Verjüngungskur II: WDR

Mit einem neuen Politmagazin ohne Moderator, ohne Experten und ohne Politiker will der WDR vor allem junge Fernsehzuschauer erreichen. Das 30-Minuten-Fomat trägt den Arbeitstitel „Studio P“ und soll ab 11. Juni, jeweils montags um 22 Uhr im WDR Fernsehen laufen. Vorerst sind acht Folgen geplant. In jeweils drei bis vier Reportagen sollen junge Protagonisten zu Wort kommen, die schildern, was sie bewegt. Dabei gehe es darum, Auswirkungen politischer Entscheidungen im Alltag zu spiegeln. „Wir werden viel Subjektivität und Personalisierung zulassen“, betont Jörg Schönenborn, Chefredakteur WDR Fernsehen. Wenn beispielsweise ein alleinerziehende Studentin schildere, wie ihr Alltag mit Studium und Kind aussehe und was sie von der Familienpolitik in Deutschland halte, „dann verzichten wir darauf, dass hinterher noch vier Politiker zu Wort zu kommen, die begründen, warum alles ganz anders ist.“

Bei der Konzeption des neuen Formats stützte sich der Sender auf die wissenschaftliche Untersuchung einer WDR-Mitarbeiterin zur Frage, was junge Leute von einem Politikmagazin erwarten. Das Redaktionsteam aus festen und freien Mitarbeitern unter der Leitung von Martin Hövel, Leiter des ARD-„Morgenmagazin“, und Mathias Werth, stellvertretender Leiter von „Monitor“, ist laut Schönenborn „gemischt zusammengestellt“ und überwiegend ebenfalls jung – ein Teil der Mitarbeiter stammt frisch aus dem letzten Volontärsjahrgang. Dass die Ich-Perspektive bei jungen Leuten gut ankommt, zeigt sich laut Schönenborn beim WDR-TV-Magazin „Menschen hautnah“, das ein vergleichsweise junges Publikum habe.

Für die eingeführten Politmagazine der ARD gilt das keineswegs – ihr Altersdurchschnitt liegt bei rund 60 Jahren. Zudem leiden die journalistischen Traditionsmarken seit der letzten ARD-Programmreform Anfang 2006, bei der die „Tagesthemen“ auf 22.15 Uhr vorgezogen wurden, unter anhaltendem Quotenschwund. Seitdem sind die Politmagazine nur noch 30 statt 45 Minuten lang und sie werden erst um 21.45 Uhr statt um 21 Uhr gesendet. Der größte Verlierer „Report Mainz“ (SWR) hatte in 2006 gegenüber dem Vorjahr 560.000 Zuschauer weniger, „Fakt“ (MDR) minus 470.000, „Report München“ minus 150.000 und „Monitor“ (WDR) minus 100.000 Zuschauer. Dagegen konnten „Kontraste“ (RBB, plus 40.000) und „Panorama“ (NDR, plus 20.000) leicht zulegen. Letzteres war mit 3,24 Millionen Zuschauern im vergangenen Jahr das beliebteste ARD-Politmagazin. Ulrike Langer

Erschienen in Ausgabe 4/2007 in der Rubrik „Kurz & Bündig“ auf Seite 8 bis 8. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.