Die geschätzten Kollegen
Gerhard Kromschröder, Ach, der Journalismus. Glanz und Elend eines Berufsstandes, Picus Verlag, Wien 2006, 152 S., 14,90 Euro
Als investigativer Journalist hat sich Gerhard Kromschröder beim „stern“ mit seinen Rollenreportagen, zum Beispiel aus dem Neonazi-Milieu, einen Namen gemacht (zudem war er Nahost-Korrespondent des „stern“ in Kairo und Bagdad). Kromschröders „Vier Vorlesungen zur Poetik des Journalismus“, die er im Rahmen der Theodor-Herzl-Dozentur im Mai 2005 in Wien hielt, plaudern aus dem randvoll gefüllten Nähkästchen eines langen Journalistenlebens. Dabei wird die eigene Zunft nicht geschont, wie die Formulierung vom „Bedeutungsrausch im Magazinjournalismus“ belegt. Wo man abheben könne? Bei der „Ems-Zeitung“ in Papenburg halte sich die Gefahr in Grenzen – anders sehe es beim „stern“ aus (sehr nobel, wäre es doch unschicklich, der Konkurrenz an den Karren zu fahren). Nüchtern betrachtet, seien Journalisten oft genug nur „Hofschranzen und Hofberichterstatter“. Scharfzüngig urteilt Kromschröder auch über das Phänomen der „embedded journalists“: „Wie man sich bettet, so lügt man.“ Das letzte Drittel des Buches nehmen vier Reportagen ein, für die der Autor in die unterschiedlichsten Rollen schlüpfte, vom Hooligan bis zum Türken. Zwar sind die Beobachtungen über 20 Jahre alt, doch in ihrer erschreckenden Dumpfheit zeitlos.
Das Prinzip Hoffnung
Roderich Reifenrath, Die Blattmacher, aktualisierte und erweiterte Neufassung, Parthas Verlag, Berlin 2006, 253 S., 19,80 Euro
Ob Roderich Reifenrath, von 1992 bis 2000 Chefredakteur der „Frankfurter Rundschau“, seine Zeitung noch erkennen wird, wenn diese demnächst im Tabloid-Format reinkarniert? In „Die Blattmacher“, 2003 erstmals erschienen, betrachtet er den Zeitungsjournalismus mit dem Blick des Elder Statesman und wendet sich vor allem an Berufsanfänger und interessierte Laien. Die aktualisierte Neufassung des Buches hat Reifenrath stark erweitert bei den Themen „Nähe und Distanz“ und Pressefreiheit. Viel geschah ja in den vergangenen drei Jahren, vom Fall „Cicero“ über das Reizklima zwischen Journalisten und Politikern nach der Bundestagswahl 2005 bis zur globalen Erwärmung infolge der Mohammed-Karikaturen. Das Buch des erfahrenen Praktikers endet mit einer Vielzahl von Ratschlägen, die belegen, dass einige Selbstverständlichkeiten heute nicht mehr ohne Weiteres vorausgesetzt werden können: Das Lesen anderer Zeitungen als der eigenen etwa oder Verschwiegenheit hinsichtlich Verlags-Interna. Aus dem Glossar im Anhang spricht ein gewisser Pessimismus, erklärt es doch Begriffe wie Dritte Welt und Rotes Kreuz.
Bulle und Bär
Lutz Frühbrodt, Wirtschafts-Journalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis, Econ Verlag, Berlin 2007, 259 S., 23 Euro
Als „klassisches Einsteiger-Buch“ möchte Lutz Frühbrodt „Wirtschafts-Journalismus“ verstanden wissen. Der Autor schreibt als Wirtschaftsreporter und Kolumnist für „Die Welt“ und „Welt am Sonntag“. Ein wichtiges Anliegen ist ihm, zu zeigen, wie Journalisten – unabhängig, ob Anfänger oder alter Hase – ihre Unabhängigkeit wahren können angesichts des stetig wachsenden Einflusses der PR-Abteilungen der Unternehmen und Verbände. Der Leser erhält einen guten Überblick, von den einzelnen Berufs- und Medienfeldern über konkrete Arbeitsgegenstände wie den Messebericht oder das Managerporträt bis zu Recherchemitteln und den rechtlichen und ethischen Normen des Wirtschaftsjournalismus. Dieser streife sein trockenes und elitäres Image immer mehr ab – Wirtschaftsjournalisten gelen sich nicht notwendigerweise die Haare. Ihre Zielgruppe ist schließlich keine Minderheit, sondern die gesamte Gesellschaft – sei es als Arbeitnehmer, Verbraucher oder Aktionär.
Erschienen in Ausgabe 5/2007 in der Rubrik „Tipps für Journalisten“ auf Seite 76 bis 91. © Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt. Für Fragen zur Nutzung der Inhalte wenden Sie sich bitte direkt an die Redaktion.