„Kommunikation, pro-aktive“
Eine Hammer-Phrase ließ vor kurzem der ZDF-Intendant Markus Schächter vom Stapel. Im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ bekannte Schächter über sein Verhältnis zu den ARD-Intendanten: „Wir sind in einer pro-aktiven Kommunikation vernetzt.“ Noch Mal ganz langsam, zum Genießen: „pro-aktiv“, „Kommunikation“, „vernetzt“. Schächter hätte auch sagen können: „Wenn mir gerade mal der Sinn danach steht, greife ich zum Telefon und rufe bei der Piel vom WDR an. Und erst gestern habe ich mit Fritz Raff ein Bier getrunken.“ Aber nix da. Lieber eine ordentlich gedrechselte Manager-Phrase vom Feinsten vom Stapel lassen. Denn wer pro-aktiv vernetzt ist, hat mehr vom (Berufs-)Leben. Pro-aktiv, das bedeutet: Handeln statt Bleistifte anspitzen und alles auf sich zukommen lassen. Kommunikation, das heißt: Kein Geplaudere mal so nebenbei, sondern Tacheles reden, mit greifbaren Ergebnissen. Und vernetzt, das kann nur bedeuten: Ein Adressbuch so dick wie das Telefonbuch von L.A., statt ein paar auf einen Bierdeckel hingekritzelte Handynummern.
„Gespräche, ergebnisoffene“
Unvoreingenommenheit und Fairness gehören zu den Kardinaltugenden eines Managers. Darum gehört es zum großen Einmaleins des Chef-Seins, „ergebnisoffene Gespräche“ zu führen. Ergebnisoffen, das bedeutet: Alle Seiten haben eine Chance, ihre Sicht der Dinge vorzutragen. Keine Seite wird bevorteilt. Die Entscheidung wird allein auf Grund der vorliegenden Fakten und Argumente gefällt. Ergebnisoffen eben. Der Boss hört zu und spricht sein Urteil, ganz unparteiischer, aber entscheidungsfreudiger Macher. So weit, so Unsinn. Ergebnisoffene Gespräche könnte es nur dort geben, wo es keine Machtgefüge gibt, wo sich nicht bereits Mehrheiten für eine Position abgezeichnet haben. Ergebnisoffene Gespräche können im Grunde nur die führen, die nicht wissen, wohin die Reise gehen soll. Mit anderen Worten: Zögerer und Zauderer. Kluge Chefs sprechen daher gerne von „ergebnisoffenen“ Debatten, um ihre Mitarbeiter bei Laune zu halten. In Wahrheit wissen sie schon längst, was am Ende beschlossen wird.
„In the long run“
Man sieht es fast vor sich: Der Master of the Universe schaut mit kühnem Blick in die Ferne, das Schicksal seines Unternehmens vor Augen, und formuliert mit klarem Kopf die These, dass „in the long run“ der Abverkauf steigt, der Markt für Gummienten volatiler wird, das Rationalisierungspotenzial sinkt usw. usf. „In the long run“ – das signalisiert Weltläufig- und Kaltschnäuzigkeit. Nur sollte man auch wissen, wie die Redewendung vollständig lautet. „In the long run, we are all dead“, sagte einst der Ökonom John Maynard Keynes. Endlich mal eine These der Volkswirtschaft, die zu 100 Prozent eintrifft.
„Luft, draußen“
Liebe Sprachverdreher und Phrasenblaser, wir wollen Ihnen auch mal zeigen, wie es anders geht. Nämlich geradeheraus, Klartext ohne jede Beschönigung. So ließ Marco Castellaneta, Konzernsprecher des Ringier-Verlags, vor Kurzem über den „Blick“-Chefredakteur verlauten: „Bei Werner de Schepper ist im Moment die Luft draußen und nach seinen eigenen Angaben der Zeitpunkt für einen Wechsel gekommen“. Wo hat man denn so was schon mal gehört oder gelesen? Luft draußen? Klingt hart, hat tatsächlich aber eine Menge Charme. Noch immer gilt es als unschick, wenn man sich als harter Medien-Macher mal unpässlich fühlt oder ein wenig ausgelaugt. Darf man einfach nicht zugeben, sonst heißt es: Ab zu den Verlierern! Offensichtlich nicht so in der Schweiz. Denn: De Schepper darf weiter für den „Blick“ arbeiten. Wenn er wieder ein wenig Luft getankt hat.
Erschienen in Ausgabe 5/2007 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 73 bis 89. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.