Jahr attestiert, angeblich Wettbewerber Aldi überholt zu haben und ein Vorbild der Branche geworden zu sein. Doch im Februar-Heft 2007 war dort wieder von „Brutalo Management“ und ähnlichen Freundlichkeiten die Rede. Oberle wurde nach draußen expediert – angeblich auf eigenen Wunsch. Und eine „langjährige Mitarbeiterin des Unternehmens“ namens Gertrud Bott macht jetzt seinen Job. Die Auster schließt sich wieder …

Dr. Who ist das Pseudonym einer bekannten Führungskraft der PR-Branche. eMail: autor@mediummagazin.de

Erschienen in Ausgabe 4/2007 in der Rubrik „Unter „3““ auf Seite 46 bis 83. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.